Von 1949 bis 1990 war Bonn Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesregierung lenkte ihre Geschäfte bis 1999 vom Rhein. Bonn hat seine Rolle auf sympathische Weise angenommen. Die Stadt galt als liebenswert und lebenswert, aber auch als leise, bescheiden und freundlich. So wie es der Rest der Welt erwartete.

Sunny side up: bei entsprechendem Selbstbewusstsein könnte Bonn ganz schön was aus sich machen
Doch ehrlich ist ehrlich: Auch wenn Politiker, Diplomaten, Beamte und Journalisten sich in Bonn fast alle wohlfühlten, so galt die Stadt am Rhein doch auch als ziemlich verschlafen. Zwar wird die Bundesstadt, wie sie sich heute stolz nennt, nie mit Paris, London oder auch nur Brüssel oder Amsterdam vergleichbar sein. Doch Bonn hat sich gemacht. Autor Ralf Johnen muss es wissen, denn er ist in Bonn aufgewachsen.

Prächtig zu jeder Uhrzeit: die Poppelsdorfer Allee in Bonn
Tag 1: 12 Uhr Ankunft am Hauptbahnhof
Der gerade mit viel Aufwand modernisierte Bahnhof ist für eine Stadt mit fast 350 000 Einwohnern klein. Uns erinnert er mehr an eine Modelleisenbahn denn an eine Großstadt. Eine charmante Fußnote.
13 Uhr: Beethovenhaus mit Dienst-Bratsche
Bonn mag mehrere bekannte Menschen hervorgebracht haben. Niemand aber kann es Ludwig van Beethoven (1770–1829) aufnehmen. Sein Geburtshaus in der Bonngasse steht denn auch oben auf der Bucket List fast aller Besucher. Das Haus atmet Geschichte. Dank des behutsam erhaltenen Ambientes.

Fußgängerampel mit grünem Licht und dem Konterfei Ludwig van Beethovens in Bonn
Noch mehr aber wegen der mehr als 100 Exponate, die eng mit dem Komponisten in Verbindung stehen. Darunter Beethovens letzter Flügel und das berühmte Porträt von Joseph Karl Stieler. Das Gemälde hat auch Andy Warhol für seine Adaptionen verwendet. Es hat wesentlich zum Gegenwartsbild Beethovens beigetragen. Sehr gut gefällt uns auch seine Dienst-Bratsche – und sei es nur wegen des extravaganten Wortes. beethoven.de

Unscheinbar: das Beethovenhaus
14.30 Uhr: Bummel durch die Innenstadt
Die Bonner Innenstadt ist überschaubar. Vom Beethovenhaus schlendern wir die Bonngasse hinauf zum Marktplatz, der in Bonn immer noch seine ursprüngliche Funktion ausübt. Am Südende ruht das historische Rathaus. Auf dessen Treppen haben fast alle namhaften Politiker und Staatschefs der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in die Kameras gewinkt.

Doppelt hält besser: die Rheinaue hat einen links- und einen rechtsrheinischen Teil
Am Nordende des Marktplatzes nimmt die Sternstraße ihren Lauf, die mit ihren zwei- bis dreistöckigen Häuschen an vergangene Zeiten erinnert.
16.30: Uhr Botanischer Garten
Wir freuen uns auf die Poppelsdorfer Allee. Die Prachtstraße führt vom Bahnhof zum Poppelsdorfer Schloss. Das gesamte Ensemble stammt aus der Zeit der Kurfürsten. Neben dem Schloss, das überwiegend von der Universität genutzt wird, lockt der Botanische Garten. Der alte Baumbestand des Hortus bürgt für schattige Plätzchen. Perfekt zum Lesen und Chillen. Vor dem Schloss bittet das Café Nees zu Tisch.

Ein Muss während der 48 Stunden in Bonn: Poppelsdorf
17.30: Uhr Südstadt
Die Bonner Südstadt wird bis heute nicht als klassische Sehenswürdigkeit gelistet. Dabei besitzt das auf der Westseite der Bahnlinie gelegene Viertel eine Qualität, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die Südstadt beherbergt eines der größten zusammenhängenden Ensembles von Gründerzeithäusern in ganz Deutschland.

