Das Golden Rock Resort ist die erste Luxusunterkunft auf Sint Eustatius. Die auch als Statia bekannte Karibikinsel schien bis vor Kurzem von der Allgemeinheit vergessen. Auch dank eines geschichtsträchtigen Jubiläums könnte sich das bald ändern.

Besser geht es kaum: Pool vor dem zweithöchsten Gipfel im Königreich der Niederlande
Eine vergessene Insel in der Karibik? Ein Eiland ohne Superreiche, Massentourismus und Staus? Das klingt reichlich unwahrscheinlich für unsere Gegenwart. Doch auf Sint Eustatius ist dies Realität. Hier existieren weder Menschenmassen noch Hochhäuser.

Augenweide inmitten üppiger Vegetation: der Pool des Golden Rock Resort
Sint Eustatius: 21 Quadratkilometer Abgeschiedenheit
Sint Eustatius ist Luftlinie gut 60 Kilometer vom ungleich bekannteren Sint Maarten entfernt. Jene Karibikinsel also, die über einen niederländischen und einen französischen Teil verfügt und die täglich von KLM oder Air France angeflogen wird, was für einen regelmäßigen Zustrom europäischer Touristen bürgt.

Anflug auf Sint Eustatius
Die rund 3200 Einwohner von Sint Eustatius hingegen leben auf ihrer 21 Quadratkilometer großen Insel in aller Abgeschiedenheit. Stress ist ein Fremdwort. Zeit spielt eine untergeordnete Rolle. Und es gibt nicht eine einzige Ampel. All das macht die Insel zu einem besonderen Flecken Erde.

Maschine von Winair auf dem Flugplatz von Sint Eustatius
Wer Sint Eustatius besuchen möchte, hat nur wenige Option. Eine davon ist ein Flug mit Winair. Die für ihre Verlässlichkeit bekannte Airline schickt zwei bis drei Mal täglich eine Propellermaschine mit 16 Plätzen von Sint Maarten herüber. Außerdem verkehrt an ausgesuchten Tagen die Fähre von Makana. Oder besser gesagt: sie soll verkehren, denn das altersschwache Wasserfahrzeug ist für seine Störungsanfälligkeit berüchtigt. Die Einheimischen zucken nur schicksalsergeben mit den Schultern, wenn sie von einer gecancelten Fahrt erfahren. Nach dem Motto: dann bleiben wir halt hier.

Auf dem Weg zur Empfangshalle des Flugplatzes von Sint Eustatius
Im Verbund mit den Niederlanden
Ein bis zwei Mal im Monat verirrt sich zudem ein kleines Kreuzfahrtschiff an die Küste von Sint Eustatius, das bis 2010 zu den Niederländischen Antillen gehörte. Seinerzeit hatten die Niederlande in Absprache mit den Überseeterritorien Aruba, Bonaire, Curacao, Sint Maarten, Saba und eben Sint Eustatius beschlossen, den Verbund in seiner bis dahin existierenden Form aufzulösen. Auf diese Weise sollte die unrühmliche Epoche des Kolonialismus in seiner ursprünglichen Form abgeschlossen und ein neues Zeitalter eingeleitet werden.

Im Zeichen des Leguans: das offizielle Inselnummernschild
Seitdem gehört Statia – wie die Einheimischen den Inselnamen stolz abkürzen – als sogenannte Besondere Gemeinde zum Königreich der Niederlande. Das klingt ein wenig nach altem Wein in neuen Schläuchen. Doch es bedeutet de facto, dass die Inselbewohner ihr Schicksal weitgehend in eigener Hand halten. Zu den ersten wegweisenden Entscheidungen gehörte die langsame Öffnung der Insel für den Tourismus. Vorzugsweise aber nicht um jeden Preis auf ökologisch verantwortbare Weise.

