Das Miniatur Wunderland in Hamburg ist Deutschlands Sehenswürdigkeit Nummer 1. Die Attraktion in der Speicherstadt aber ist mehr als nur die größte Modelleisenbahn der Welt.
Modelleisenbahnen sind etwas für kleine Jungs und alte Herren. Allerdings: mit dem Aufkommen von Playstation & Co scheint das Hobby bei ersterer Zielgruppe auf das Abstellgleis geraten zu sein. Übrig bleiben alte Jungs wie der ehemalige Bundesinnenminister Horst Seehofer, der in seinem Keller nach eigenem Bekunden seit 25 Jahren an Zügen im Kleinformat bastelt. Im überfälligen Ruhestand will sich der CSU-Politiker nun sogar ganz auf die Konstruktion winziger Schienenstränge und der Behebung kleinster Kurzschlüsse verlegen.
Ein Alt-Herren-Hobby also. Mit dieser zugegebenermaßen etwas eingleisigen Vorstellung begab ich mich jüngst in das Miniatur Wunderland in Hamburg. Wobei mich schon etwas stutzig gemacht hatte, dass die Modellanlage regelmäßig zu einer der beliebtesten Freizeitattraktionen Deutschlands gewählt wird. Horst Seehofer mag vielleicht nicht ganz auf Spur sein, aber können über 20 Millionen Besucher aus aller Welt irren?
Miniatur Wunderland in Hamburg: Die neueste Attraktion ist Rio
Also hinein ins Vergnügen, in der Speicherstadt Hamburgs. Nach der Ticketkontrolle geht es durch den Giftshop in die Ausstellungshallen, die etwas improvisiert wirken – ein bisschen wie in einem Hobbykeller halt. Sogleich landet man bei der neuesten Attraktion: Rio de Janeiro ist seit Dezember 2021 als erste Miniaturstadt im neuen Speichergebäude angesiedelt. Ich bin immer noch recht skeptisch als ich aus der hinteren Reihe des Publikums auf die Mini-Copacabana mit auf die Wand gepinselten Wölkchen schaue.
Erst als ich nach vorne rücke und mein Blick vom – hier grade mal 21 Zentimeter großen – Jesus-Wahrzeichen über den Zuckerhut und die Hochhäuser zum Strand schweift, entfaltet sich der Zauber. Von den Landmarks bis hin zu winzigen Details wie wirren Kabelsträngen in den Favelas (hier zu einem großen Armenviertel zusammengefasst) und den berühmten Karnevalstänzerinnen ist die heiße brasilianische Küstenmetropole einfach mal eiskalt nach Hamburg verlegt worden.
Mit der Eisenbahn von Hamburg nach Amerika
Und so geht es weiter, beim Spaziergang durch die kleine Wunderwelt. Es sind vor allem die Details, die liebevollen Miniaturen, die augenzwinkernden Kleinigkeiten, die mich gefangen nehmen. Ja, die Schweiz, Venedig, USA und Skandinavien – alle Städte und Landschaften sind sehr hübsch nachgebaut und überall drehen kleine Eisenbahnen ihre Runden.
Aber gefesselt hat mich vor allem, wenn in einer italienischen Kleinstadt auf meinen Knopfdruck hin zwei Mechaniker einen Kurzschluss verursachen und daraufhin im gesamten Viertel erst die Lichter aus und dann die Kerzen angehen. Da merkt man einfach, mit wie viel Liebe und Freude die Macher bei der Arbeit sind. Wobei: der »Wunderländer Transatlantik-Tunnel« ist ein Großprojekt, für das ich mich unbedingt begeistern kann. Die weltweit erste Eisenbahnverbindung zwischen Amerika und Hamburg ist doch eine großartige Idee!
Deutschlands Sehenswürdigkeit Nummer 1: Mehr als die größte Modelleisenbahn der Welt
Erdacht haben das Miniatur Wunderland die Hamburger Zwillingsbrüder Frederik und Gerrit Braun. Der Legende nach schlenderte Frederik im Sommer 2000 durch Zürich, als er an einem Modelleisenbahngeschäft vorbeikam und sich an seine Kindheit erinnerte. Es brauchte sieben Anrufe bei seinem Bruder, um ihn zu überzeugen, die »größte Modelleisenbahn der Welt« zu bauen. Am 16. August 2001 eröffneten die beiden gemeinsam mit ihrem Vater Jochen Braun und dem langjährigen Partner Stephan Hertz das Miniatur Wunderland in der damals noch durch einen Zollzaun vom Rest der Metropole getrennten Speicherstadt. Seitdem hat die Freizeitattraktion mehr als 20 Millionen Besucher gezählt.
Eisenbahnen spielen hier übrigens eher kleine Hauptrolle. Ja, die Züge rattern durch die verschiedenen Landschaften, durch Tunnel und verschneite Gegenden. Und die beiden verspielten Gründer legen Wert darauf, bei jedem realen Eisenbahner-Streik auch in ihrem Wunderland die freie Fahrt durch Gewerkschafter zu blockieren.
Ebenso aber eröffnen sich städtische Szenen, maritime Impressionen mit Booten und Yachten und pure Natur beim Gang durch die ehemaligen Lagerhallen. Mein erstes (und hoffentlich auch letztes) DJ Bobo-Konzert habe ich hier gesehen. Eine der Hauptattraktionen gar hat nichts mit Zügen zu tun: Von Knuffingen Airport starten im Minutentakt die Flieger. Angeblich wird sogar der Originalsound der verschiedenen Flugzeugtypen simuliert.
Miniatur Wunderland in Hamburg: Neues Hotel Pier Drei
Auch gibt es im Miniatur Wunderland einen alle 15 Minuten wechselnden Tag-Nacht-Rhythmus. In der Dunkelheit gehen tausende winzige Lichtlein an und der Vesuv bricht mit viel Getöse aus. Wer wie wir eine »Hinter den Kulissen«-Tour gebucht hat, wird erfahren, wie sich die glühende Lava aus dem Vulkan ergießt. Spannend, aber wer sich den Zauber bewahren möchte, schaut sich das Spektakel einfach mit großen Kinderaugen von außen an.
Ich könnte ja jetzt noch weiter schnattern. Aber man sollte diese kleine Wunderwelt wirklich für sich entdecken – am besten natürlich zu Randzeiten, denn es kann zuweilen recht voll werden. Wer von dem Besuch ermattet ist, kann sich ein paar Minuten entfernt im Hotel Pierdrei zu Bette legen.
Die neue Herberge gehört ebenfalls der Familie, der Bruder der Miniatur Wunderland-Gründer, Sebastian Drechsler, führt hier Regie. Entsprechend der Familien-Philosophie ist das Haus zugleich modern und gemütlich – und verspielt. Ich habe mich jedenfalls sofort wohl gefühlt und abends auf dem Zimmer noch eine Partie Sagaland gegen mich selbst gespielt.
Mehr Informationen über das Miniatur Wunderland in Hamburg
Schau auf die Webseite der Deutschlands Sehenswürdigkeit Nummer 1, dort steht auch einiges über die größte Modelleisenbahn der Welt.
3 Comments
…stimmt, Ralf. Übrigens : die Ansicht auf dem ersten obigen Foto des Wunderlandes kommt mir irgendwie bekannt vor …anyway : das wird dank der schönen Fotos und des eindruckvollen Berichtes eines unserer nächsten Reiseziele im Norden. Manni
Danke für den – wie immer toll beschriebenen und fotografierten Tip ! Wir werden die kleine Welt beim nächsten Hamburgbesuch besichtigen !
Auf Fridas Urteil ist Verlass!