Das Zeitalter des klassischen Motels an der Route 66 ist fast vorbei. Nur wenige Ausnahmen wie das Munger Moss Motel in Lebanon erhalten den Glanz aufrecht (Episode 21/66).

Klassiker seit über 70 Jahren: Das Munger Moss Motel. Foto: Ralf Johnen
»The Motel of lost companions waits with heated pool and bar.« Diese Zeile aus Neil Youngs klassischem Song Thrasher bringt ziemlich genau auf den Punkt, welch wichtige Rolle Motels beim Road Trip immer gespielt haben. Es sind Orte der Ruhe und des Verschnaufens, doch sie stehen auch für die Vergänglichkeit des Augenblicks und für eine permanente Aufbruchsstimmung.
Motels an der Route 66: Der Luxus vergangener Tage
Tatsächlich ist kaum etwas so untrennbar mit einem Trip über die Route 66 verbunden, wie der Anblick der Neonschilder von Motels. Motive wie ein Saguaro-Kaktus, ein rauchender Cowboy, eine stilisierte Sonne oder auch die Silhouette eines Straßenkreuzers machen in Signalfarben auf eine Übernachtungsstätte aufmerksam.
Dabei ist es oftmals riesigen Pfeilen vorbehalten auf Besonderheiten zu weisen, die wir noch vor wenigen Jahren als Luxus wahrgenommen haben. Kostenloses Kabelfernsehen oder eben ein Swimmingpool mit erwärmtem Wasser waren nicht immer selbstverständlich. Und vielleicht hat das Reisen letztlich auch mehr Spaß gemacht, als sie noch nicht allgegenwärtig waren.
Die Motels an der Route 66 sind familiengeführte Domizile
Wertvolle Informationen waren das natürlich nur, wenn in unmittelbarer Nähe eine zusätzliche Reklame mit dem Wortlaut Vacancy eingeschaltet war. Mittlerweile aber wird der wohlige Anblick der Designikonen auch entlang der Route 66 immer seltener. Die meist familiengeführten Domizile haben kaum noch eine Chance gegen die uniformen Pappschachteln, die große Konzerne überall an den Ausfahrten der Interstates aus dem Boden gestampft haben.

Foto: Ralf Johnen
Hotels mit großen Boxspringbetten, Klimaanlage, Fernsehern mit einem Durchmesser von anderthalb Metern und dem unvermeidlichen Frühstück mit Ei und Bacon. Große Ketten, die deren Einrichtung fast überall identisch ist, weil große Stückzahlen die Kosten beim Einkauf senken.
Kurzum: Die Holiday Inns, Motel 6 oder Fairview Inns sind Übernachtungsbetriebe mit hohem Standardisierungsgrad und ohne Risiko. Gleichzeitig aber fehlt ihnen auch jeder individuelle Charakter. Kaum eine Übernachtung bleibt heutzutage noch in Erinnerung. Auch wenn der Druck groß ist, so haben doch keineswegs alle Motels der ersten oder zweiten Stunde aufgegeben. Im Westen von Missouri nimmt die Dichte der Überlebenskünstler langsam zu.
Das Munger Moss Motel wurde 1946 eröffnet
Eine erste Ikone aus der guten alten Zeit wartet auf der Kuppe eines kleinen Hügels in einem weiteren Ort, dessen Name vielen reaktionären Amerikanern unserer Zeit wenig gefallen dürfte: Lebanon. Das Munger Moss Motel wurde 1946 eröffnet, nachdem zuvor ein gleichnamiger Sandwich-Shop die Reisenden mit Verpflegung versorgt hatte. 1971 übernahmen Ramona Lehmann und ihr verstorbener Ehemann Bob das Anwesen, das so viele Erkennungsmerkmale des typischen Motels zeigt: Ein einziger langer Trakt von identisch bemessenen Zimmern, die sehr klein wirken neben den vor den Türen geparkten SUVs unserer Zeit.