Abgelegene Insel? So sieht das Golden Rock Resort nicht aus jeder Perspektive aus
Das Golden Rock Resort: Pionier auf Sint Eustatius
Wie dieser aussehen kann, zeigt seit Ende 2021 das Golden Rock Resort. Die erste größere Unterkunft ist nach dem anderen Spitznamen benannt, den Statia in früheren Jahrhunderten getragen hat. Er bezieht sich auf den ruhenden Vulkan Quill, der mit 601 Metern der zweithöchste Gipfel im Königreich der Niederlande ist. Zwischen der Ostflanke des Vulkans und der Küste breitet sich das Golden Rock Resort aus.

Gehobene Faltkunst: Blick ins Schlafzimmer mit drittem Gast
Die Anlage ist spektakulär und verlangt in mehrerer Hinsicht nach Superlativen. Als wir das Resort nach einer kurzen Fahrt über eine mit vielen Schlaglöchern ausgestattete Straße erreichen, fällt uns zuerst die grandiose Lage zwischen Vulkan und dem tiefblauen Meer auf. Am Horizont können wir die Umrisse von Saint Barth und Sint Maarten erkennen. Saint Kitts mit dem 1156 Meter hohen Mount Liamuiga im Südosten sieht sogar zum Greifen nah aus. Alle Inseln gehören zu den sogenannten Leeward Islands, die für ihre zuweilen raue See berüchtigt sind, weil sie im Grenzgebiet von Karibischem Meer und Atlantik aus dem Wasser ragen.

Bevorzugte Unterkunft der Taucher: Villa mit Schaukel
Botanische Opulenz im Golden Rock Resort
Auch die unaufdringlich moderne Architektur der Wohneinheiten sagt uns zu. Doch der eigentliche Clou sind die Gartenanlagen: nicht weniger als 140 000 Pflanzen sorgen auf dem weitläufigen Areal für eine unwirklich anmutende botanische Opulenz. Hier Palmen und Bougainvillea, dort Hibiskus in verschiedenen Farben und auch mein tropisches Lieblingsgewächs: Frangipani.

Besser geht es kaum: Pool vor dem zweithöchsten Gipfel im Königreich der Niederlande
Die Pracht ist kein Zufall, denn Eigentümer des Golden Rock Resort auf Sint Eustatius ist Peter Barnhoorn. Gemeinsam mit seinem Vater hat der Niederländer in seinem früheren Leben mit einer in Kenia und Äthiopien ansässigen Rosenzucht ein Vermögen gemacht. Auch in Deutschland hat ein Großteil der Supermärkte seine Rosen von der Firma bezogen, an der Barnhoorn (Jahrgang 1973) mittlerweile nur noch Anteile hält.

Fest für die Sinne: blühender Frangipani
Nach dem Verkauf konzentriert sich Barnhoorn nun auf Investments. Darunter befand sich auch eine Hotelanlage auf Sint Eustatius, die ihm als Niederländer vielversprechend erschien, ohne dass er je einen Fuß auf die Insel gesetzt hatte. Doch die Pläne seiner Partner sollten nicht aufgehen. Wie Barnhoorn im Gespräch auf Sint Eustatius erklärt, hat er daraufhin kurzerhand beschlossen, die Entwicklung des Hotels in die eigenen Hände zu nehmen.
Eigentümer Peter Barnhoorn: vom Blumenmillionär zum Hotelier
So wurde der Blumenmillionär zum Hotelier. »Reiner Zufall«, wie er sagt. »Und ganz sicher nicht die Verwirklichung eines Traums, den ich mal als kleiner Junge gehabt habe«. Dessen ungeachtet, zeigt Barnhoorn eine eigene unternehmerische Handschrift. Wie er präzisiert, gingt es ihm vor allem darum, dem Öko-Tourismus auf Statia einen entscheidenden Anstoß zu geben. »Ich hätte auch eine Casino-Lizenz bekommen, aber das wollte ich nicht.« Stattdessen hat er auf eine Regenwassergewinnungsanlage gesetzt. Auf eigene Gewächshäuser, eine Hühnerfarm und Personal überwiegend von der Insel, deren zweitgrößter Arbeitgeber Barnhoorn seit der Resort-Eröffnung ist.

