Die Mosel neu entdecken? Das ist nicht schwierig. Wie wäre es etwa mit der Kombination aus mehreren Fortbewegungsarten: abwechslungsreiche Wanderungen, spielerisch leichten Etappen auf dem E-Bike und zwischendrin Ruheeinheiten an Bord eines Ausflugsschiffes. Eine Tour, die sich perfekt für ein langes Wochenende eignet.

Wie im Tim-Burton-Film: Türmchen einer Burg über einem Weinberg
Tag 1, 12 Uhr: Auftakt in Bernkastel-Kues
Für einen Junitag ist es kühl, als wir in Bernkastel-Kues ankommen. Der wolkige Himmel kommt uns gelegen, denn zum Auftakt unserer Tour möchten wir uns direkt einer Herausforderung stellen.
Auf direktem Weg soll es in Richtung Traben-Trarbach gehen. Durch die steilen Weinberge, wo die berühmten Rieslingtrauben gedeihen, und nicht entlang der Mosel, die zwischen den beiden Weinorten einen großen Bogen schlägt.

Wendemanöver: Ausflugsschiff bei Traben-Trarbach
Die Mosel neu entdecken
Der Aufstieg zur Traver Kupp dauert knapp eine Stunde und er hinterlässt seine Spuren in den Waden. Schweißgebadet erreichen wir den Aussichtspunkt, der sich auf immerhin 343 Höhenmetern weit oberhalb der Mosel befindet. Wir genießen den Rundumblick über das enge Moseltal. Bald aber steuern wir die Eiserne Weinkarte an, die Wanderern ein paar Hundert Meter weiter auf der Hügelkuppe Orientierung bietet. Auf nicht minder steilen Pfaden geht es von hier durch dichten Wald in Richtung Traben-Trabach.

Reisen mit Stil: Vintage-Van von Setra im Moseltal
Tag 1, 15 Uhr: Nostalgie in Traben-Trarbach
Nach drei knackigen Wanderstunden erreichen wir unser Ziel. Obwohl wir Luftlinie kaum mehr als fünf Kilometer von unserem Startpunkt entfernt sind, wähnen wir uns in einer anderen Welt. So mag Traben-Trarbach heute kaum mehr als 5000 Einwohner zählen. Doch das Städtchen, dessen Name sich aus den beiden gegenüberliegenden Ortsteilen zusammensetzt, blickt auf eine ruhmreiche Vergangenheit zurück, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte.

Versonnener Blick auf die Mosel aus dem Speisesaal des Hotel Bellevue in Traben-Trarbach
Aus dieser Zeit auch stammt das Hotel Bellevue, das leicht an seiner markanten Silhouette zu erkennen ist. Besonders hat es uns der grazile Eckturm angetan. Seinen wahren Glanz aber entfaltet das Hotel erst im Innern. Das Treppenhaus begeistert mit einer dunklen Holzkonstruktion, überall ziehen in Bleiglas gefasste Fenster und andere Deko-Elemente die Blicke auf sich.
Tag 1, 19 Uhr: Ausflug in die Belle Époque
Die fast schon verschwenderische Opulenz unserer Unterkunft setzt sich im hauseigenen Restaurant fort. Großformatige Jugendstilmalereien und aufwändig ornamentierte Lampen wetteifern im Belle Époque um die Aufmerksamkeit der Gäste. Wir entscheiden uns für gebeizten Lachs mit buntem Salat und Jakobsmuscheln mit Spargel. Dabei gönnen wir uns die nostalgische Einsicht, dass einiges schon besser war in früheren Zeiten.

An der schwarzen Katze führt kein Weg vorbei
Tag 2, 10 Uhr: Die Unterwelt von Traben-Trarbach
Am nächsten Morgen lassen wir uns im selben Saal zunächst viel Zeit beim Frühstück. Erst am späten Vormittag erkunden wir das kleine Städtchen. Hierzu nehmen wir an einer Führung durch die Unterwelt von Traben-Trarbach teil. Diese führt unter anderem ins Vinotropolis, einen altehrwürdigen Weinkeller in der Nähe der Moselbrücke. Hier erklärt unser Guide Laura Gerhardt, dass Traben-Trarbach um das Jahr 1900 nach Bordeaux der weltweit zweitwichtigste Umschlagplatz für Wein gewesen ist. Daher auch die aufwändigen Jugendstilbauten.

