In Flagstaff lebt die alte Mother Road. Eine »Walking Tour« für Smartphones ermöglicht eine Entdeckungstour der historischen Strecke. Auch sonst eignet sich die lebendige Uni-Stadt für eine unmotorisierte Erkundung (Episode 50/66).

Wie gemalt: Downtown Flagstaff mit Vintage-Hotelschild
Ein jüngeres Phänomen, das man in zahlreichen Städten mittlerer Größe in den USA beobachten kann: die Amerikaner lernen wieder laufen! Noch vor ein paar Jahren wurden ahnungslose Europäer warnend angehupt, wenn sie es aus Gewohnheit wagten, zu Fuß ein paar Meter vom Hotel zum nächstgelegenen Restaurant zu gehen. Doch mittlerweile macht sich die Ansicht breit, dass es durchaus seinen Charme hat, durch eine Innenstadt zu bummeln. Das merken wir auch, als wir uns auf die Spuren der Route 66 in Flagstaff machen.
Wiederbelegbung der Innenstädte
Das immer beliebter werdende Städtchen Flagstaff in Arizona ist ein gutes Beispiel für diesen Trend. Benannt nach dem Flaggenmast (»Flagstaff«), den Siedler auf ihrem Zug gen Westen aufstellten, um den Unabhängigkeitstag der Vereinigten Staaten zu feiern, ist die Stadt auch einer der Pioniere bei der Wiederbelebung der Innenstädte.

Eyecather: das hochgebaute Schild für das Motel DuBeau
Ein Faktor für diese Entwicklung zur »walkable city« dürfte sein, dass Flagstaff Sitz der Northern Arizona University ist. Sie ist weit und breit die einzige Hochschule. Dies lockt naturgemäß junge Menschen in die Stadt. Die Studenten wiederum schätzen es, in ihrer Freizeit die Bars, hippen Restaurants und unabhängigen Geschäfte in dem kleinen Stadtzentrum zu frequentieren.
Route 66 in Flagstaff: zu Fuß auf Entdeckungstour
Das lokale Tourismusbüro hat dieser Entwicklung Rechnung getragen. Besucher können mittels kostenloser Audiotouren für ihr Mobiltelefon auf Entdeckungstour gehen. Eine der selbstgeführten Rundgänge ist die »Route 66 Walking Tour«. Eine veritable Entdeckung, denn die historische Straße hat den Ort geprägt und ist heute noch im Stadtbild sichtbar. Ironischerweise also folgen Besucher nun jener Straße zu Fuß, die doch einst den Automobilverkehr zelebrierte.

Hier geht’s lang: Schild der Audiotour Walk this Talk in Downtown Flagstaff
Start ist am schmucken Bahnhofsgebäude Flagstaffs. Hier rattern regelmäßig die langen Güterzüge vorbei, die zwischen Los Angeles und Chicago verkehren. Hier befindet sich auch das Tourismusbüro, in dem man sich mit Kartenmaterial, Broschüren und Souvenirs eindecken kann. Außerdem ist hier das Logo der Route 66 in großen Lettern auf den Asphalt gepinselt. Eine gute Gelegenheit für ein Erinnerungsfoto.
Personen, Schauplätze und Anekdoten
Wer die kostenlose »Walk this Talk – Route 66«-Rufnummer wählt, erhält an jedem der zehn Schilder entlang der Strecke Informationen zu den Hintergründen der einzelnen Sehenswürdigkeiten. Aber auch zu Persönlichkeiten, welche die historische Straße prägten oder die umgekehrt von ihr profitierten.

Audiotour über die Geschichte der Mother Road in Downtown Flagstaff
Besonders fotogene Stationen der Laufroute sind die verschiedenen Wandmalereien, welche die Geschichte der Route 66 in Flagstaff in bunten Farben abbilden. Einen längeren Stopp ist auch das Motel Du Beau wert. Der Frankokanadier Albert Eugene Du Beau sollte Weitsicht beweisen, als er 1929 eines der ersten Motels in den USA eröffnete, um der wachsenden Zahl an Autoreisenden eine Herberge zu bieten. Für 2,50 Dollar pro Nacht standen Reisenden neben einem Parkplatz vor der Tür auch »luxuriöse« Zimmer mit Doppelbett und eigener Toilette zur Verfügung.