Inselidyll mit Segelboot
Für Besucher ist es vor allem die Abgeschiedenheit, die das Golden Rock Resort zu einem solch exklusiven Ziel macht. Wer hierhin kommt, sucht neben Komfort in aller Regel vor allem Ruhe – oder Abenteuer unter Wasser. Statia ist wegen seiner küstennahen Riffs und mehrerer fotogener Wracks ein Ziel, das bei Tauchern rasant beliebter wird. Weil das Eiland nur spärlich bewohnt ist, leidet das Meer kaum unter Umweltbeeinträchtigungen. Die Unterwasserwelt ist daher weitgehend intakt – ein Geheimtipp unter Tauchern, die sich im Golden Rock vorzugsweise in freistehenden Behausungen einquartieren.

Blick auf den Pool des Golden Rock Resort mit tropischer Vegetation
Keine Karibikstrände mit Palmen
Die eine populäre Möglichkeit zur Freizeitgestaltung auf Sint Eustatius wäre damit genannt. Die andere ist Wandern. Der Aufstieg zum Vulkan Quill im gleichnamigen Nationalpark ist ein kleines Abenteuer, das wir als Nichttaucher uns für unseren Aufenthalt vornehmen. Auch bietet sich am anderen Ende der Insel mit dem Boven ein zweiter erloschener Vulkan für Expeditionen an. Weitläufige Strände mit weißem Sand und Kokospalmen hingegen sucht man auf der Insel vergeblich. So bleibt neben den beiden Vulkanen vor allem der Hauptort Oranjestad – und der ist spätestens auf den zweiten Blick sehr interessant.

Der Flugplatz verweist auf ein wichtiges Ereignis der Inselgeschichte
So unauffällig Sint Eustatius heute daherkommt, so schillernd nämlich ist die Vergangenheit des Eilands. Niederländische Seefahrer haben die seinerzeit unbewohnte Insel schon 1636 für ihre Nation beansprucht. Was unschuldig begann, wuchs im 18. Jahrhundert schnell zum gewinnträchtigsten Standort der Westindischen Compagnie (WIC). Finsterer Hintergrund: Sint Eustatius wurde zu einer Durchgangsstation für afrikanische Sklaven.

Kreuzung mit Blumen und Palme in Oranjestad
Sint Eustatius: wichtig für die Geschichte der USA
Ein prosperierendes Geschäft, das ein rasches Bevölkerungswachstum nach sich gezogen hat. Schätzungen gehen davon aus, dass Statia damals mehr als 8000 ständige Bewohner hatte. Zusammen mit temporären Siedlungen lebten zeitweise mehr als 20 000 Menschen auf der Insel, die bald in weitere Aktivitäten von weltpolitischer Bedeutung verwickelt wurde.

Keine Ampeln, aber kuriose Schilder: Verkehrsregelung auf Sint Eustatius
Als die Amerikaner 1776 ihren Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten geführt haben, erhielten sie hierfür Waffen niederländischer Herkunft. Diese wurden ihnen über Sint Eustatius geliefert. Auf diese Weise konnten die Amerikaner eine Versorgungskette aufrechterhalten, die für den Sieg im Unabhängigkeitskrieg von entscheidender Bedeutung war. Doch damit nicht genug. Denn als das amerikanische Marineschiff »Andrew Doria« am 16. November 1776 unter neuer Flagge, der Grand Union Flag, in die Gallows Bay vor Sint Eustatius segelte, ereignete sich ein Vorfall von historischer Tragweite.

Alles ist orange in Oranjestad – zumindest verbal
Der First Salute auf Sint Eustatius
Vor der Küste der Verbündeten feuerte die Besatzung der »Andrew Doria« 13 Salutschüsse ab. Eine Ehrensalve als Dank für die Unterstützung – und das unter einer Flagge, der bis dato jedwede internationale Anerkennung versagt geblieben war. Im Auftrag von Gouverneur Johannes de Graaf hat die Besatzung von Fort Oranje rund um ihren Befehlshaber Abraham Ravené daraufhin ihrerseits elf Salutschüsse abgeben. Diese rituelle Handlung wird seitdem als erste offizielle Anerkennung der Vereinigten Staaten von Amerika durch den Gesandten eines anderen Staates gedeutet.