Modernisierungesbedarf: das Bild der Weinköniginnen erinnert an die Ära Kohl
Die Studentin kennt sich aus mit dem Thema, denn sie wurde 2018 zur Weinkönigin der Moselregion gewählt. Eine Erfahrung, auf welche die 26-Jährige mit gemischten Gefühlen zurückblickt. Die Weinfeste, ja die seien schön und gut, aber eben auch sehr altmodisch. Viel zu selten könnten sie und ihre Kolleginnen dort mit echtem Weinwissen glänzen, wo ein voll besetzter Saal davon profitieren könne. »Stattdessen geht es immer noch oft ums Repräsentieren – und um die Körbchengröße.« Es gibt also noch Modernisierungsbedarf in dem Weinbaugebiet.

Gehört zum Pflichtprogramm aller, die die Mosel neu entdecken möchten: die Bootstour auf der Theodor Heuss
Tag 2, 16.30 Uhr: Endlich eine Bootstour
Am späten Nachmittag begeben wir uns an Bord der Theodor Heuss, die um 17 Uhr ihr Tagewerk am nahen Anleger fortsetzt. Endstation für uns ist Zell, das wir nach der kräftezehrenden Wanderung vom Vortag im Schongang ansteuern. An Deck des Passagierschiffs steuern wir träge über die Mosel, die sich zunächst nur mit leichten Kurven ihren Weg in Richtung Norden bahnt. Dabei entdecken wir vom Deck einige große Mosellagen mit ihren verschrobenen Namen wie Kröver Nacktarsch und Briedler Herzchen. Dank der mit großen Lettern angefertigten Schriftzüge sind sie unverkennbar.

Riesling im Schlauchboot – auch das gehört zum Moselalltag
Erst bei Pünderich schlägt der Fluss wieder einen der weiten Bögen, die seit Generationen auf Postkarten zu sehen sind. Eine Extravaganz, die er kurz darauf wiederholt, um nun endlich nach Zell zu führen. Dabei bildet die Mosel eine Landzunge, die an ihrer schmalsten Stelle nur 200 Meter breit ist. Auf dieser allerdings erheben sich die Weinberge derart fotogen, dass wir uns vornehmen, uns all das noch mal genau anzusehen.
Tag 2, 19 Uhr: Ankunft in Zell an der Mosel
Nachdem wir im Hotel Zum Grünen Kranz eingecheckt haben, möchten wir mit Bekanntschaft mit der örtlichen Großlage schließen. Hierzu wandern wird am Moselufer zum Restaurant Zum Eichamt. Das Lokal ist für eine moderne Auslegung der traditionellen Küche bekannt. Eine Kostprobe: »Gebackene Entenbrust im Haselnuss-Mantel mit Weinbergspfirsichrotkohl«.

Die Mosel ist auch für ihre speziellen Weinnamen bekannt
Dazu gönnen wir uns eine Zeller Schwarze Katz vom gleichnamigen Weinberg. Eine Marke, die im Ort von Wandmalereien über Figuren und Reklameschilder bis hin zu Flaschenetiketten in vielen Variationen präsent ist.
Tag 3, 9 Uhr: Die Mosel neu entdecken mit dem E-Bike
Der nächste Morgen begrüßt uns mit Sonnenschein. Ein guter Tag also für eine Radtour. Wir entscheiden uns für E-Bikes, was wir im weiteren Verlauf nicht bereuen. Früher fuhren hier die ersten Züge von Paris nach Berlin.

Steilhänge allerorten: Parcours und Transportmittel wollen wohlbedacht sein
Bald sehen wir das Pündericher Hangviadukt, ein Eisenbahnteilstück, das aus 92 Torbögen besteht und das wie eine Hinterlassenschaft der Römer aussieht. Kurz dahinter biegen wir in den Weinberg ab. Vor uns liegt eine Rampe, die mit bis zu 15 Prozent Steigung schnurgerade nach oben führt, was wir dank der E-Bikes ohne größere Anstrengung meistern. Nach nur einer Haarnadelkurve gelangen wir Aussichtsturm Prinzenkopf.
Atemberaubender Ausblick
Das 27 Meter hohe Bauwerk thront seit 2009 auf dem 235 Meter hohen Berg gleichen Namens. Als wir nach 113 Stufen diesmal ohne elektronische Unterstützung die Plattform erreichen, kommen wir in den Genuss einer atemberaubenden Aussicht. Gut 150 Meter unter uns liegt die bereits erwähnte Moselschleife Zeller Hamm, die sich umständlich um den Berg windet.

