Bob Waldmire hat es als Lebenskünstler zur Legende der Route 66 gebracht. Vor dem Kleinstadtmuseum in Pontiac, Illinois, ist sein vollständig eingerichteter Bus zu bewundern. Die Road Yacht ist ein Vorläufer der Van-Kultur.
In Illinois ist die Route 66 noch jung und die Fahrt ist aufregend. Die Straße mäandert durch eine gefällige Landschaft. Die Vorstellung von der amerikanischen Weite wird konkreter. Chicago ist in weite Ferne gerückt und die größeren Siedlungen tragen deutliche Merkmale von Provinzstädten. Eine solche ist auch Pontiac mit seinen 12.000 Einwohnern.
Ein Name, der dank der gleichnamigen Automarke für Dynamik und Kraft steht. Die Realität aber sieht eher verschlafen aus. Seit der Interstate 40 den Ort umrundet, sieht kaum noch ein Ortsfremder die Notwendigkeit, die Kirche oder von Backsteinbauten flankierte Main Street in Augenschein zu nehmen.
Wer achtlos an Pontiac vorbeifährt, verpasst unter anderem die alte Feuerwache, in der sich wiederum ein Museum befindet, das an die vergangenen Glanzzeiten der wohl bekanntesten Fernstraße des Planeten erinnert. Ausstellungen dieser Art, so viel vorweg, gibt es in ziemlich jedem Dorf mit mehr als zehn Einwohnern. Doch das von der Route 66 Association of Illinois betriebene Haus ist durchaus etwas Besonderes, denn hier befindet sich ein guter Teil des Nachlasses von Bob Waldmire.
An der Route 66 in Illinois geboren
Der Künstler und Lebenskünstler (1945–2009) ist in Springfield an der Route 66 aufgewachsen, wo sein Vater das legendäre Restaurant Cozy Dog (s. S. XX) eröffnet hatte. Doch wie das so häufig der Fall ist, konnte er mit dem Naheliegenden lange nichts anfangen. Dies änderte sich erst 1987, als Waldmire bei einem längeren Road Trip dem wachsenden Verkehr auf der Interstate aus dem Weg gehen wollte. Stattdessen fiel seine Wahl die sogenannte Frontage Road, also eine Art Versorgungsstraße der Autobahn, zu der die Route 66 seinerzeit bereits in weiten Teilen degradiert worden war. Mit einem Schlag fühlte sich Waldmire berufen, denn als Künstler widmete er sich unter anderem illustrierten Landkarten.
Die neue Leidenschaft gipfelte darin, dass Waldmire 1992 dem ehemals glorreichen Hackberry General Store in Arizona (s. S. XX) neues Leben einhauchte. Seinerzeit verbrachte er einen guten Teil seiner Zeit in umgebauten Vans, was einen kostengünstigen Alltag ohne große Verpflichtungen gestattete. Eine typische Hippie-Attitüde, mag man denken, die jedoch in unserer Gegenwart unter dem Stichwort »Van Life« ein starkes Comeback feiert.
Bob Waldmire und seine Road Yacht
Eines dieser Vehikel ist im Route-66-Museum von Pontiac ausgestellt. Es handelt sich um einen cremefarbenen VW Bus, Baujahr 1972, der bis unters Dach mit nostalgisch anmutenden Devotionalien vollgepackt ist. Noch interessanter als das liebevoll gemachte Museum aber ist jenes Gefährt, das sich auf dem Parkplatz an der Rückseite der Feuerwache befindet und das weithin als »Road Yacht« bekannt ist. Als das Fahrzeug 1966 erbaut wurde, diente es zunächst als Schulbus. Nachdem dieser ausgemustert worden war, baute Waldmire diesen zu einer Villa Kunterbunt auf Rädern um.
Auffälligstes Merkmal ist ein leicht wackliges Holzkonstrukt, das Waldmire auf das gelborangene Chassis gesetzt hat. Doch auch das Interieur ist sehenswert: Dazu gehören Bett, Herd, Ventilator, Kühlschrank und Sitzecke, also letztlich all das, was die Amerikaner heute am Recreational Vehicle zu schätzen wissen. Nur fehlen in den geräumigen Wohnmobilen unserer Zeit die umfangreiche Bibliothek – und natürlich auch das vielsagende Schild mit der Aufschrift »Thank you for smoking pot. Gründe genug also, dem Zwischenstopp in Pontiac gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
Informationen über Bob Waldmire und das Route 66 Museum
Besuche die Homepage des Tourismusbüros von Illinois. Auch die Route 66 Association of Illinois betreibt eine Homepage.
Weitere Attraktionen an der Route 66 in Illinois
Pontiac Museum Complex: In den Räumen, die der Route 66 gewidmet sind, befindet sich ein großes Wandgemälde, das Bob Waldmire über die Mother Road angefertigt hat. Wer seine Road Yacht besichtigen möchte, sollte dies vorher telefonisch anmelden. Zum Museum gehören außerdem zahlreiche Ausstellungen über die regionale Geschichte. Ein wenig skurril sind die Exponate zum Leben auf der Titanic. 110 W. Howard Street, Pontiac, IL 61764, Tel. (815) 844 58 47, Apr.–Okt. 9–17 Uhr, Eintritt frei, Spenden willkommen
Restaurant-Tipp: Epiphany Farms Restaurant. Touristen müssen entlang der Route 66 keineswegs ausschließlich auf traditionelles Fast Food zurückgreifen. Ein leuchtendes Beispiel für moderne Cuisine befindet sich in Bloomington, der nächsten größeren Stadt, wo die Chefs das »Farm-to-Table«-Prinzip beherzigen. 220 East Front Street, Bloomington, IL 61701, Tel. (309) 828 23 23 www.epiphanyfarms.com, Di–So 16–21, Sa, So auch 7.30–13.30 Uhr
Funk’s Grove: Traditionsadresse für die Herstellung von Maple Sirup, die Vorräte sind schnell ausverkauft, daher ist der Laden nur saisonal geöffnet. 5257 Old Route 66, Shirley, IL 61772, Tel. (309) 874 33 60, funkspuremaplesirup.com, meist März–Aug. Mo–Fr 9–17, Sa 10–17, So 13–17 Uhr
Leave A Reply