Die Region im Städtedreieck Ravensburg, Wangen und Biberach heißt Oberschwaben. Schon früh war sie von enormen Reichtümern geprägt, was sich in den reizenden Städtchen bis heute durch erstaunlich hohe Bauten bemerkbar macht. Doch nicht nur die vielen Türme sind ein guter Grund für eine Reise nach Oberschwaben.
Wenn man in die Herrenstraße möchte, muss man zunächst das Frauentor durchschreiten. Was es damit auf sich hat, würde ich auf meiner Reise nach Oberschwaben gerne in Erfahrung bringen. Doch fürs Erste muss ich mich mit der Information begnügen, dass das geschichtsträchtige Bauwerk am Rande der Altstadt von Wangen wohl im 12. Jahrhundert errichtet wurde.
Wangen im Allgäu: Treppentürmchen und Wandmalereien
Gut 500 Jahre später wurde das ehrwürdige Stadttor dann aufgestockt. Mit einer Höhe von knapp 20 Metern geht es seitdem als Turm durch. Es ist ein Bauwerk von ausgesuchter Schönheit, wie sie im Süden von Deutschland nicht selten sind.
Seine Ecken sind mit kleinen Treppentürmchen verziert, die Wände mit Malereien und an der Südseite gibt eine Sonnenuhr die Zeit an. Ein passendes Entree zu einer Siedlung, die schon 1286 unter den Habsburgern den Titel Reichsstadt tragen durfte.
Handgemachte Bürsten und eine hippe Patisserie
Entsprechend historisch präsentiert sich Wangen bis heute. Die Gassen sind mit Kopfsteinpflaster ausgelegt. An den Häusern machen blank polierte Ausleger auf die Geschäfte aufmerksam – und viele Fassaden sind mit Malereien verziert, wie es am Alpenrand üblich ist.
Eine Reise nach Oberschwaben lehrt dabei, dass die Stadt alles andere als museal ist: In der Herrenstraße und der angrenzenden Schmiedstraße reihen sich hübsche Läden aneinander. Von einem Fachgeschäft für handgemachte Bürsten bis zur hippen Patisserie de Pierre.
Die Wangener Seelen: Guter Grund für eine Reise nach Oberschwaben
Das Herz der 27 000-Einwohnerstadt schlägt indes in einer Backstube. Bereits seit 1505 versorgt das Fidelisbäck die Wangener mit einer Hausspezialität. Die »Seelen« sind langgezogene Weißbrote, die von der Größe her irgendwo zwischen Baguettebrötchen und Baguette liegen.
Oft sind sie mit Kümmel bestreut und vor nicht allzu langer Zeit haben sie von Oberschwaben ihren Siegeszug durch weite Teile von Deutschland angetreten. Im hauseigenen Lokal allerdings müssen sie hinter den selbstgemachten Fleischkäse zurücktreten, der – warm serviert – die unangefochtene Spezialität Wangens ist. So sind es nicht nur die Türme in Oberschwaben, die Besucher anziehen.
Reise nach Oberschwaben: Fernblick von der Waldburg
Am nächsten Tag erblicken wir nach einer kurzen Fahrt erneut einen der Türme in Oberschwaben. Um uns diesem zu nähern, müssen wir zunächst einem Weg folgen, der sich einmal um einen Hügel windet, um nach erheblichem Höhengewinn zu einem Portal zu führen.
Dahinter verbirgt sich mit der Waldburg ein trutziges Bauwerk, das seit dem 12. Jahrhundert Stammsitz des gleichnamigen Adelsgeschlechts ist.
Replik der kaiserlichen Krone auf der Waldburg
Die Gipfelburg befindet sich noch immer im Besitz der Familie, auch wenn diese nicht mehr dort residiert. Um den Erhalt des Bauwerks zu finanzieren, hat der Pächter hier eine Art Erlebnispark eingerichtet.
Dazu gehören die beeindruckenden Räumlichkeiten, aber auch ein Restaurant und ein Museum, das unter anderem Repliken der kaiserlichen Krone und anderer Kleinodien zeigt. Eigentliches Highlight aber ist der eingangs erwähnte Turm, auf dem sich eine Aussichtsplattform befindet. So komme ich bei meiner Reise nach Oberschwaben auch noch in den Genuss des Anblicks von Bodensee und den Gipfeln der Alpen in der Schweiz.
Reise nach Oberschwaben: Ein Abend im Spa
Am späten Nachmittag fahren wir ins etwa 60 Kilometer weiter nördlich gelegene Biberach an der Riß. Den Abend verbringen wir im Jordanbad, einem großzügigen Wellness-Komplex mit Sauna und geräumigem Außenbecken. Das Spa gehört zum Parkhotel Jordan, das mit ultramodernen Zimmern überrascht und dessen im Namen erwähnter Park mit altem Baumbestand erfreut.
Die Stadt selbst erkunden wir erst am nächsten Tag unserer Reise nach Oberschwaben. Zuerst schlendern wir durch den ruhigen Teil im Westen der Altstadt, wo wir auf ein Ensemble aus bemerkenswert hohen und gut erhaltenen Fachwerkhäusern stoßen. Doch als wir uns dem übersichtlichen Stadtpark nähern, entdecken wir auch hier wieder einen Turm. Der strahlend weiße Rundbau ist stolze 41 Meter hoch und hört bis heute auf den schlichten Namen Weißer Turm.
