Die Beatles haben in Obertauern ihren Film »Help« gedreht. Heute rufen Skiläufer nur an einem Hang nach Hilfe. Die restlichen Abfahrten der Super Seven in Obertauern sind zwar anspruchsvoll, aber für halbwegs geübte Fahrer durchaus machbar.
Sichtlich beeindruckt richte ich den Blick nach oben. Ich habe schon einiges über Gamsleiten 2 in Obertauern gehört. Es ist nicht nur die steilste Abfahrt von Österreich, sondern von ganz Europa. Doch ganz so grimmig hätte ich mir den höchsten Punkt der Super Seven in Obertauern auch von Nahem betrachtet nicht vorgestellt.
Es ist erst kurz nach Mittag, und doch verirrt sich kaum noch ein Sonnenstrahl auf den Osthang. Oben an der Liftstation wirbelt ein garstiger Wind den Schnee auf. Der Unterlauf der Piste ist bucklig. Und das Gefälle ist enorm. Kein Wunder, denke ich mir, dass die Zweiersesselbahn hinauf nach Gamsleiten 2 nahezu verwaist ist.
Eisiges Schweigen an der steilsten Abfahrt Europas
Nach kurzem Schweigen aber zeige ich Entschlossenheit. Schließlich fehlt mir nur noch der »G2«, wie die hier aktiven Hasardeure den steilsten Hang im Skigebiet von Obertauern nennen. Danach habe ich an einem Tag alle Pisten gemeistert, die unter dem Namen »Super Seven« firmieren. Nach ein paar Stockschüben sitze ich im Lift. Wenige Minuten später in 2313 Metern Höhe habe ich, ein gebürtiger Rheinländer, die bevorstehende Mutprüfung zunächst vergessen. Zu beeindruckend sind die Gipfel der Radstädter Tauern vor dem Dekor eines strahlend blauen Himmels.
Bald aber endet die Phase der Kontemplation. Und ich werde schmerzhaft daran erinnert, warum mich das Logo von Gamsleiten 2 zuvor an die Form einer von der Bergwelt inspirierten Schokoladenkreation erinnert hat. Nur dass die Konturen dieses Dreiecks deutlich spitzer zulaufen.
Skifahren in Obertauern: Die »Super Seven« an einem Tag
Das erste Drittel geht noch. Es ist einfach nur steil. Und eisig. Dann aber folgt ein Übergang, der zwei Optionen ermöglicht: Eine schmale Traverse, die an den weniger gewellten Rand des Hanges führt. Oder jene brutal anmutende Buckelpiste, die zu den schwierigsten in ganz Europa gehört. Ich entscheide mich für die leichtere Variante – mit der unvermeidlichen Folge, dass ich in den nächsten Minuten daran zweifele, ob ich wirklich der geübte Skifahrer bin, für den ich mich bislang gehalten habe.
Zwei Stunden später ist der Nervenkitzel bereits Legende. Ich sitze mit meinen Freunden aus Köln auf der Sonnenterrasse des »Treff 2000« und schaue hinauf zum Seekareck. Dort oben hatte der Husarenritt über die sieben schwierigsten schwarzen Pisten begonnen. Anlass genug also, mich nach meinen persönlichen Super Seven in Obertauern mit Tiroler Gröstl und Krautsalat für die Mühen des Tages zu belohnen.
Die Beatles haben in Obertauern ihren Film »Help« gedreht. Heute rufen Skiläufer nur an einem Hang nach Hilfe. Die restlichen Abfahrten der Super Seven in Obertauern sind zwar anspruchsvoll, aber für halbwegs geübte Fahrer durchaus machbar.
Das Double von Paul McCartney
Am folgenden Morgen bereiten wir uns am tiefsten Punkt des Skigebiets auf den Tag vor. Auf dem Weg in den Skikeller ihres Hotels gewinnt ein Foto unsere Aufmerksamkeit, das vier junge Männer mit wenig zeitgemäßen Frisuren zeigt. Die Pilzköpfe, heißt es im Bildtext, stammen aus Liverpool. Und sie haben das Skilaufen erlernt, als sie 1965 für die Dreharbeiten zu ihrem zweiten Spielfilm »Help« in Obertauern verweilten.
Auch wenn der Talkessel am Tauernpass überwiegend familienfreundliche Pisten beherbergt, war Herbert Lürzer bei der Betreuung der Beatles ganz besonders gefordert. Die »Fab Four« nämlich zeigten sich an Technik und Stockeinsatz nur wenig interessiert, sie wollten einfach nur ihren Spaß haben. Um im Kino dennoch eine gute Figur abzugeben, mussten sie auf den Pisten gedoubelt werden. Skilehrer Lürzer übernahm die dankbare Aufgabe, als elegant Kurven schwingender Paul McCartney in die Geschichte einzugehen.
