Wir wünschen uns Puscheln für die Rollen unserer Koffer, als wir die stille Rue du Schlossberg hinauf rattern. Unsere Ankunft scheint das verschlafene 380-Seelen-Dörfchen am Rande der Vogesen erbeben zu lassen. Aber als wir oben auf dem Hügel an der Pforte läuten, öffnen Martine und Alphonse Obry freundlich lächelnd – unerschüttert von dem Lärm und unserem ebenfalls ruckelnden Französisch.
In poliertem Deutsch heißen uns die Gastgeber in ihrem Chambres d’hôtes willkommen und geleiten uns eine schmale Stiege hinauf. Vorbei an zwei weiteren Gästezimmern, die mit „Riesling“ und „Muscat“ nach elsässischen Rebsorten sind, betreten wir die Suite. „Roses Sauvage“ ist der Name des Turmzimmers, in dem wir untergebracht sind, elegant eingerichtet wie der gleichnamige Tropfen elsässischer Provenienz. Nicht das Himmelbett und die antiken Möbel der zwei Zimmer ziehen unseren ersten Blick auf sich: von dem Turm der ehemaligen Trutzburg aus dem 13. Jahrhundert hat man unverstellte Aussicht auf die Weinberge der Umgebung.
Auf Weintour im Elsass
Die stilvolle Pension „Clos Froehn“ befindet sich an der bekannten Route du Vin im Elsass, ein Winzerbetrieb reiht sich hier an den anderen. Auch wir wollen auf Weintour, und Martine studiert unsere Liste, die uns das Tourismusbüro zusammengestellt hat. „Ah, bon“, ruft sie verzückt bei dem einen; „hm“, urteilt sie diplomatisch bei dem anderen. Nachbarschaft wird hier gepflegt, jeder kennt jeden, vor allem dann, wenn man wie das Ehepaar Obry einst für jenes Nahrungsmittel sorgte, das doch am besten zum Wein passt: ofenfrisches Baguette.
„Mein Mann ist gelernter Bäcker,“ erläutert Martine, und wir spitzen hoffnungsvoll die Ohren, denn Frühstück ist im Übernachtungspreis inbegriffen. Lange, so erzählt unsere Gastgeberin weiter, haben die Obrys die örtliche Bäckerei betrieben. Es war dann eine Kombination verschiedener Faktoren, die sie von der Backstube über ein Café-Restaurant in Colmar bis hin zum Erwerb des alten Festungsturmes und der Einrichtung einer typisch französischen Herberge brachte.
Guglhupf zum Frühstück in der Pension Clos Froehn
Als wir am nächsten Morgen ausgeruht aufwachen und der erste Blick vom Bett aus über die Weinberge schweift, hören wir aus dem Garten Gelächter. Einem kurzhaarigen Rapunzel gleich, recke ich den Kopf aus dem Turmzimmerfenster. Ich entdecke im Garten eine fröhliche Runde am gedeckten Tisch – auf dem ein Guglhupf thront. Von blanker Panik erfasst, dass wir elsässische Frühstückskunst verpassen könnten, eilen wir hinab. Genau rechtzeitig, um uns noch zu den Gastgebern sowie zwei Paaren aus Schweden und Frankreich zu gesellen. Und natürlich, um die hausgemachten Marmeladen, frisches Brot und den buttrigen Guglhupf zu kosten.
Wir fühlen uns schon bald wie in einem französischen Film: an der Tafel blinzeln wir in die Sonne, während wir in einem Mischmasch aus Französisch, Deutsch, Schwedisch und Englisch Reiseerlebnisse austauschen. Unser schwedischer Tischnachbar etwa, ein Stammgast des Hauses, wurde mit der Geschichte seiner Vorvorvor-Väter konfrontiert, als er sich zum ersten Mal von seiner Heimat aus mit dem Auto ins Elsass aufmachte und zwischendurch unbedarft auf Sightseeing-Tour ging. „An fast jeder Burg, jeder Kirche, stand ein Hinweisschild, zur Historie. Erbaut dann und dann, blabla. Aber fast immer endete der Text mit den Worten: »zerstört von den Schweden im Dreißigjährigen Krieg«. Ich wurde immer deprimierter, von Ort zu Ort“, erzählt er.
Wir erlauben uns, ob der zeitlichen Distanz und des Woody Allen-mäßigen Vortrags schallend zu lachen. Und verabschieden uns dann dezent, um im weitläufigen Garten Fotos von „unserem“ Turm zu machen. Jenen immerhin haben die Schweden vor fast 400 Jahren glücklicherweise stehen gelassen.
Informationen zur Pension Clos Froehn im Elsass
Chambres D’Hotes Clos Froehn, 46 Rue du Schlossberg, 68340 Zellenberg, Frankreich,
ab 65 Euro pro Nacht inklusive Frühstück, Suite ab 85 Euro pro Nacht inklusive Frühstück; Aufschlag von 10 Euro bei Buchung nur für eine Nacht.
Die Autorin war auf Einladung von Tourismus Elsass im Clos Froehn.
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[…] können unser Glück kaum fassen, dass wir im Turmzimmer aus dem 13. Jahrhundert untergebracht sind (aber das ist eine andere Geschichte). Während ich mit einiger Vorfreude eine Flasche Sonntagswein entkorke, denke ich wieder an Miles […]