Getöse garantiert: Güterzug nähert sich dem Bahnhof von Flagstaff
Flagstaff: das Tor zum Grand Canyon
Flagstaff wird wegen seiner Nähe zum Nationalpark auch als Tor zum Grand Canyon bezeichnet. Kein Wunder, dass sich das Städtchen mit seinen 77.000 Einwohnern schnell zum Touristenort mauserte. Und als die Trasse der Route 66 durch den Ort verlegt wurde, hatte sich die Gründung des Hotels endgültig rentiert. Heute kann man dort noch immer wie zu alten Zeiten übernachten. Freilich nicht mehr für 2,50 Dollar – aber immer noch recht günstig und mit deutlich mehr Komfort.
Infos zur Route 66 in Flagstaff
Touristeninformation: Das Flagstaff Visitor Center versorgt dich mit umfangreichen Informationen über Flagstaff, die Route 66 und die Geschichte. 1 East Route 66, Flafgstaff.
Walk this Talk – Route 66: Die selbstgeführte Audiotour kannst du über die auch für Europäer kostenlose Rufnummer +1 928 218-2926 abrufen. Start des zehn Stationen umfassenden Rundgangs ist das Flagstaff Visitor Centre.

Amerika wie es einmal wahr: das Motel DuBeau in Flagstaff
Übernachtung
Motel Du Beau: Das traditionsreiche Haus bietet günstige Übernachtungsmöglichkeiten – vom recht spartanischen Zimmer wie Anno 1929 bis hin zur komfortablen Suite mit separatem Wohnzimmer. Wie es sich für ein Motel gehört, parkt man das Auto direkt vor der Zimmertür. Zum einfachen Frühstück nehmen die Gäste an einer langen Tafel Platz. Kontaktaufnahme und Austausch von Reiseerlebnissen garantiert. Ein beliebter Treffpunkt für Studenten, Touristen und Locals ist auch die gemütliche Hotelbar »Nomads Global Lounge«. Hier flackert bei winterlichen Temperaturen ein gemütliches Kaminfeuer. 9 WestPhoenix Avenue, Flagstaff, Arizona, modubeau.com. Doppelzimmer ab 119 USD pro Nacht.
Die Route 66 in Arizona
Die Route 66 führt auf 620 Kilometern durch den Bundesstaat Arizona, der für mich zu den schönsten gehört. Die Straßenführung der Mother Road ist zum Teilen wie in Gründerzeiten erhalten. Nicht zuletzt wegen der weiten Landschaften des amerikanischen Westens finde ich persönlich die Überbleibsel der Route 66 in Arizona am schönsten. Tipps für Fans: In Flagstaff befindet sich ein Archiv zur Route 66, das du nach Anmeldung besuchen kannst.

Williams in Arizona war der letzte Ort, der nur über die Route 66 erreichbar war
Eine wichtige historische Rolle für den Erhalt der Route 66 spielt das Seligman (sprich: Sligmän). Hier hat sich der Friseur Angel Delgadillo über Jahre hinweg dafür eingesetzt, dass die verbliebenen Steckenabschnitte unter Denkmalschutz gestellt werden. 1987 hatte die Initiative Delgadillos endlich Erfolg, seitdem feiern ihn die Fans der Route 66 als Helden. Ein Ereignis von nicht weniger historischer Tragweite hat sich in Williams abgespielt: Hier wurde 1987 der letzte Abschnitt der Interstate 40 in Betrieb genommen, womit die Route 66 endgültig Geschichte war.
Die Route 66 auf Boarding Completed
An dieser Stelle präsentieren wir insgesamt 66 Geschichten über die Route 66. Die Story über die Walking Tour in Flagstaff ist die 50. der Serien. Von Nummer 49 (Walnut Canyon) sind es lediglich 15 Kilometer bis nach Downtown Flagstaff. Geschichte 51 über das Archiv der Route 66 spielt ebenfalls in Flagstaff. Bis zur Universität, wo sich das Archiv befindet, kannst du notfalls sogar laufen.
Text: Frida van Dongen, Bilder: Ralf Johnen, geprüft im April 2025.
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