Keine offiziell anerkannte Sehenswürdigkeit, aber eine von Bonns Hauptattraktionen: die Südstadt
Eine schöne Route führt durch den Venusbergweg links in die Schlossstraße, dann rechts in die Argelanderstraße, wieder nach rechts in die Blücherstraße und nochmal rechts durch den Jagdweg in die Kurfürstenstraße. Es ist ein schwelgerischer Spaziergang. Leider ohne ein öffentlich zugängliches Musterhaus, das Einblick in das Leben gewährt, wie es sich in den mit vielen Jugendstildetails verzierten Bauten abspielt.
19 Uhr: Biergarten am Alten Zoll
Für viele der schönste Ort der Stadt: Wer einen Platz unter der mächtigen Platane findet, blickt auf den Rhein, das ehemalige Regierungsviertel und das dahinter liegende Siebengebirge. Das Bier kommt meist zügig vom Fass. Die Küche allerdings ist nicht für kulinarische Sternstunden bekannt.

Der Blick vom Alten Zoll in Bonn fällt auf den Rhein, das Regierungsviertel und das Siebengebirge
20.30 Uhr: Abendessen auf Südafrikanisch
Nur ein paar Schritte entfernt, essen wir bei Protea zu Abend. Gute Küche nach südafrikanischem Vorbild mit Weinen aus ebendiesem Land.

Kulisse für einen schwelgerischen Spaziergang: Kopflinden am Rheinufer in Bonn-Beuel
Tag 2 der 48 Stunden in Bonn: 9.30 Uhr Rhein
Wir laufen zum Rheinufer. Hier steht uns ein klassischer Spaziergang bevor. Auf dem von Kopflinden gesäumten Uferweg bewegen wir uns in Richtung Süden. Dabei haben wir die Bonner Skyline im Blick. Die besteht im Wesentlichen aus dem Post-Tower von Helmut Jahn und dem Langen Eugen, der früher als Abgeordnetenhochhaus bekannt war.

Die Skyline von Bonn: Post-Tower mit Langem Eugen
11 Uhr: Das ehemalige Regierungsviertel von Bonn
Als wir im Regierungsviertel ankommen, beschleicht uns eine unausweichliche Nostalgie. Diese wird vom Weg der Demokratie weiter beflügelt. Dabei handelt es sich um eine Wanderstrecke, die an den vielen Wirkungsstätten der Bonner Republik vorbeiführt.
Villa Hammerschmidt, Wasserwerk, Plenarsaal, Palais Schaumburg und noch Dutzend weitere. Vor Ort klären Schautafeln über die Bedeutung der Bauten auf. Wir sind so darin versunken, dass wir jeden Moment damit rechnen, die wuchtige Silhouette Helmut Kohls zu erblicken.

Ruderboot vor dem Kameha Hotel im Bonner Rheinbogen
13.30 Uhr: Haus der Geschichte
Krönender Abschluss der nostalgischen Stunden ist der Besuch im Haus der Geschichte (hdg.de). Das Museum für Zeitgeschichte dokumentiert die jüngere Historie der Republik auf lehrreiche und unterhaltsame Weise. Adenauers Mercedes findet darin ebenso Platz wie ein Trabant aus der DDR. Willy Brandts Nobelpreisurkunde duldet eine Dokumentation über den Fernsehdauerbrenner Lindenstraße.
15 Uhr: Bonner Bogen
Vom Haus der Geschichten nehmen wir die Linie 66 (ja, Bonn hat eine U-Bahn!) nach Ramersdorf. Von dort gehen wir zum gelungensten städtebaulichen Projekt der jüngeren Vergangenheit, dem Bonner Bogen. Auf einem ehemaligen Fabrikgelände buhlen in bester Lage auffällige Neubauten um Aufmerksamkeit.

Abensdstimmung über dem Rhein in Bonn mit Kennedybrücke und Oper
Allen voran das durchaus schrille Kameha Hotel (kamehabonn.de), das mit dem Yunico das beste japanische Restaurant weit und breit beherbergt. Wir entscheiden uns für einen Snack in der bodenständigeren Rohmühle (rohmuehle.com). Die Küchenleistung kann leider nicht mit dem Ausblick mithalten.
16.25 Uhr: An Bord der Moby Dick
Nun freuen wir uns auf das nächste Highlight. Das walfischförmige Ausflugsboot Moby Dick (mobydick-bonn.de) bringt uns ab dem Haltepunkt Bonner Bogen nach Königswinter, wo wir einen Moment damit liebäugeln, den Drachenfels zu erklimmen. Letztlich aber bleiben wir an Bord, denn das Boot nimmt postwendend Kurs auf den Alten Zoll, wo wir um 18 Uhr eintreffen.
18.15 Uhr: Biergarten Schänzchen
Den gemütlichen Teil des Tages leiten wir diesmal im Biergarten Schänzchen ein. Hier fließt bajuwarischer Gerstensaft in Halbliterkrügen aus dem Zapfhahn. Nach einem Durstlöscher bewegen wir uns hinüber in die nahe Altstadt.