Luxus? Nicht überall auf Sint Eustatius – wie ein Blick auf das einstige Gasthaus des Gouverneurs zeigt
Ja, je länger das Ereignis zurücklag, umso wichtiger schien es zu werden. Die amerikanische Zuneigung zu Sint Eustatius erreichte 1939 ihren vorläufigen Höhepunkt. Damals fühlte sich Präsident Franklin Delano Roosevelt gar bemüßigt, das Eiland zu besuchen. Er überreichte den Verantwortlichen auf Statia eine Plakette mit staatstragendem Wortlaut: »Here the Sovereignity of the United States of America was first Formally Acknowledged to a National Vessel by a Foreign Official«.

Sehr vulkanisch: der Quill ist überall auf Sint Eustatius
Sint Eustatius im Rampenlicht?
Am Pool des Golden Rock Resort sinnieren wir später über die Bedeutung dieser Episode. Diese kleine, fast vergessene Insel also hat ihre Spuren in der Geschichte hinterlassen – und das nicht zu knapp. Wie unser Taxifahrer richtig angemerkt hat, jähren sich der Tag der amerikanische Unabhängigkeit und der Segeltörn der Andrew Doria 2026 zum 250. Mal. In diesem Bewusstsein hofft ein guter Teil der Bevölkerung von Sint Eustatius darauf, dass sich anlässlich des Festtages erneut der amerikanische Präsident auf dem Eiland einfinden wird. Auch der niederländische König Willem-Alexander soll am 16. November 2026 nach Statia kommen. Beide, so die berechtigte Vermutung, werden im Falle ihrer Anwesenheit die Augen der Weltöffentlichkeit auf die Insel lenken.

Das Design des Breeze kann es mit den Metropolen der Welt aufnehmen
Als wir in der Abenddämmerung durch die Gartenanlagen flanieren, beobachten wir vergnügt, wie sich Kolibris an den vielen Blüten laben. Ziel unseres Spaziergangs ist das Restaurant Breeze, wo wir auf der Terrasse Platz nehmen und den Ausblick über das Karibische Meer genießen. Wir bestellen Gerichte mit Hühnchen und Mahi Mahi, deren Zutaten fast alle von der Insel stammen.

Karibische Kulinarik: Jhonny Bread im Restaurant Breeze
Der zweithöchste Gipfel im Königreich der Niederlande
Beim Essen kreisen unsere Gedanken um einen möglichen Präsidentenbesuch, der dem Golden Rock Resort sicherlich nicht ungelegen käme. Denn obwohl die himmlische Ruhe eine der Kernqualitäten von Sint Eustatius ist, so gehört es auch zur Realität, dass fast alle anderen Destinationen in der Karibik deutlich besser an das internationale Verkehrsnetz angeschlossen sind. Sollte Statia sich abermals einen dauerhaften Platz auf der Karte erobern wollen, müsste sich die Anbindung spürbar verbessern.

Da geht’s lang: Guide David vor dem Nationalpark Quill
Am nächsten Morgen klingelt um 6 Uhr der Wecker. Wir haben uns vorgenommen, den zweithöchsten Gipfel im Königreich der Niederlande zu erklimmen. Das könnten wir im Grunde allein, den die Strecke zum Quill ist gut ausgeschildert. Doch schon nach wenigen Minuten sind wir froh, den Berg in Gesellschaft von David zu besteigen. Vor uns nämlich windet sich eine Schlange über den Weg. »Die ist harmlos«, so David, der in seiner Kindheit und Jugend fast täglich am Vulkan gespielt hat. Konkret handelt es sich um einen Red-bellied Racer, eine Natternart, die nur auf Sint Eustatius und Saba beheimatet ist.

