Die Bayous von Louisiana gehören zu den bemerkenswertesten Landschaften der USA. Im Mündungsdelta des Mississippi spiegeln sich mit Spanischem Moos behangene Sumpfzypressen in einem träge fließenden Gewässer. Eine fotogene Kulisse für Ausflüge und ein fruchtbarer Nährboden für Schauermärchen.
Matthew McConaughey bewegt sich mit hoher Geschwindigkeit über eine Straße, die durch die Bayous von Louisiana führt. Eine Kamera folgt ihm dabei in der Luft. Dazu erklingt der unverwechselbare Song »Far from any Road« von der Handsome Family. So haben wir in der ersten Staffel der Crime-Serie True Detective das magische Mündungsdelta des Mississippi kennengelernt.
Auf Stelzen durch die Bayous von Louisiana
Vor Ort bestätigt sich dieser Eindruck, denn überall scheint sich hier im Süden Louisianas Wasser auszubreiten. Zwischen Lafayette und dem »Ole Man River« ist es nur sporadisch von Verkehrswegen durchzogen. Darunter die Interstate 10, die hier über Meilen hinweg auf Betonstelzen ruht.
Ansonsten prägen mächtige Sumpfzypressen das Atchafayala Basin, die den unwirtlichen Lebensbedingungen mit unterschiedlichem Erfolg zu trotzen. Viele ragen unbeirrbar meterhoch in den Himmel. Von anderen sind nur Stümpfe übrig, die unaufhaltsam verwittern.
Wo das Land im Fluss davonzutreiben scheint
Wer länger in dieser Gegend unterwegs ist, kann sich der Illusion hingeben, das Land würde bedächtig im Fluss davontreiben. Auch die kleine Siedlung namens Henderson scheint auf den ersten Blick nicht unbedingt für die Ewigkeit gebaut.
Die meisten Häuser sind flach und sehen dabei nicht sonderlich massiv aus. Ganz so, als hätten ihre Bewohner mehr Respekt vor drohenden Hurrikanen als vor Überschwemmungen.
Bootstour durch die Bayous von Louisiana
Etwas außerhalb der Ortschaft befindet sich der Anleger eines kleinen Unternehmens, das den Namen Atchafalaya Basin Airboat Swamp Tours trägt. Von hier aus brechen erfahrene Haudegen Tag für Tag in die Sumpflandschaft auf, die durch die unablässige Wasserzufuhr des Mississippi und seiner Nebenflüsse entstanden ist.
Für den Ausflug stehen sogenannte Airboats bereit, wie sie auch in den Everglades in Florida unterwegs sind. Die propellerbetriebenen Boote sind laut. Allerdings haben sie den Vorteil, dass sie keine Schrauben haben, die im Wasser lebende Tiere verletzen könnten.
Kapitän Craig war schon als Junge in den Bayous unterwegs
Kapitän Craig ist in dieser Umgebung groß geworden. Schon als kleiner Junge war er in der mythischen Landschaft unterwegs. Bevor er aufs Airboat umgestiegen ist, hat er in kleinen Booten die Wälder aus Sumpfzypressen erkundet, was eine gewisse Furchtlosigkeit erklärt.
Auch an den schwimmenden Hütten ist Craig vorbeigekommen, die zu einem guten Teil den Fischern für ihre dienen. Andere indes sind dauerhaft bewohnt, ans Stromnetz angebunden und trotzig mit der Flagge der Südstaaten ausstaffiert.
Das magische Mündungsdelta des Mississippi
Die Alligatoren behauptet Craig alle persönlich zu kennen. Während der Tour durch die Bayous von Louisiana geht er mit den archaischen Lebewesen um, wie andere mit Hunden.
Zur Belustigung der Passagiere wirft er einem ausgewachsenen Exemplar ein Stück Hühnchenfleisch zu. Soll man nicht machen, das weiß er. Aber es ist einfach zu imposant, wenn das Reptil blitzschnell zuschnappt.
Nächtliche Jagd auf Frösche
Einmal im Erzählmodus, berichtet Craig, was Jungs sonst noch so machen, wenn sie in den Bayous von Louisiana aufwachsen. »Ein Hobby ist die Jagd nach Fröschen.« In kleinen Gruppen rücken Männer (und neuerdings auch Frauen) in gut motorisierten Booten aus, um Bullfrogs zu fangen.
Bei Dunkelheit machen sie Jagd auf ausgewachsene Tiere, die mitsamt ihrer Schenkel eine kapitale Größe erreichen können. Manche wiegen bis zu 800 Gramm. Am nächsten Tag landen die Froschschenkel im Kochtopf. Das Ganze, so Craig, sei keine mutwillige Tierquälerei, sondern eine althergebrachte Form der Jagd, die man von den Vorfahren übernommen habe.
Das magische Mündungsdelta des Mississippi: der Unendlichkeit nah
Trotz dieser rustikalen Geschichten entpuppt sich die Bootstour durch die Bayous von Louisiana als wild romantisch. Als der Himmel kurzzeitig aufreißt und Craig die Geschwindigkeit erhöht, kommt dieses typisch amerikanische Gefühl der Freiheit auf. Allein das Atchafalaya Basin, das nach einem eigenständigen Seitenarm des Mississippi benannt ist, misst 240 mal 32 Kilometer. Auf jeden Fall genug, um sich an Bord des Bootes der Unendlichkeit nah zu wähnen.
Als wir das Tempo wieder drosseln, sehen wir ein paar knorrige Fischer, die Kautabak zu konsumieren scheinen. Ansonsten lassen sich nur Raben, Reiher und Alligatoren blicken. Von den linkischen Gestaltet, die in True Detective zu sehen waren, keine Spur.
Informationen zu den Bayous von Louisiana
Henderson befindet sich gut 200 Kilometer oder zwei Autostunden westnordwestlich von New Orleans, bis nach Lafayette sind es nur rund 30 Kilometer.
Die Fahrt über die Interstate 10 ist ein Erlebnis, weil die Straße schnurgrade auf Betonstelzen durch die Bayous führt.
Atchafalaya Basin Airboat Swamp Tours 1377 Henderson Levee Road, Breaux Bridge, LA 70517. Bootstouren ab 39 Dollar pro Person.
Ausflug in die Umgebung
Wer in Henderson ist, sollte einen Blick auf den nahen Ort Breaux Bridge werden. Das französisch geprägte Städtchen (7500 Einwohner) ist bekannt für seinen Esskultur. Es bezeichnet sich selbst als »Crawfish Capital of the World«. In den Restaurants kommen denn auch Flusskrebsschwänze auf den Tisch, allerdings gibt es andere Spezialitäten der Region wie Etouffé.
Text und Bilder: Ralf Johnen, Juli 2022. Der Autor war zuletzt für die Recherche für sein Buch für den ADAC in Henderson. Der Trip wurde teilweise vom Louisiana Office of Tourism unterstützt.
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