Das Zeitalter des klassischen Motels an der Route 66 ist fast vorbei. Nur wenige Ausnahmen wie das Munger Moss Motel in Lebanon erhalten den Glanz aufrecht.
»The Motel of lost companions waits with heated pool and bar.« Diese Zeile aus Neil Youngs klassischem Song »Thrasher« bringt ziemlich genau auf den Punkt, welch wichtige Rolle Motels beim Road Trip immer gespielt haben. Es sind Orte der Ruhe und des Verschnaufens, doch sie stehen auch für die Vergänglichkeit des Augenblicks und für eine permanente Aufbruchsstimmung.
Motels an der Route 66: Der Luxus vergangener Tage
Tatsächlich ist kaum etwas so untrennbar mit einem Trip über die Route 66 verbunden, wie der Anblick der Neonschilder von Motels. Motive wie ein Saguaro-Kaktus, ein rauchender Cowboy, eine stilisierte Sonne oder auch die Silhouette eines Straßenkreuzers machen in Signalfarben auf eine Übernachtungsstätte aufmerksam.
Dabei ist es oftmals riesigen Pfeilen vorbehalten auf Besonderheiten zu weisen, die wir lange Zeit als Luxus wahrgenommen haben. Kostenloses Kabelfernsehen oder eben ein Swimmingpool mit erwärmtem Wasser waren nicht immer selbstverständlich.
Die Motels an der Route 66 sind familiengeführte Domizile
Wertvolle Informationen waren das natürlich nur, wenn in unmittelbarer Nähe eine zusätzliche Reklame mit dem Wortlaut »Vacancy« eingeschaltet war. Mittlerweile aber wird der wohlige Anblick der Designikonen auch entlang der Route 66 immer seltener. Die meist familiengeführten Domizile haben kaum noch eine Chance gegen die uniformen Pappschachteln, die große Konzerne überall an den Ausfahrten der Interstates aus dem Boden gestampft haben.
Hotels mit großen Boxspringbetten, Klimaanlage, Fernsehern mit einem Durchmesser von anderthalb Metern und dem unvermeidlichen Frühstück mit Ei und Bacon. Große Ketten, die deren Einrichtung fast überall identisch ist, weil große Stückzahlen die Kosten beim Einkauf senken.
In den Kettenhotels bleibt keine Nacht in Erinnerung
Kurzum: Die Holiday Inns, Motel 6 oder Fairview Inns sind Übernachtungsbetriebe mit hohem Standardisierungsgrad und ohne Risiko. Gleichzeitig aber fehlt ihnen auch jeder individuelle Charakter. Kaum eine Nacht bleibt noch in Erinnerung. Auch wenn der Druck groß ist, so haben doch keineswegs alle Motels der ersten oder zweiten Stunde aufgegeben. Im Westen von Missouri nimmt die Dichte der Überlebenskünstler langsam zu.
Das Munger Moss Motel wurde 1946 eröffnet
Eine erste Ikone aus der guten alten Zeit wartet auf der Kuppe eines kleinen Hügels in einem weiteren Ort, dessen Name vielen reaktionären Amerikanern unserer Zeit wenig gefallen dürfte: Lebanon. Das Munger Moss Motel wurde 1946 eröffnet, nachdem zuvor ein gleichnamiger Sandwich-Shop die Reisenden mit Verpflegung versorgt hatte. 1971 übernahmen Ramona Lehmann und ihr verstorbener Ehemann Bob das Anwesen, das so viele Erkennungsmerkmale des typischen Motels zeigt: Ein einziger langer Trakt von identisch großen Zimmern, die so klein wirken neben den vor den Türen geparkten SUVs unserer Zeit.
Der Eingang zur Lobby wird von einem charakteristischen Vordach überspannt. Direkt daneben: Das Neonschild, das schon seinen Geist aufgegeben hatte, das aber 2010 für stolze 11.300 Dollar zu neuem Leben erweckt wurde. Auch das Insert »Free TV« leuchtet seitdem wieder. Das mittlerweile installierte Wlan wird unterdessen nicht erwähnt.
Die Nähe zum Interstate hilft
Das Munger Moss Motel konnte sich bis in die Gegenwart retten, weil es immerhin so nahe an der Interstate-Ausfahrt, dass es auch in schwierigen Zeiten überleben konnte.
Auch kommen hier immer noch genügend nostalgisch motivierte Route-66-Touristen vorbei, denen ein Plausch wichtiger ist, als die Bonuspunkte ihrer favorisierten Hotelkette. Nicht zuletzt haben sich die Betreiber trotz aller Widrigkeiten nicht demoralisieren lassen. Doch es kann auch anders gehen. Das zeigt ein Blick schräg gegenüber auf die andere Straßenseite, wo das Forest Manor Motel resigniert hat. Die Buchstaben »No Vacancy« sind noch zu sehen. Doch leuchten werden sie nie mehr.
Nostaglie und Romantik von Road Trip America kommen gegen Effizienz und Komfort der Moderne nicht an. Das gilt auch für die Route 66.
Informationen zum Munger Moss Motel und Lebanon
Munger Moss Motel Die Motel-Ikone der Route 66, die sich bis in die Gegenwart würdevoll halten konnt. Reservierung per E-Mail oder Telefon. 1336 East Route 66, Lebanon, MO 65536, Tel. (417) 532-3111.
Der Ort hat dank der Route 66 sogar ein Tourismusbüro mit guter Webseite.
Attraktionen in der Nähe von Lebanon, Missouri
Fanning 66 Outpost Netter Laden, der mit dem angeblich zweitgrößten Schaukelstuhl der Welt auf sich aufmerksam macht. Riesiger Giftshop mit Snacks und allen erdenklichen Souvenirs. 5957 State Hwy ZZ, Cuba, MO 65453, Tel. (573) 885 1474, Mo–Sa 8–18, So 10–15 Uhr
Route 66 Museum Kleine Ausstellung mit lokalen Bezügen. 915 S Jefferson Ave, Lebanon, MO 65536, www.lebanon-laclede.lib.mo.us, Mo–Sa 8–17 Uhr
Restaurant
The Vintage Cowgirl at Wrinks Market Sympathischer Laden mit vor Ort gemachten Sandwiches, frischem Obst, freundlichem Personal und akribisch geführtem Gästebuch. 135 Wrinkle Avenue, Lebanon, MO 65536, Tel. (417) 532 3201, Di–Fr 10–17, Sa 11–16 Uhr
Einkaufen
Route 66 Antique Mall Antiquitätengeschäfte und Krimskramsladen mit Schwerpunkt auf der Route 66 und ihrer schillernden Vergangenheit. 17711 Campground Rd, Phillipsburg, MO 65722, Tel. (417) 532 7082, tgl. 10–17 Uhr.
Text und Bilder zur Geschichte über die Motels an der Route 66: Ralf Johnen, September 2021.
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