Schilderwald im Nationalpark Quill
Giftiger Anstieg zum Vulkan Quill
Überhaupt, sagt David, gebe es auf der Insel keine giftigen Tiere, was einen unbeschwerten Umgang mit der Natur begünstige. Lediglich ein Bataillon überraschend schneller Landkrabben lässt sich auf dem Weg nach oben immer wieder blicken. Wie Schnecken tragen sie ihre gut getarnte Behausung mit sich herum. Auch diese aber schützt sie nicht vor David und seinen Kumpels, die sich etwas Geld hinzuverdienen, indem sie die Krabben sammeln und eimerweise verkaufen. Geschmacklich, meint er, stehen sie artverwandten Spezies aus dem Wasser in nichts nach.

Nur mit Seil: in Gipfelnähe hat der Quill seine Tücken
Auch der Anstieg ist zunächst eher geschmeidig als giftig. Doch das ändert sich, als wir den Kraterrand des nur schlafenden und keineswegs final erloschenen Vulkans erreichen. Hier müssen wir uns entscheiden. Steigen wir hinab in den Krater, was David wegen der dichten Vegetation eher langweilig findet? Oder klettern wir hinauf zum höchsten zugänglichen Punkt, was schon nach wenigen Metern abenteuerlich wird?

Blick vom Gipfel des Quill auf das Karibische Meer
Ausblick aus fast 500 Metern Höhe
Die Wahl fällt auf den Aufstieg. Dabei müssen wir fortan immer wieder die Hilfe von dicken Seilen in Anspruch nehmen, um die zunehmend unwägbare Strecke zu meistern. Erst nach knapp zwei Stunden Aufstieg kündet ein großes vom »End of Trail.« Mein Höhenmesser weist 498 Meter aus. Die Mission, auf niederländischem Territorium in neue Höhen vorzudringen (der Vaalser Berg bei Aachen ist lediglich 321 Meter hoch), ist gelungen.

Die Schlange Red Bellied Raser kommt nur auf Sint Eustatius und der Nachbarinsel Saba vor
Unsere Mühen werden mit einem gigantischen Ausblick belohnt. Neben dem sattblauen Meer und dem grünen Inselinnern gesellt sich am Nordwestkap der Insel auch ein Element hinzu, dessen Existenz wir so noch nicht bemerkt hatten. Gut hinter den Flanken des zweiten Inselvulkans Boven versteckt, erhebt sich eine ganze Batterie großformatiger Öltanks. Wie wir am folgenden Tag bei einer Erkundungstour durch Oranjestad erfahren, sind diese Gegenstand von Revolvergeschichten, die ganz gut zu Sint Eustatius bewegter Vergangenheit passen.

Die Ziegen auf der Insel scheinen diskussionsfreudig zu sein
Ausflug nach Oranjestad
Doch zunächst geht es rechtzeitig vor der Mittagshitze zurück ins Resort, wo wir im Breeze einen frühen Lunch zu uns nehmen, ehe wir ein wohlverdientes Nickerchen machen und den Rest des Tages mit unseren Büchern am Pool verbringen.

Stille Zeugen einer größeren Vergangenheit
Für unseren dritten und letzten Tag im Golden Rock Resort haben wir uns die Tour durch Oranjestad aufbewahrt. Ein zersiedelter Ort, der etwa 50 Meter über dem Meer auf einer Anhöhe liegt und der in weiten Teilen an Afrika erinnert. Hier ein buntes Haus, dort ein Palmenensemble, dann wieder eine verlassene Ruine. Eher renovierungsbedürftig als mondän.

Gekachelte Gräber auf dem Friedhof von Sint Eustatius
Relikte aus der Vergangenheit
Erst im Zentrum rund um das ehrwürdige Fort Oranje offenbart der Ort seine Geschichte. Wir besuchen einen Friedhof, auf dem zwischen den Gräbern Klivien gedeihen. Wir besuchen die Ruine einer Synagoge, vor der ein Schild an die einst florierende jüdische Gemeinde erinnert. Und natürlich besichtigen wir das ehrwürdige Fort, in dessen Hof ein riesiger Mangobaum Schatten spendet.

