48 Stunden in Porto sind nicht viel Zeit. Doch Stadt, Strand, Lebensfreude und Kulinaria können an drei Tagen gut unter einen Hut gebracht werden.
48 Stunden in Porto
Tag 1, 15 Uhr: Ein futuristischer, blitzblank geputzter und erstaunlich schwer bewachter Nahverkehrszug (2,70 Euro) bringt uns in die Nähe unseres Hotels. Auch in der Innenstadt von Porto riecht es nach Meer. Aber noch überwiegt die Tristesse iberischer Vorstädte.
16 Uhr: Wir schreiten durch den typischen Nieselregen der Costa Verde in Richtung Stadtzentrum und wundern uns über eine Ursprünglichkeit, von der wir dachten, dass sie nur in Wim Wenders-Filmen vorkommen würde. Fast schon angeberisch verfallene Stadtbehausungen aus vergangenen Jahrhunderten. Dazu grobes Pflaster auf steil herabfallenden Straßen und archaisch aussehende Menschen. Dazwischen vereinzelte Hilferufe zeitgenössischer Architekten und Designer.
17 Uhr: Durch Zufall stolpern wir in der Rua das Carmelitas (Hausnummer 144) in eine Buchhandlung namens Lello & Irmão. Das Art-déco-Juwel stammt aus dem Jahr 1906. Wahrscheinlich können sich nur wenige Geschäfte mit der aufwändig ornamentierten Inneneinrichtung messen – und mit seinem Ruhm. Joanne K. Rowling hat lange in Porto gelebt und die Formensprache von Lello & Irmão für ihre Fantasiewelten adaptiert.
Das Resultat ist ein ungeahnter Ansturm von Fans. Dieser hat zu dem Kuriosum geführt, dass die Buchhandlung nun ein Eintrittsgeld erhebt.
Blätterteigdiät in Porto
Weil es immer noch regnet, starten wir mit ein paar Pasteis de Nata unsere Blätterteigdiät. Die mit Pudding gefüllten Gebäckspezialitäten gehören zum Standardprogramm eines jeden Besuchs in Portugal.
18 Uhr: Die Häuser werden immer schmaler, höher und besser restauriert. Wir gehen davon aus, dass wir uns jetzt in der zum Unesco-Weltkulturerbe zählenden Altstadt befinden. In den oberen Gefilden wohlgemerkt, denn ehe wir uns versehen, stehen wir uns auf dem Wahrzeichen der Stadt. Das ist natürlich die Eisendoppelbrücke über den Douro, die nach König Luis I. benannt ist.
Hier oben weht es kräftig, und als eine der unwirklich fortschrittlichen Bahnen vorbeirollt, schlägt das Gedächtnis Alarm. Vor nicht allzu langer Zeit galt das Bauwerk als einsturzgefährdet. Der Blick auf die Uferpromenade (»Ribeira«) verschlägt einem zusätzlich den Atem.
19 Uhr: Nach etlichen Höhenmetern beschließen wir in Vila Nova de Gaia, dass es höchste Zeit dafür ist, mit dem flüssigen Wahrzeichen der Stadt Bekanntschaft zu machen. Die Suche nach einer adäquaten Anlaufstelle gestaltet sich nicht schwierig. Auf der »Schäl Sick« des Douro haben sich einst die Portweinproduzenten niedergelassen, weil sie hier keine Steuern abdrücken mussten.
48 Stunden in Porto: Weinprobe
Wir entscheiden uns für eine Visite im Lokal der Firma Barros, wo wir zunächst einen »Late Bottle Vintage« aus dem Jahr 2000 probieren. Anschließend bestellen wir einen Jahrgangs-Tawny (»Colheita«) von 1996. Die zahlreichen Keller bieten für jeden Geldbeutel etwas. Für ein Glas Massenware zahlt man keine zwei Euro, eine Flasche aus den besten Jahrgängen kostet leicht mehrere Hundert Euro.
20 Uhr. Einige Schritte weiter ist ein Festzelt von beträchtlichen Ausmaßen aufgebaut. Mit einem formidablen Blick auf die Altstadt feiern die Einheimischen hier gerade ihre Küche: Tintenfisch, Jakobsmuscheln und Gambas. Dazu probt auf einer Open-Air-Bühne eine Mosher-Band mit mediterranem Zungenschlag.
Die Francesinha: Portos kulinarischer Superstar
21.30 Uhr. Langsam bekommen wir richtigen Hunger. Wieder auf der anderen Seite des Douro ächzen wir die Rua de Belamonte, eine Vorzeigestraße, hinauf. In einem kleinen Lokal mit Wohnzimmeratmosphäre in einer noch steileren Nebenstraße ist ein Tisch für zwei frei. Hier bekommen wir Bohnensuppe mit Spinat (»Caldo Verde«) und frischen Steinbeißer mit Kartoffeln. Am abenteuerlichsten ist die Franceshina, Portos Antwort auf den Hamburger. Inklusive eines vollmundigen Tafelweins, Espresso und einem Flan zahlen wir bei »Taipas i Feijao« den prähistorischen Preis von 22,90 Euro. Für zwei Personen.
00.30 Uhr. Ein kleiner Absacker auf der Fonte de Praca de Ribeira. Während die Einheimischen langsam erwachen, sind die Touristen müde. Diese Stadt ist nicht nur schön, sondern auch anstrengend.
Tag 2 der 48 Stunden in Porto
11.30 Uhr: Nach dem Frühstück besuchen wir die Via Caterina, Portos Shopping-Meile. Hier bestätigt sich der bei einer früheren Reise entstandene Verdacht, dass die Portugiesen auch gute Amerikaner wären. Inmitten der alten Bausubstanz steht eine veritable Shopping-Mall, in deren oberstem Geschoss touristenfreundliche Imitate der eigenen Denkmäler aufwarten.
