Es gab eine Zeit, die noch nicht so lange her ist, als ich alle paar Monate in Barcelona war. Ich bin mir nicht sicher, wann und warum diese Lebensphase zu Ende gegangen ist. Aber ich weiß: Es gibt ein paar Dinge, die ich an Barcelona vermisse.
Da wäre zum Beispiel die Wohnung im Barri Gòtic, die wir uns für ein paar Tage gemietet haben – in die wir jedoch bei unserer Ankunft kaum hineingekommen sind, weil Woody Allen meinte, dort gerade „Vicky Cristina Barcelona“ drehen zu müssen.
Nie war ich Scarlett Johannson und Penelope Cruz näher, als an diesem Sommerwochenende im Jahr 2007. Doch das bisschen Glamour, das war keineswegs alles.
In meinen wiederkehrenden Träumen (die ich mit meinem imaginären Therapeuten aufarbeite) taucht regelmäßig die Casa Milà auf. Jack Nicholson hat das Dach von „La Pedrera“ (wie der Volksmund sagt) in Antonionis „Profession Reporter“ erkundet.
Nur ein paar Schritte entfernt, ebenfalls am Passeig de Gràcia, steht mit der Casa Batiló ein noch unwirklicheres Phantasiegebäude.
Und wenn ich schon mal bei seltsam entrückten Konstrukten bin, muss ich natürlich auch einen Gedanken an den Parc Güell verschwenden.
Doch Barcelona inspiriert nicht nur zu andächtiger Kontemplation über irre Baumeister. Auch Essen und Trinken wecken meine Begierde.
Die Speisen sollten vorzugsweise in kleinen Portionen kommen und herzhaft sein.
Allerdings gibt es kaum etwas, wofür ich so weit laufen würde, wie für eine ganz bestimmte Spezialität aus südlichen Ländern, die ich in unseren feindseligen Gefilden noch nie entdeckt habe.
Gerne erinnere ich mich allerdings auch an die Montaditos, wie sie am äußersten Ende der Ramblas in der Cerveceria Ciudad Condal serviert werden. Nicht selten wurden wir von einheimischen Gästen respektvoll beäugt – weil wir gleich mehrere Teller mit den Kreationen vertilgt haben.
Aber natürlich gibt es noch mehr Dinge, die ich an Barcelona vermisse. Da war zum Beispiel diese Spelunke im Gotíc, die ein Kanadier geführt hat.
Einmal, als ich zunächst zum wiederholten Male vergeblich nach der Kaschemme suchen musste, hatte der Kanadier ein blaues Auge. Gerne würde ich mal nachsehen, wie es ihm heute so geht. Überhaupt darf ich mein Faible für gute Drinks nicht verschweigen.
Eine der S-Bahnlinien führt direkt aus dem Stadtzentrum nach Sant Sadurní d’Anoia. In dem Weinort sind etliche Cava-Produzenten beheimatet – inklusive Probierstuben.
Eine meiner favorisierten Erinnerungen an Barcelona aber ist der Moment, als ich Wayne Coyne von den Flaming Lips auf den Ramblas getroffen habe. Wayne trug seinen beigefarbenen Anzug, der zu seinem Markenzeichen geworden ist, und er pfiff einen meiner Lieblingssongs: „The Golden Path“.
Wayne war streng genommen auch der Grund, warum ich einmal den Weg nach Barcelona angetreten habe. In der Stadt schließlich steigen ständig ausgelassene Festivals, bei denen nicht selten meine Lieblings-Bands auftreten.
Anders als bei mir daheim in Köln, werden die Festivals in Barcelona auch von zwergwüchsigen walisischen Lehrern besucht, die kurz vor ihrer Pensionierung noch einmal The Jesus & Mary Chain sehen wollen.
Doch in der Menge befinden sich auch großzügige Däninnen, die uns von den Schultern ihrer Freunde ein kostenloses Blättchen LSD anbieten – ein Angebot, das wir ausschlagen.
Auch ohne Drogen aber war der Fußweg vom Festival-Gelände quälend lang. Aber dafür gehört die Ankunft zu den schönsten Barcelona-Momenten überhaupt: Die Nacht wurde langsam zum Tag – und es war still im Barri Gòtic. Nicht sehr lange, aber es genügte zum Einschlafen.
Dann beginnt der nächste Tag. Mit einem kräftigen Espresso und einer nicht minder starken Sonne.
Beim ersten Bierchen am Strand von La Barceloneta steigt die Freude auf den nächsten Festival-Tag.
So könnte ich wohl noch ein paar Meter weiterschreiben. Denn das Razzmatazz habe ich noch gar nicht erwähnt. Hier habe ich einst den großen Rufus Wainwright in seinem Element gesehen – inklusive Kreuzigungsszene.
Aber ich denke, dass ich besser nochmal hinfahre. Vielleicht entdecke ich dann noch mehr Dinge, die ich an Barcelona vermisse.
Informationen:
Weitere Infos über Stadt auf der Seite des Spanischen Tourismusbüros
Anreise zum Beispiel mit Germanwings
Ralf Johnen, August 2014. Text und Bilder: Ralf Johnen. Der Autor war privat in Barcelona. Mehrmals.
2 Comments
[…] eine Geschichte über Barcelona und Verlustängste: Ein paar Dinge, die ich an Barcelona vermisse. Eine Schwärmerei über das Primavera Sound folgt […]
Ich war auch schon mal in Barcelona, aber Gaudis Bauten habe ich leider noch nicht bei Nacht gesehen. Sieht sehr schön aus! Die Pimientos de Padron esse ich auch sehr gerne, aber viele kann man nicht davon essen (sehr salzig).
Gruß