Als selbständige Gemeinde im Königreich der Niederlande feiert man auf Sint Eustatius Feiertage wie die Dodenherdenking
An anderer Stelle stehen ein paar Dutzend Stühle, ein Zelt, ein roter Teppich und die niederländische Flagge. Die Vorbereitungen für eine Festivität, die wir nicht auf Anhieb einordnen können. Unsere Nachfragen aber ergeben, dass die überwiegend dunkelhäutige Inselbevölkerung den niederländischen Bevrijdingsdag feiert, also die Befreiung des Mutterlandes von den deutschen Besatzern im Jahr 1945.

Blick durch das Fenster der Ruine einer Synagoge auf Sint Eustatius
Merkwürdig, wie sich die besetzte Insel mit ihren Besatzern solidarisiert, weil diese vor 80 Jahren von ihren eigenen Besatzern befreit wurden. Aber so ist das wohl in einer Welt, in der Geschichte immer auch folkloristische Züge trägt und in der Identitäten nicht mehr so einfach definierbar sind.

Schild zum Fort de Windt auf Sint Eustatius mit Blick auf die Nachbarinsel St. Kitts
Sint Eustatius: Immobilienboom am Horizont?
Als wir den Rundgang durch Oranjestad fortsetzen, treffen wir noch auf eine Auswanderin aus der Schweiz, die fernab der Alpen ihr Glück gefunden hat. Wir erfahren, dass passable Häuser mit Meerblick und Garten noch für etwas mehr als 200 000 Euro zu haben sind. Und wir hören gleich von mehreren Einheimischen, dass sie fest mit einer Entwicklung rechnen: demnach wird auch Sint Eustatius in den kommenden Jahren von den Schönen und Reichen aufgekauft und ein regelrechter Immobilienboom steht kurz bevor.

Die Insel ist auch in unserer Gegenwart noch immer spärlich bebaut
So richtig vorstellen können wir uns das nicht, als wir kurz darauf das Cool Corner betreten. An der Bar der Inselkneipe sitzen ein paar versprengte Gestalten, die an einem kühlen Carib nuckeln. Unter dem Ventilator, der träge seine Runden dreht, treffen Weltenbummler auf Tagediebe. Hier erkundigen wir uns ganz unschuldig nach den Öltanks im Nordwesten der Insel, mit denen jeder Inselbewohner schon mal in Berührung gekommen scheint.

Blick über das Golden Rock Resort in der abendlichen Sonne
Revolvergeschichten rund um das Erdölterminal
Nach gut einer Stunde wissen wir, dass es sich um eines der größten Erdölterminals in der gesamten Karibik handelt – inklusive der erforderlichen Anleger für Hochseetanker. Wichtigster Abnehmer sind Ölkonzerne in Florida, das von hier aus mit fossilen Brennstoffen südamerikanischer Herkunft versorgt wird. Wie mehrere Insulaner zu wissen glauben, haben hier stets auch Schiffe aus Venezuela angelegt, deren Ladung auf Statia kunstvoll umdeklariert wurde. Auf diese Weise sei das Ölembargo gegen den südamerikanischen Staat lange Zeit ausgehebelt worden. Daher habe ein US-Unternehmen die auf Sint Eustatius Anlage kurzerhand aufgekauft.

Hafenkontor mit Palme auf Sint Eustatius
Wir wundern uns allenfalls moderat über diese erneute Revolvergeschichte, deren Wahrheitsgehalt sich nur schwer überprüfen lässt. Die besagte Firma GTI Statia gehört einer Kapitalgesellschaft, zu deren Eigentümern sich die Spuren schneller verlieren als zu den Waffenlieferanten des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges.

Mangebaum auf Fort Oranje
Aufbruch in die Zukunft
Während uns am Abend im Breeze ein letzes Mal der karibische Abendwind um die Nase weht, lassen wir die Tage nochmals an uns vorbeiziehen. Wie das sieben mal drei Kilometer große Eiland in unserer Gegenwart offiziell kaum eine Rolle spielt. Doch wie leicht die unterhalb der Oberfläche lauernden Geschichten auszugraben sind. Wie Statia eine engere Verbindung zu den Niederlanden gewählt hat, als Sint Maarten, Curacao oder Aruba.