Wes Anderson lässt grüßen. Foto: Ralf Johnen
Der Eingang zur Lobby wird von einem charakteristischen Vordach überspannt. Direkt daneben: Das Neonschild, das schon seinen Geist aufgegeben hatte, das aber 2010 für stolze 11.300 Dollar zu neuem Leben erweckt wurde. Auch das Insert »Free TV« leuchtet seitdem wieder. Das mittlerweile installierte W-Lan wird unterdessen nicht erwähnt.
Motel in schwerem Fahrwasser
2025 verkehrte auch Munger Moss Motel in schwerem Fahrwasser. Doch eine Entwicklungsgesellschaft auf Arkansas nahm sich der Immobilie an. Sie kündigte an, das Motel renovieren und anschließend mit gleichbleibend hohem Nostalgiefaktor weiterbetreiben zu wollen. Offenbar ist das Munger Moss nahe genug an der Interstate-Ausfahrt liegt, um auch heute noch genug Reisende darauf aufmerksam zu machen. Nostalgisch motivierte Route-66-Touristen, denen ein Plausch wichtiger ist als die Bonuspunkte ihrer favorisierten Hotelkette.
Auch die neuen Betreiber also haben nicht vor, sich von den Widrigkeiten demoralisieren zu lassen. Dass es auch anders gehen kann, zeigt ein Blick schräg gegenüber auf die andere Straßenseite, wo das Forest Manor Motel resigniert hat. Die Buchstaben »No Vacancy« sind noch zu sehen. Doch leuchten werden sie nie mehr.
Nostaglie und Romantik von Road Trip America kommen gegen Effizienz und Komfort der Moderne nicht an. Das gilt auch für die Route 66.

Foto: Ralf Johnen
Informationen zum Munger Moss Motel und Lebanon
Munger Moss Motel: Die Motel-Ikone der Route 66, die sich bis vor wenigen Monaten halten konnte. Im April 2025 war das Motel geschlossen, es soll in nicht allzu ferner Zukunft unter neuer Schirmherrschaft wieder öffnen. 1336 East Route 66, Lebanon.
Der Ort Lebanon hat dank der Route 66 sogar ein Tourismusbüro mit guter Webseite.
Attraktionen in der Nähe von Lebanon, Missouri
Fanning 66 Outpost: Netter Laden, der mit dem angeblich zweitgrößten Schaukelstuhl der Welt auf sich aufmerksam macht. Riesiger Giftshop mit Snacks und allen erdenklichen Souvenirs, darunter Limonaden mit Diktatoren-Etiketten. 5957 State Highway ZZ, Cuba. Geöffnet Montag bis Samstag von 8 bis 17 Uhr, fanning66outpost.com.
Route 66 Museum: Kleine Ausstellung mit lokalen Bezügen. 915 S Jefferson Ave, Lebanon, www.lebanon-laclede.lib.mo.us, geöffnet Montag bis Freitag von 8 bis 20, Samstag von 10 bis 17 Uhr.
Restaurant
Smokin‘ Jones Barbecue: Sympathischer Laden, der im Historic Wrinks‘ Market eröffnet hat, einem Gebäude mit langer Route-66-Historie. Tgl. ab 11 Uhr, 135 Wrinkle Avenue, Lebanon.
Einkaufen
Route 66 Antique Mall: Antiquitätengeschäfte und Krimskramsladen mit Schwerpunkt auf der Route 66 und ihrer schillernden Vergangenheit. 17711 Campground Rd, Phillipsburg, geöffnet jeden dritten Donnerstag bis Samstag im Monat 10 bis 16 Uhr.
Die Route 66 in Missouri
Die Geschichte über das Munger Moss Motel ist Nummer 21 von insgesamt 66 Stories über die Route 66 auf Boarding Completed. Von Cuba, Missouri (Nummer 20) sind es rund 130 Kilometer bis hierhin. Bis nach Galena in Kansas (Geschichte 22) sind es rund 215 Kilometer.
Text und Bilder zur Geschichte über die Motels an der Route 66: Ralf Johnen, April 2025.
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