Der weiße Turm von Biberach: Sieg über die schwäbische Sparsamkeit
Nach seiner Vollendung 1484 diente er zunächst als Gefängnis. Die Einheimischen aber wissen, dass sein Bau eigentlich völlig überflüssig war. Demnach sind die Biberacher Ende des 15. Jahrhunderts sehr reich gewesen, weil hier im große Stile Barchent produziert wurde.
Das Mischgewebe aus Flachs und Baumwolle war noch weit jenseits der Alpen ein begehrtes Material zur Herstellung von Kleidung. Als die ebenfalls nicht arme Stadt Ravensburg immer höhere Türme errichtete, konnten die stolzen Biberacher sich nicht einhalten. Sie überwanden die sprichwörtliche Sparsamkeit der Schwaben und leisteten sich einen prunkvollen Turm, der ihren Wohlstand angemessen zum Ausdruck brachte.
Ein Muss in Oberschwaben: Maultaschen
Später an diesem sonnigen Samstagvormittag im September zeigt sich allerdings, dass Biberach (32 000 Einwohner) diese Form von Angeberei nicht nötig hat. Es ist Markttag und die üppig mit Blumen verzierte Stadt in Baden-Württemberg brummt.
Als wir an einem Stand mit Maultaschen vorbeikommen, ist es um uns geschehen. Wir beschließen, dass wir das ultimative schwäbische Comfort Food essen müssen – und zwar sofort. Im nahen Restaurant Ente werden wir fündig.
Ravensburg: Eine ganze Skyline aus Türmen
Bliebe noch jene Stadt, der die Biberacher einst nachgeeifert haben. Ravensburg liegt rund 50 Kilometer weiter südlich in Richtung Bodensee – und somit nicht weit entfernt von Österreich und der Schweiz. Wie wir bald nach unserer Ankunft merken, wimmelt es dort geradezu vor Türmen. Die 50 000-Einwohnerstadt zählt nicht weniger als 17 mittelalterliche Giganten, die sich überwiegend an strategisch wichtigen Punkten der Stadtmauer befinden.
Der bekannteste ist der Mehlsack, der seinen rustikalen Namen dem mehlweißen Anstrich verdankt. Das 1425 vollendete Bauwerk ist 51 Meter hoch und verrät somit, dass die Biberacher trotz ihres Ehrgeizes nicht ganz mit dem älteren und größeren Rivalen mithalten konnte. Wo die anderen Ravensburger Türme stehen, hoffen wir von der Aussichtsplattform des ebenfalls 51 Meter hohen Blaserturms zu sehen, der sich nach diversen Stadterweiterungen heute mitten in der City befindet.
Die Türme von Ravensburg: Glocken und Gefängnisse
Nach 212 Stufen fällt unser Blick auf rotgeziegelte Dächer und die verwinkelte Altstadt. In der Ferne erblicken wir zudem die Veitsburg, die sich an einen Hang schmiegt. Vor gut 1000 Jahren wurde sie als Ravensburg errichtet, um der Siedlung, die zu ihren Füßen immer rascher prosperierte, ihren Namen zu vermachen.
Kurz darauf fällt unser Blick auf den Mehlsack und das etwas versetzt stehende Obertor. Der 42 Meter hohe Massivbau hat eine makabre Vergangenheit, denn früher läuteten seine Glocken bei Hinrichtungen. Nicht viel besser ist der Grüne Turm, der gleichfalls auf eine Vergangenheit als Gefängnis zurückblickt.
Auf geradem Weg zurück nach Wangen im Allgäu
Nur Wangen können wir nicht am Horizont ausmachen, obwohl die Nachbarstadt Luftlinie nur 20 Kilometer entfernt ist. Dafür erfahren wir später, dass das dortige Frauentor noch einen zweiten Namen hat: Ravensburger Tor, weil die Straße auf fast geradem Weg dorthin führt. So schließt sich der Kreis doch noch.
Informationen zur Reise nach Oberschwaben
In Wangen lockt die Stadtführung »Von Gaunern, Galgenvögeln & Gefahren«. Diese kannst du über das Tourismusbüro buchen. Gutes Essen wartet im Restaurant Fidelis 1505 (fidelis1505.de), das Hotel Mohren Post (hotel-mohren-post.de) hat angenehme Zimmer. Ganz in der Nähe befindet sich Schloss Waldburg.
Mit den Geheimnissen von Biberach an der Riß (hier geht es zur Homepage) macht dich die mittelalterliche Schauspielführung »We(i)berg’schichten anno 1533« vertraut, Termine über das Tourismusbüro. Das Parkhotel Jordanbad (jordanbad-parkhotel.de) verfügt über moderne Zimmer und eine luxuriöse Wellness-Anlage. Formidable Maultaschen gibt es im Restaurant Ente (restaurant-ente.de).
In Ravensburg solltest du so viele Türme wie eben möglich erklimmen. Details auf der Homepage.
Für allgemeine Informationen über die Region schaust du am besten auf die Webseite des Tourismusbüros Oberschwabens.
Text und Bilder zur Reise nach Oberschwaben: Ralf Johnen, August 2022. Der Autor war auf Einladung der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg in Oberschwaben.
Leave A Reply