Ausblick vom Venusberg: Das Siebengebirge baut sich hinter Bonn auf
19.30 Uhr: Die Bonner Altstadt
Manche Dinge hätten wir nicht erwarten, als wir in Bonn aufgewachsen sind. Der Umzug der Bundesregierung aber schien immer noch deutlich wahrscheinlicher als der Aufstieg der Altstadt zu einer Top-Attraktion für Asiaten. Zwar werden die Straßen des früher durch und durch studentischen Viertels schon lange von Kirschbäumen flankiert.
Doch erst seit Anbruch des Social-Media-Zeitalters fliegen massenweise Asiaten ein, um Zeuge dieses Schauspiels zu sein. Immer dann werden Heer-, Max- und Breite Straße zu Blossom Streets. In den 50 Wochen pro Jahr, in denen die Bäume keine zartrosa Blüten tragen, geht es etwas beschaulicher zu.
20.30 Uhr: Abendessen im Strandhaus
Im Strandhaus dinieren wir vorzüglich. Es ist das vielleicht beste Restaurant der Kategorie »gehoben aber ungezwungen«. Gekocht wird auf kreative Weise neudeutsch mit ein paar asiatischen und mediterranen Einflüssen.

Alte Wirkungsstätte des Autors: die Punkrock-Kneipe Bla in Bonn
22.30 Uhr: Absacker im Bla Bla
Das Nachtleben ist wohl auch heute noch nicht die größte Stärke Bonns. Köln ist in dieser Hinsicht einfach übermächtig. Dennoch freuen wir uns auf einen Absacker in einer Punkrock-Institution: dem Bla (bla-bonn.de/). Früher haben wir in dichtem Zigarettenrauch weite Teile unserer Nächte hier verbracht.
Aber das ist eine andere Geschichte. Deutlich folkloristischer ist das Brauhaus Bönnsch (boennsch.de), das sich mit seiner eigenen Interpretation des Kölsch einen Namen gemacht hat.

Bilder im August-Macke-Haus in Bonn, wo der Maler vier Jahre seines viel zu kurzen Lebens verbracht hat
Tag 3 der 48 Stunden in Bonn: 11 Uhr, August-Macke-Haus
Vor der Abreise haben wir noch Zeit für ein Museum. Die Bundeskunsthalle (bundeskunsthalle.de) ist für Blockbuster-Ausstellungen von der Frühgeschichte über Mode bis zu Gegenwartskunst bekannt. Und das Museum König (zfmk.de) ist ein Ausstellungshaus für historische Zoologie, das seinesgleichen sucht in Deutschland.
Heute lassen wir beide zugunsten des August-Macke-Hauses (august-macke-haus.de) aus. Das seit einigen Jahren mit einem Anbau ausgestattete Haus widmet sich dem Werk des Expressionisten (1887–1914), der vier Jahre seines viel zu kurzen Lebens in Bonn verbracht hat.

Stillleben im Beueler Teil der Rheinaue
Informationen über 48 Stunden in Bonn
Wir haben das Programm für ein moderates Reisebudget zusammengestellt. Mit allen Eintrittsgeldern und Mahlzeiten kommt man mit weniger als 200 Euro pro Person aus. Unter Umständen kann es günstiger sein, die Bonn-Card zu kaufen. Besitzer der Karte erhalten Ermäßigungen auf Eintritt, Attraktionen sowie freie Fahrt im Nahverkehr (visit-bonn-region.de).
Kosten für Hotels und Anreise sind nicht im Preis inbegriffen.

Nicht die Alpen und die Pyrenäen, sondern der Petersberg bestimmt den Radparcours in Bonn
Übernachten in Bonn
Luxuriös und abgefahren: Kameha Bonn
Hip und ungewöhnlich: Basecamp (basecamp-bonn.de/zimmer-hotel-bonn/wohnwagen-hotel-bonn)
Elegantes und familiär: Blues & Chutney (bluesandchutneybonn.com/our-rooms/)
Charmant und gut gelegen: Hotel Collegium Leoninum (leoninum-bonn.de/zimmer.html)
Weitere Informationen
Schau auf die Webseite der Region Bonn Rhein-Sieg (bonn-region.de) und auf die Seite von Tourismus NRW.
Text und Fotos: Ralf Johnen, August 2025
Leave A Reply