Drei Flüge und ein stattlicher Segeltörn – damit ist Anegada einer der entlegendsten Orte, die ich bisher aufgesucht habe. Mit dem Flieger von Düsseldorf nach Paris, dann weiter auf die französisch-niederländische Karibikinsel Sint Maarten. Anschließend in die Propellermaschine,um von dort aus nach Tortola zu fliegen.
Auf nach Anegada
Das gehört bereits zu den British Virgin Islands. Dann endlich können wir die Kabinen in einem feisten Katamaran beziehen. Ein Fall für sich, denn nachdem die ersten beiden Tage wolkenverhangen waren, habe ich den Sonnenschutz vernachlässigt und mir gepflegt den Pelz verbrannt. Daher konnte ich mich ausschließlich in schwarzen Socken an Deck bewegen.
Aber zurück zum Thema: Anegada. Die Insel liegt rund 20 Meilen nördlich des Archipels, was je nach Windverhältnissen dauern kann. Anegada aber ist vor allem die einzige Insel der British Virgin Islands, die nicht vulkanischen Ursprungs ist. Anstelle der mit subtropischen Gehölzen bewachsenen und mit spätkapitalistischen Villen bebauten Steilhänge, sehen wir bei unserer zaghaften Annäherung erst einmal: nichts. Oder zumindest nicht viel mehr als einen Fata Morgana-ähnlichen Schweif, der reglos im Atlantik ruht.
Vor Anker in Anegada Reef
Erst kurz bevor wir vor Anker gehen, nimmt das flache Korallenatoll Gestalt an. Ein paar Palmenkronen und ebensoviele Bootmasten. An Land erwartet uns eine verwaiste Bar, in der globalisiertes Bier angepriesen wird.
Im Hafen von Anegada Reef besteigen wir einen Pick-up, um das 20 Kilometer lange Eiland zu erkunden. Wir sehen ein paar Salzwasserseen, die nicht selten von tropischen Regengüssen aufgefüllt werden, und sandigen Boden, der eine wüstenhafte Vegetation ernährt.
Anegada ist eine Insel mit einer Bank
Häuser säumen den holprigen Weg nur sporadisch. Binnen kurzer Zeit erblicken wir sowohl die Süd- als auch die Nordküste. Auf beiden Seiten: endloser Sandstrand.
Zwangsläufig passieren wir auch das wirtschaftliche Zentrum des Eilands, ein Ort mit dem viel sagenden Namen The Settlement. Hier steht eine Art Container, der die einzige Bank der Insel beherbergt, aber auch ein solides Gebäude nordamerikanischer Prägung, in dem sich die Schule befindet: Das Claudia Creque Educational Centre, das etwa 60 Mädchen und Jungs besuchen
Nebenan wird uns eine skurrile Ansammlung von verwitterten Käfigen als Attraktion verkauft, hier leben Gekkos und Echsen. Das gesellschaftliche Leben spielt sich in den drei Open-Air-Bars ab.
Hummer auf dem Grill
In einer finden wir uns am Abend ein. Auf einem Bootsanleger ziehen zwei Kiddies Hummer aus den Reusen, die sich nach fachmännischer Behandlung in Alufolie einwickeln, um sie alsbald auf den Grill zu legen. Ich komme mit Jack ins Gespräch, der hier lebt. Er erzählt, dass rund 200 Menschen hier leben. Jeder kennt jeden.
Während der Touristensaison sind es noch einmal so viele, aber die meisten übernachten auf ihren Booten. Es gibt nur ein einziges Hotel auf Anegada. Während wir Hummer essen und Heineken trinken, gesellt sich Ryan aus Tampa in Florida hinzu. Er meint, dass die Insel eine der wenigen in der Karibik sei, die nicht vom Tourismus entstellt sei: »Sweet home Anegeda«. Strände und sonst nichts.
Weitere Informationen über Anegada und die British Virgin Islands
Text und Bilder: Ralf Johnen, zuletzt aktualisiert im Dezember 2024.
Die Reise wurde vom Tourismusbüro der British Virgin Islands unterstützt.
4 Comments
Oh wie schön, diese kleinen karibischen Inseln sind immer wieder traumhaft. Ich habe schon um die 25 Inseln in der Karibik besucht, aber Anegada fehlt mir noch. Auch wenn das Wetter bei deinem Besuch wohl scheinbar etwas unkaribisch trüb war, macht es Lust auf einen Abstecher, denn diese kleinen Eilande haben doch immer wieder ihre ganz eigenen Geschichten und Geheimnisse.
LG aus Punta Cana
Chris
Schöner Bericht!
Aber ich habe zu lange für diese wunderbaren Inseln gearbeitet, und auch wenn es lange her ist, kann ich nicht ertragen, dass da Tortalo steht und nicht Tortola. Die BVIs lassen einen niemals los 🙂
Oh, ein Vertipper. Schon korrigiert. Danke für den Hinweis, Stefanie. Ich hoffe, dass der Lesegenuss nunmehr unbeeinträchtigt ist…
Die Bank sieht ja niedlich aus :o)