Macht sich auch im Kreisverkehr gut: die Schwarze Katz, Wappentier von Zell an der Mosel
Der Blick vereint alles, was die Region ausmacht: In einiger Entfernung sehen wir am Hang die trutzige Marienburg, dahinter Steillagen, die in kleine Uferdörfer übergehen, und schließlich einen Fluss, der sich sein Bett scheinbar willkürlich gegraben hat.
13 Uhr: Wanderung nach Cochem
Für die letzte Etappe können wir uns zwischen zwei Optionen entscheiden: Entweder wir schauen uns das romantische Flusstal auf dem Weg nach Cochem wieder an Deck des Linienschiffs an, oder wir begeben uns nochmals auf eine Wanderung, die sich diesen Titel dank der vielen Kilometer auch verdient. Wir entscheiden uns für eine gemischte Variante, die uns zunächst auf dem Fluss nach Senheim bringt. Von hier aus wandern wir über den Moselsteig zu unserem Zielort.

Ausblick auf die Mosel mit der ehrwürdigen Bahnlinie bei Zell
Auf einem schmalen Waldpfad bahnen wir uns den Weg durch die Briedener Schweiz, die zwischen bewaldeten Abschnitten immer wieder den Blick auf den Fluss freigibt. Bald gelangen wir zur geheimnisvollen Ruine von Burg Metternich, die daran erinnert, dass die besten Lagen an der Mosel schon vor Jahrhunderten begehrt waren. Ein Eindruck, den die örtliche Karmeliterkirche mit der berühmten Klostertreppe noch verstärkt.

Populär vor allem bei Schiffstouristen: Cochem mit Altstadt und Burg
Felsige Wege entlang der Hangkante fordern uns nun einiges an Trittsicherheit ab, doch unvergessliche Ausblicke entlohnen uns für unsere Anstrengungen. Nach knapp 20 Kilometern und 450 Höhenmetern erblicken wir endlich die fotogene Landmarke von Coburg: die Reichsburg.
19 Uhr: Rotling in der Straußenwirtschaft
Als wir am frühen Abend Cochem erreichen, gönnen wir uns zunächst einmal das beste Eis der Region. Das gibt es bei der Gelateria Bortolot, einem unscheinbaren Lokal an der Moselbrücke. Die aus den Dolomiten stammende Familie beschäftigt sich schon seit 1896 mit der Herstellung von Speiseeis, was sie zu meisterhaften Komposition befähigt. Besonders gut ist die Sorte Weinbergpfirsich.

Die Mosel neu entdecken? Auch dann darf die majestätische Reichsburg in Cochem nicht fehlen
Gut gestärkt, machen wir uns auf die verbleibenden 1000 Meter zum Hotel Via Vie. Mit nur zwölf Zimmern, die sich in einem schick restaurierten Herrenhaus befinden, steht das kleine Boutique-Hotel für die moderne Seite von Cochem. Mit letzter Kraft schleppen wir uns danach noch in die Straußwirtschaft des Weinguts Bach, wo wir kühlen Rotling trinken und eine kalte Platte genießen.
Tag 4, 10 Uhr: Die Reichsburg Cochem
Den nächsten Tag beginnen wir abermals mit einem Aufstieg, diesmal zur Reichsburg Cochem. Das ikonische Bauwerk könnte als Kulisse für einen Tim-Burton-Film dienen und wurde mutmaßlich ab dem Jahr 1100 auf einem spitz zulaufenden Berg errichtet, der Cochem und die Mosel um 154 Meter überragt. Der Aufstieg lohnt nicht nur wegen der Aussicht.

