Das Old Joliet Prison ist ein bekannter Filmdrehort. Die Haftanstalt liegt ungefähr eine Stunde südlich von Chicago an der alten Route 66 in Illinois. Sie diente als Kulisse für »Blues Brothers« und die Crime-Serie »Prison Break«. Heute ist das ehemalige Staatsgefängnis von Illinois auf eine gespenstische Weise verfallen. Historiker kümmern sich mit wenig Geld um den Erhalt.
Der Weg hinaus aus Chicago ist alles andere als attraktiv. Schwerlastverkehr, Autobahnkreuze und Industriegebiete verhindern das Aufkommen jeglicher romantischer Gefühle für die Route 66. Tiefpunkt ist das Suburb namens Cicero, wo einst der berüchtigte Al Capone sein Hauptquartier hatte. Hier ist die Trasse der Mother Road zwar historisch belegt, doch der Wildwuchs von Asphalt und Beton gestattet es kaum, diese als solche zu erkennen.
Einstiegsszene aus »Blues Brothers«
Erst nach gut 60 Kilometern stellt sich beim Städtchen Joliet stellt sich so etwas wie ein Gefühl von Freiheit ein. Dieses aber hält nicht lange vor, denn der Name Joliet ist zumindest in den USA synonym mit einem Gefängnis, das sich seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 1858 eine furchterregende Reputation erarbeitet hat. Weltweit berühmt aber wurde die Besserungsanstalt im Jahre 1980 dank eines Insassen namens Jake Blues, der auch als »Joliet Jake« bekannt ist und seines Zeichens die von John Belushi gespielte Hälfte der Blues Brothers war.
Die fast sechs Minuten dauernde Eröffnungssequenz des von John Landis inszenierten Films zeigt das Gefängnis in vielen Facetten. Später diente die Anlage auch als Drehort für »Natural Born Killers« (Oliver Stone, 1994), »Public Enemies« (Michael Mann, 2009) und der Serie »Prison Break« (2005-6). In der imaginären Rangliste der bekanntesten Gefängnisse Nordamerikas muss Joliet somit allenfalls Alcatraz vor sich dulden.
Old Joliet Prison war ein Ort des Schreckens
Als Filmschauplatz ist Joliet wegen seiner markanten Architektur gefragt. Die Gemäuer auf dem fast quadratischen Grundriss wurden von W.W. Boyington entworfen, der auch für den gut erhaltenen Chicago Water Tower an der Magnificent Mile verantwortlich zeichnet. Bei Straftätern indes war die Haftanstalt wegen ihrer spartanischen Einrichtung, der notorischen Überbelegung und den gewalttätigen Insassen gefürchtet. Nachdem unzählige Häftlinge hier ihre lebenslangen Strafen abgesessen und viele Todesurteile ausgeführt wurden, sollte der Ort des Schreckens erst im Jahr 2002 seine Pforten für immer schließen.
Fortan erregte das Gefängnis aufgrund seiner Historie und seines Erscheinungsbildes vor allem die Aufmerksamkeit von Personen, die sich von »abandoned places« und Filmdrehorten angezogen fühlen. Ansonsten aber war das Joliet Prison Verfall und Vandalismus ausgesetzt, was die Stadt erst 2017 aufhalten konnte, nachdem ihr der Staat Illinois Immobilie und Grundstück überschrieben hat. Kurz darauf hat das städtische Museum damit begonnen, den Ort historisch aufzuarbeiten und Führungen anzubieten.
Events im Innenhof
Seitdem kehrt sporadisch Leben zurück in die Gemäuer – und immer, wenn Gregory Peerbolte als Direktor des Stadtmuseums das Portal aufschließt, öffnet sich ein faszinierend gespenstischer Mikrokosmos. Von den Decken der Gänge und Zellen hängen verwitterte Lappen abgeblätterter Farbe. In den Räumen der Verwaltung stehen zwischen Pfützen ramponierte Möbelstücke. Die Wände in den ehemaligen Sozialräumen werden von furchteinflößenden, aber doch überraschend modernen Graffitis geziert. In einigen Gebäuden des Ensembles haben Brände gewütet.
Doch nicht alles ist dem Verfall freigegeben: Draußen im Hof ist der Rasen frisch gemäht. Gelegentlich finden hier Konzerte und andere Veranstaltungen statt, zuletzt diente das Gefängnis auch als Kulisse für eine große Blues-Brothers-Party und ein Craft-Beer-Festival. Überhaupt, sagt Peerbolte, seien vom Museum über ein Restaurant bis zu einem Hotel diverse Nutzungsmöglichkeiten denkbar, allein werde sich wohl kaum ein Investor finden, der Millionen von Dollars dafür in die Hand nimmt. So dürfte das Joliet Prison wohl bis auf Weiteres ein Außenseiter unter den Sehenswürdigkeiten bleiben.
Allgemeine Information über die Route 66 in Illinois
Die Region zwischen den Ufern des Illinois River und dem Lake Michigan nennt sich Heritage Corridor. Auf der Webseite von Enjoy Illinois findet ihr zusätzliche Informationen über Attraktionen entlang der Route 66.
Informationen über das Old Joliet Prison
Old Joliet Prison, 1125 Collins Street (Treffpunkt auf dem Parkplatz vor dem Eingang), Joliet, Führungen (90 Min.) 20 $
Andere Attraktionen entlang der Route 66 in Illinois
Route 66 Park: nett gemachte Grünfläche mit einigen Foto-Spots. Die Eisdiele Rich & Creamy besitzt eine Nostalgieoptik mit Blues-Brothers-Figuren auf dem Dach, 920 N Broadway St, Joliet
Route 66 Raceway: Drag Care Races sind fester Bestandteil der amerikanischen Kultur. Die feuerspuckenden Höllenmaschinen haben zwar reichlich wenig mit der Route 66 zu tun, Auto-Freaks aber sind auf einer der führenden Rennstrecken dennoch gut aufgehoben, 500 Speedway Blvd., Joliet
Typisches Restaurant an der Route 66 in Illinois
Old Route 66 Diner: Lust auf altmodisches amerikanisches Fastfood? In diesem Fall gibt es hier das zum Trip passende Angebot, 22 West Clinton Road, Joliet, Tel. (815) 723 3865, keine Webseite, tgl. 6–15, So bis 14 Uhr
Autor Ralf Johnen wurde bei den Recherchen teilweise vom Tourismusbüro des Bundesstaates Illinois unterstützt.
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