Sohn Heribert hat die Geschichte tausende Male gehört. Dass die Beatles damals weitgehend unerkannt in dem noch wenig glamourösen Skiort unterwegs waren. Dass sie im Hotel Edelweiß genächtigt haben, welches sein Onkel Harald betrieb. Und dass Vater Herbert mit seiner Rolle immerhin so viel verdient hatte, um die familieneigene Pension zu jenem Hotel umzubauen, das heute Kesselspitze heißt. Als solches hat es weitere Evolutionsstufen durchlebt. Die Einrichtung fällt durch einen Stil auf, der am ehesten als alpiner Neobarock zu umschreiben ist. Mit Kuhfellimitaten auf den Designersitzmöbeln und Geweihimitaten an den Wänden.
Die Super Seven in Obertauern: Direkt auf die Piste
Wir haben uns unterdessen abermals die Ski untergeschnallt. Abgesehen davon, dass Obertauern mittlerweile als annähernd so mondän wie die Königsallee in Düsseldorf gilt, wissen wir es besonders zu schätzen, dass wir vom Hotel direkt in die Piste einsteigen können. Für heute haben wir uns vorgenommen, die grüne Tauernrunde zu absolvieren. Einen Steinwurf vom Skikeller entfernt nehmenwir auf den beheizten Sitzen der Schaidbergbahn Platz, um das Skidorf gegen den Uhrzeigersinn einmal zu umrunden.
Zum Warmwerden geht es über eine sanfte blaue Piste zur Talstation der Plattenkarbahn. Nach der Abfahrt führt ein Ziehweg zum Hundskogel. Hier beginnen die weniger belebten Strecken abseits des Ortes, von denen die Super Seven-Piste des Seekarecks die schönste und schwierigste ist.
Alternative zur steilsten Abfahrt Europas: Die Tauernrunde
Auf zwölf Kilometern Abfahrt müssen wir zur Absolvierung der Tauernrunde insgesamt 2200 Höhenmeter überwinden. Ein bequemes Vormittagspensum, das wir uns nach der Hüttenjause in umgekehrter Richtung – und auf komplett anderen Pisten – abermals zumuten.
Als Marion und Stephan gegen 15 Uhr die Edelweißhütte passieren, herrscht dort schon Hochbetrieb. Hunderte Ski-Paare stecken im tiefen Schnee. Bis weit auf die Pisten sind Lieder zu hören, die Rheinländer gemeinhin dem Karneval zuordnen. Später im Tal verlagert sich der Hüttenzauber in die Lürzer Alm. Die Düsseldorfer aber beschließen, frühzeitig ins Hotel abzufahren. Schließlich wollen sie sich am kommenden Tag der ultimativen Herausforderung stellen: Gamsleiten 2.
Informationen zum Skifahren in Obertauern
Die Skisaison in Obertauern beginnt am 18. November und endet am 24. April. Das Skigebiet erstreckt sich von 1630 Metern bis hoch auf 2313 Meter, die längste Abfahrt ist der Zehnerkar mit einer Länge von 1700 Metern. Obertauern gilt aufgrund seiner Lage am Tauernpass als schneesicher.
Insgesamt umfasst das Skigebiet 26 Liftanlagen und 100 Kilometer Abfahrten, von denen vier als „schwer“, 36 als „mittel“ und 60 als „leicht“ eingestuft werden. Der Skipass für die Super Seven kostet in der Hochsaison 38 Euro pro Tag und 193,50 Euro für sechs Tage.
Die Anreise erfolgt von Deutschland über Salzburg, für den Tauernpass sind meist Schneeketten erforderlich. Einige Hotels bieten einen Shuttle-Service zum Flughafen Salzburg an, der etwa 90 Kilometer entfernt ist. Der nächstgelegene Bahnhof ist Radstadt, von hier verkehrt ein Postbus.
Unterkunft: Die Lürzer Alm ist eine fantastische Unterkunft für einen Skiurlaub in Obertauern.
Text und Bilder zur Geschichte über die Super Seven in Obertauern: Ralf Johnen, zuletzt aktualisiert im November 2021. Die Recherche des Autors wurde zum Teil vom Tourismusverband Obertauern unterstützt.
3 Comments
..eindrucksvoller Bericht, großartige Fotos – auch die persönlichen – erweckt Erinnerungen an einen Skiurlaub in der Nähe von Bad Kleinkirchheim……….
Mein Freund und ich fahren eigentlich jedes Jahr nach Österreich zum Skifahren. Diesen Winter wollen wir endlich mal nach Obertauern, daher freuen wir uns über jeden Tipp. Demnächst werde ich unser Appartement buchen und dann freue ich mich auf den Urlaub.
Auch ein Apreski-Tip am Obertauern:
diktnalm.at
Urige gemütliche Hütte mit viel Charme!