12.45 Uhr: Wir betreten die Balhão, einen gigantischen Markt, wo das Obst und Gemüse so aussieht, als käme alles aus ökologischem Anbau. Der Bau ist frisch renoviert, wodurch er etwas von seinem archaischen Charme verloren hat. Doch überall hängen lecker aussehende Würste. In den Feinkostläden der nahen Rua Formesa ist all das noch ein wenig hübscher präsentiert.
14 Uhr: Zwischenstopp im »Majestic Café«, einem jener Grand-Cafés im Jugendstil, das jede iberische Stadt, die etwas auf sich hält, hegt und pflegt. Angeblich werden diese Orte des Müßiggangs immer von Philosophen, Schriftstellern und Politikern frequentiert. In Wahrheit aber sitzen hier nur Touristen, um die Boulevardzeitungen in ihren jeweiligen Landessprachen zu studieren. Schön ist es trotzdem.
Fahrt nach Foz
15 Uhr: Die Buslinie 500 bringt uns in etwa 20 Minuten in den Küstenvorort Foz. Auf den schroffen Felsen haben sich in hippen Bungalows Strandbars angesiedelt. Hier kann man in Liegestühlen das endlose Spiel der Brandung bewundern und sich dazu mit Chillout-Musik berieseln lassen. Eine Versuchung, der schwierig zu widerstehen ist.
19.30 Uhr. Leicht widerwillig nehmen wir den Bus zurück in die Stadt. Nach einem Nickerchen beginnt der Magen zu knurren. Aus Chronistenpflicht entscheiden wir uns diesmal für ein reich dekoriertes Restaurant in der Ribeira.
Tatsächlich erhalten wir im D.Tonho (Cais de Ribeira) einen der wenigen Tische mit Blick auf die ehrwüdige Doppelbrücke. Wir essen Muscheln mit Koriander, Zicklein und Bacalhao, das Nationalgericht der Portugiesen (getrockneter Kabeljau). Allein der Wein mit dem epischen Namen »Casa de Casal de Loivas« von Cristiano van Zeller, einem der progressiven Winzer an den Ufern des Douro, ist den Besuch wert. Das Ganze hat mit 150 Euro für zwei Personen seinen Preis, ist aber nicht notwendigerweise als Touristenfalle zu werten.
48 Stunden in Porto: Tag 3
10.30 Uhr. Kurze Besuche weiterer Monumente: Die mit den typischen blauen Kachelmosaiken (»Azulejos«) verzierte Halle des Bahnhofs São Bento und die pompöse Börse.
Danach geht es mit dem Funicular, einer Zahnradbahn, die die hoch gelegenen Stadtteile mit dem Douro-Ufer verbindet (2,70 Euro), zum fußgängerfreundlichen Entspannungsprogramm.
12 Uhr. Endlich eine Bootsfahrt auf dem Douro. In knapp 60 Minuten passieren wir alle ganz entspannt sechs Brücken, auch das eingleisige Eisenbahnbauwerk von Gustave Eiffel (Abfahrt überall am Fluss, 15 Euro).
Die Casa da Musica von Rem Koolhaas
Abermals reihen sich faszinierende Ansichten dieser prächtigen Stadt aneinander. Inklusive ganzer Häuserreihen, die jeden Augenblick in den Fluss zu stürzen drohen.
14 Uhr. Bereits mit unserem Gepäck in der Hand schleppen wir uns zur Casa da Musica im Nordwesten der Stadt. Hier, am Praca de Mousinha de Albuquerque, hat der niederländische Architekt Rem Koolhaas mit seinem Konzerthaus ein Ausrufezeichen gesetzt.
Für die Besichtigung des Inneren reichen weder Zeit noch Kraft. Doch inmitten der provozierend futuristischen Fassade sehen wir abermals die traditionellen Azulejos. Anlässe für eine baldige Fortsetzung der Stadterkundung aber gibt es auch darüber hinaus in ausreichender Menge.
Informationen zu den 48 Stunden in Porto
In den Portweinkellereien in Vila Nova de Gaia sind fast alle namhaften Produzenten vertreten. Für wenige Euro können Besucher an Führungen und Verkostungen teilnehmen. Einen besonders guten Ruf genießen unter Kennern die Produkte aus dem Hause des innovativen Winzers Dirk van der Niepoort. Ebenfalls empfehlenswert: Das Haus Graham’s, das zur schottischen Symington-Group gehört.
Anreise: Zum Beispiel mit Lufthansa, Iberia oder Ryanair. Mietwagen werden bei einem Kurzbesuch nicht benötigt, das öffentliche Nahverkehrssystem ist gut. Vom Flughafen in die Stadt muss ein Ticket für vier oder fünf Zonen gelöst werden (ab 2,70 Euro). Die Taxipreise in Portugal sind moderat.
Verständigung: Die jungen Portugiesen sprechen fast durch die Bank gut Englisch. In vielen Restaurants liegen auch englischsprachige Speisekarten aus.
Meine Lieblingsunterkunft in Porto: Die Casa dos Guindais ist ein kleines Träumchen. Das Bed & Breakfast hat fünf Zimmer, einen herrlichen Garten und ist toll gelegen.
Text & Bilder zur Geschichte 48 Stunden in Porto: Ralf Johnen, November 2024. Der Autor war privat 48 Stunden in Porto. Wem Porto gefällt, der wird mit ziemlicher Sicherheit auch von Valparaiso in Chile begeistert sein.
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[…] über Portugal geschrieben. Schaut mal nach auf Portugal in Schwarzweiß oder fahrt mit ihm nach Porto, eine seiner ultimativen […]