Hochseefischerboot im Hafen von Sint Eustatius
Und wie der Tourismus dank des Golden Rock Resort ein neues Level erreicht hat. All das, so unsere Schlussfolgerung, wird uns eines Tages zur Rückkehr bewegen. Schließlich sind wir mehr als neugierig, wie die Insel wohl in zehn Jahren aussehen wird.
Informationen über das Golden Rock Resort
Unterkunft: Das Golden Rock Resort verfügt über verschiedene Zimmerkategorien. Diese reichen vom Deluxe Ocean View Room (ab 225 USD pro Nacht) über die Villa Suite in einem freistehenden Haus (ab 440 USD) bis hin zur Golden Rock Suite (560 USD).

Avancierte Gartenarchitektur im Golden Rock Resort
Zum Resort gehören ein Spa, ein Fitness-Center, ein Tauchzentrum und zwei Pools. Außerdem bietet das Golden Rock Resort Ausflüge an, darunter Wanderungen (30 USD), Insel-Touren (USD) und Tauchgänge. Zum Resort gehört auch ein Übungsbecken.
Essen und Trinken: Auf dem Gelände befindet sich das ganzjährig geöffnete Restaurant Breeze. Auf der Karte stehen sowohl international populäre Gerichte wie Karibik-Klassiker. Die Zutaten stammen so weit wie möglich aus eigener Produktion. Qualität und Preise sind auf gutem europäischen Niveau, was angesichts der Insellage nicht leicht zu bewerkstelligen ist.

Gockel im Gewächshaus – im Golden Rock ein gewöhnlicher Anblick
Anreise nach Sint Eustatius
Wir sind mit KLM ab Schiphol geflogen. Die Airline bedient die Strecke von Amsterdam nach Sint Maarten fünf Mal pro Woche. Die Partnergesellschaft Air France ist die einzige andere Airline, die Sint Maarten von Europa aus nonstop bedient. Air France fliegt fünf Mal wöchentlich ab dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle (wobei die Anzahl der Flüge saisonal variiert).

Unser Flieger vor dem Flug nach Sint Maarten
Aus Deutschland bieten beide Airlines Zubringer an, die ein unkompliziertes Umsteigen ermöglichen. Während KLM neun Airports in Deutschland bedient, können Air-France-Passagiere bei acht Airports an Bord gehen.

Der Pool in der fortgeschrittenen Dämmerung
Ab Sint Maarten geht es am zuverlässigsten mit Winair weiter nach Sint Eustatius. Der Flug dauert keine 20 Minuten. Es verkehren zwei bis drei Maschinen mit nur 16 Plätzen pro Tag. Alternativ verkehren auch die Fähren von Makana zwischen Sint Maarten und Sint Eustatius. Die Überfahrt dauert zwei bis drei Stunden. Die Gesellschaft jedoch gilt vor Ort als unzuverlässig, was wir bestätigen können.
Informationen über Sint Eustatius
Die Insel öffnet sich zaghaft für den Tourismus. Wandern und Tauchen sind die populärsten Aktivitäten. Für mich allerdings gibt es noch eine Attraktion, die weit darübersteht: Sint Eustatius ist ein authentisches Stück Karibik, wie es in unserer Zeit nur noch sporadisch vorkommt. Auch ohne Traumstrände mit Cocktail-Bars und Palmen ein Erlebnis. Weitere Informationen auf der Webseite.

Baum der Reisenden mit gleichgesinntem Autor
Wer kommt?
Vor allem Taucher und abenteuerlustige Individualisten zieht es nach Sint Eustatius. Urlauber, die kein straffes Programm benötigen, sind hier genau am richtigen Ort. Doch auch Insel-Hopping ist eine beliebte Aktivität. Erst ein paar Tage auf Sint Maarten, danach nach Saba und anschließend nach Sint Eustatius – das ist mit einiger Sicherheit ein unvergesslicher Urlaub, den kaum jemand bereits absolviert hat.

Vieles kommt im Golden Rock Resort aus eigenem Anbau
Text und Bilder: Ralf Johnen, Juli 2025. Der Autor war auf Einladung des Golden Rock Resort vor Ort.

Die Botanik gibt aus jeder Perspektive den Ton an
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