Manhattan per Schiff zu umrunden, ist eine gute Sache. Die Circle Line fährt nicht nur zu diversen Highlights wie der Freiheitsstatue, sondern erlaubt auch eine Auszeit vom anstrengenden Stadturlaub.
Auch als die Beine schwer und die Füße voller Blasen waren, konnte ich mich in New York unmöglich ins Hotel begeben. Also habe ich mich mit letzter Kraft zum Pier 83 an der Westseite von Midtown geschleppt, um Manhattan per Schiff zu umrunden.
Den martialischen Flugzeugträger USS Intrepid habe ich ignoriert, die daneben postierte Concorde der British Airways nur aus den Augenwinkeln wahrgenommen. Testostorongeladenes Imponiergehabe. Bevor ich mir an diesem Mai-Abend um 19 Uhr einen Premiumplatz an Deck sichere, checke ich erstmal, ob sie in der nach Schiffsdiesel riechenden Kantine etwas anderes außer Softdrinks verkaufen.
Die Harbour Lights Cruise der Circle Line
Und siehe da: Es gibt Bier, Stella Artois, zum Preis von 7,50 Dollar pro 0,33 Liter-Flasche. Und das, obwohl sich auch Kinder an Bord befinden. Amerika ist halt doch noch das »land of the free«. Mit einer – in einen Plastikbecher umgefüllten – Biereinheit lasse ich mich nieder. Das Licht ist perfekt. Als das Boot der Circle Line zu seiner zweistündigen »Harbor Lights Cruise« ablegt.
Ein Typ füttert auf recht unterhaltsame Weise eine Flüstertüte. Wir sehen das Empire State Building, auf dem ich als Neunjähriger gestanden habe. Es überragt die unzähligen Vertikalbauten. Es folgt das Standard High Line Hotel, das dem International Style täuschend echt nachempfunden ist.
Manhattan per Schiff: Blick auf World Trade Center
Bald nähern wir uns der Südspitze Manhattans, wo die Twin Towers des World Trade Center gestanden haben. Das Substitut aus dem Atelier von Daniel Libeskind ist längst fertig. Anfangs habe ich es für geschmäcklerisch gehalten, doch inzwischen habe ich mich – wie viele andere – daran gewöhnt.
Zur Vollendung des Foto-Moments segelt vor der Kulisse der Schooner Adirondack in Gegenrichtung vorbei.
Ein Blick ins Land der Sopranos
Der Mann mit der Flüstertüte rappt weiter vor sich hin: »Have a look at New Jersey.« Das Sopranos-Land am anderen Ufer des Hudson River. Als sich die Apotheose nähert und wir nach Westen blicken, ist die Lichtsetzung nochmals melodramatischer.
Im Gegenlicht erscheint die Freiheitsstatue als zweidimensionale Silhouette. Auch hier bleibt der Segelmoment nicht aus. Auch der Quatscher schweigt ergriffen.
Manhattan per Schiff: Blick auf die Brooklyn Bridge
Wir umrunden Cape Manhattan. Mittlerweile ist das Oberdeck verlassen, was ich zum vermutlich illegalen Zigarettenkonsum nutze. Civil disobediance. Bald fällt mein Blick auf die Banekntürme der Wall Street.
Über dem East River ist die Dämmerung bereits weit fortgeschritten. Die Brooklyn Bridge und die – elegantere – Manhattan Bridge bleiben majestätisch. Weil ich mich an Bord eigentlich ausruhen wollte, beschließe ich, die Rückfahrt im Sitzen zu absolvieren. Nur dieser Schuss vom Empire State mit dem Chrysler Building (r.) ist noch drin.
Informationen zur Circle Line in Manhattan
Die Boote der Circle Line legen am Pier 83 an der Westseite von Midtown Manhattan ab (42. Straße). Die Schiffe fahren danz oder halb um Manhattan herum, außerdem werden Fahrten zur Freiheitsstatue und eben die Harbour Lights Cruise angeboten.
Die Abendrundfahrt kostet 35 Dollar, sie ist aber auch im New York Pass enthalten (verschiedene Pakete). Die Abfahrtszeiten in New York variieren je nach Jahreszeit.
Text und Bilder: Ralf Johnen, zuletzt aktualisiert im August 2022. Der Autor war privat in New York, hat aber den New York Pass vom Tourismusbüro der Stadt New York zur Verfügung gestellt bekommen.
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