Die Fotosession mit Moselromantik ist obligatorisch
Auch die Führung durch Innenhof, Rittersaal, Jagdzimmer, Speisesaal und Kemenate vermittelt ein gutes Bild vom Leben vergangener Zeiten.
13 Uhr: Craft Coffee in Cochem
Cochem selbst leidet indes seit Generationen unter seiner eigenen Popularität. Die einen sagen, ab hier werden in Richtung Moselmündung nicht nur die Berge, sondern auch die Weine flacher. Andere sprechen unverblümt vom Ballermann an der Mosel. Doch auch hier tut sich etwas: Die Cochemer Kaffeerösterei serviert Craft Coffee auf hohem Niveau. Mit einem vorzüglichen Flat White sitzen wir auf der Fensterbank und blicken auf die umliegenden Fachwerkhäuser.

Vor allem Besucher von anderen Kontinenten können sich nicht satt sehen an der Reichsburg
15 Uhr: Riesling am Moselufer
Ohnehin bewahrheitet sich auch in Cochem eine alte Reiseweisheit: Sobald körperliche Anstrengungen im Spiel sind, hält sich der Andrang in Grenzen. So ist es denn auch in den höher gelegenen Gassen angenehm ruhig. Einmal darauf eingestellt, beschließen wir den Trubel der Altstadt weiterhin zu meiden. Stattdessen überqueren wir den Fluss, um am Südufer die Probierstube eines Winzers aufzusuchen.

Großes Gewächs? Die sensorische Erkundung soll Aufschluss geben
Unsere Wahl fällt auf die Weinstube Hieronimi. Das Haus lockt neben Hotel und Restaurant auch mit einem ebenso wohltemperierten wie sehenswerten Weinkeller, wo wir eine kühle Flasche Moselwein Feinherb für kleines Geld kaufen. Damit setzen wir uns in der Nachmittagssonne ans Ufer und kühlen uns die Füße im Fluss. Die Gläser bekommen wir ohne Aufpreis dazu – natürlich müssen wir sie zurückbringen. Einen besseren Blick auf Altstadt und Burg gibt es kaum. Da schmeckt der Wein umso besser.
Die Mosel neu entdecken: Praktische Tipps
Die Mosel entspringt in den Vogesen, von wo aus sie sich über 544 Kilometer ihren Weg durch Frankreich und Luxemburg bis zur Mündung in den Rhein bei Koblenz bahnt. Als Weinanbaugebiet genießt die Mosel weltweiten Ruhm. Obwohl das Anbaugebiet wegen der komplizierten Steillagen seit Jahren kleiner wird, erzielen der Riesling Spitzenpreise.

Wie gemalt: Aufgang in der Reichsburg Cochem
Wer mit dem Auto anreist, kann dieses in Bernkastel-Kues abstellen (Parkausweis gegen Gebühr in der Touristeninformation). Von Cochem fährt die Bahn zurück bis nach Wittlich, von dort ein Taxi zurück zum Ausgangspunkt nehmen.
Top-Adresse an der Mosel
Allgemein: Schau auf die Webseite von Mosel Highlights oder auf die Homepage von Visit Mosel (inklusive Beschreibung des Moselsteigs). Informationen zum Moselwein findest du auf der Seite von Weinland Mosel.
Traben-Trarbach: Unterkunft im Jugendstilhotel Bellevue (bellevue-hotel.de), Moselrundfahrten auf (moselrundfahrten.de, Preise online). Traben-Trarbacher Unterwelt auf unterwelt-ausflug.de.
Zell an der Mosel: Restaurant Zum Eichamt (zumeichamt.de), Fahrradverleih Zell, E-Bike 27 €/Tag (fahrradverleih-zell.de), Hotel Zum Grünen Kranz (zumgruenenkranz.de).
Cochem: Gelateria Bortolot (bortolot.de), Weinstube Hieronimi Cochem (hotel-hieronimi.de), Reichsburg Cochem (reichsburg-cochem.de), Cochemer Kaffeerösterei (kaffeerösterei-cochem.de), Weingut Daniel Bach (bach-wein.de), Hotel Villa Vie (villa-vie-cochem.de).
Text und Bilder: Ralf Johnen, August 2025. Der Autor war auf Einladung des Tourismusverbands Moselhighlights vor Ort.
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