Erste Einblicke in das landschaftliche Spektakel des Wilden Westens gefällig? Dann lohnt es sich, eine halbe Stunde abseits der Originaltrasse den Palo Duro Canyon aufzusuchen. Sowohl Fans dramatischer Farbenspiele wie auch Anhänger zahlenmäßiger Superlative dürfen sich die Schlucht nicht entgehen lassen.
Der Mississippi? Ein beeindruckender Fluss, das ja, aber kein wirklicher überzeugender Grund, die weite Reise nach Amerika auf sich zu nehmen. Ähnliches gilt für die Weiten Missouris und die Hügel Oklahomas. So steigt die Aufregung spürbar wenn endlich die Grenze zu Texas erreicht ist. Die spannenden Metropolen, verschlafenen Dörfer und nostalgiebeladenen Orte der Route 66 müssen ab jetzt Konkurrenz dulden. Es sind die Schönheiten, welche sich die Natur ausschließlich im Westen der USA zu kreieren getraut hat.
Ein Canyon an der Route 66
Ein erster Vorgeschmack verbirgt sich knapp 50 Kilometer südöstlich von Downtown Amarillo in Form des Palo Duro Canyon. Ein Fall für Freunde von Superlativen, denn die Schlucht ist mit einer Länge von 193 Kilometern, einer durchschnittlichen Breite von zehn Kilometern und einer maximalen Tiefe von 270 Metern nach dem Grand Canyon die zweitgrößte der USA.
Allein diese Randdaten lassen erahnen, dass Outdoor-Freaks hier einen ganzen Urlaub verbringen könnten, so es die teils erbarmungslose Hitze zulässt. Während Wanderungen, Ausritte oder Mountainbike-Touren also angesichts hoher Abgeschiedenheit, einer nicht zu verleugnenden Abgeschiedenheit und einer nennenswerten Population von Klapperschlangen eher etwas für Abenteurer sind, lockt der State Park auch mit seinen autofahrerfreundlichen Seiten.
Der Palo Duro State Park: Felsnadeln und Höhlensysteme
Frappierend dabei ist, dass sich die Schlucht bei der Anfahrt durch keinerlei Indizien wie Berge oder auch nur Hügel ankündigt. Viel mehr sind es schnurgerade Straßen, die von Amarillo mit einem 90-Grad-Knick zum Eingang des gleichnamigen State Parks führen. Erst hier wird die Straße wie auf Bestellung kurvig. Nach wenigen Minuten dann öffnet sich der Blick auf die Schlucht, die ihre Existenz der hartnäckigen Arbeit des mittlerweile aufgestauten Prairie Dog Town Fork Red River verdankt. Dieser besitzt zwar einen kuriosen Namen, spielt aber in der allgemeinen Wahrnehmung eine eher untergeordnete Rolle.
Abgesehen von seinen schieren Ausmaßen weiß der Palo Duro Canyon an der Route 66 auch durch Höhlensysteme und Felsnadeln zu beeindrucken. Dieses besonders oft im Westen der USA aufkommende Phänamen nennen die Amerikaner hoodoos. Meistfotografierte Landmarke ist eine Gesteinsformation namens »Lighthouse Rock«, die der Erosion bis zum heutigen Tage erfolgreich getrotzt hat. Sie ist über einen etwa zehn Kilometer langen Wanderweg (hin und zurück etwa auf halber Strecke vom Parkeingang zum Besucherzentrum) erreichbar. Insbesondere in den Frühlingsmonaten schmücken Kolonien von Wildblumen den Weg.
Schon Georgia O’Keeffe hat den Palo Duro Canyon auf Leinwand gebannt
Schon Amerikas große Landschaftsmalerin Georgia O’Keeffe hatte den Palo Duro Canyon für sich entdeckt. Als sie von 1916-18 in der Nähe von Amarillo lebte, verewigte sich das virtuelle Farbenspiel des Zwielichts auf mehreren Bildern. Womit sich der Hinweis fast erübrigt, dass die Landschaft erst in Kombination mit dem dramatischen Licht der Dämmerung ihr ganzes Potenzial entfaltet.
Oldtimer bei Bill’s Backyard Classics
Auf der Rückfahrt zur Route 66 übrigens wird noch ein weiteres Kernthema der Reise bedient. Kurz vor den Toren Amarillo befindet sich mit Bill’s Backyard Classics die sehenswerte Automobilsammlung des Ehepaars Linda und Bill Pratt. Die formschönen Juwelen aus der großen Zeit des Designs sind zwar etwas lieblos in einer Art Lagerhalle ausgestellt. Dafür freut sich das Personal mit breitem texanischem Akzent über jeden einzelnen Besucher. Wer seinen Mietwagen satt ist, kann hier nach Ersatz suchen: nicht selten stehen Klassiker zum Verkauf.
Informationen zum Palo Duro Canyon an der Route 66
Palo Duro Canyon State Park Der phänomenale State Park liegt gut 50 km südöstlich von Downtown Amarillo, Texas. Am besten fährst du über den Interstate 27 und die Texas 217. 11450 Park Road 5, Canyon, geöffnet täglich von 7–19 Uhr, Eintritt 8 $ pro Auto.
Wandern im Palo Duro State Park
Der Lighthouse Trail ist 9,2 Kilometer lang (hin und zurück), unterwegs legst du 150 Höhenmeter zurück, daher solltest du immer ausreichend Wasser mitbringen. Der Ausgangspunkt zum Lighthouse Trail im Palo Duro Stte Park befindet sich kurz vor dem Loop, der zu Aussichtspunkten und Besucherzentrum führt, kleiner Parkplatz vor Ort vorhanden.
Ausritte
Old West Stables Von März bis November, ab 6 J., bis zu 110 Kilo, feste Schuhe mitbringen. 11450 State Highwayy Park Road 5, Canyon, 60 $ pro Person.
Automuseum bei Amarillo an der Route 66
Bill’s Backyard Classics Ziemlich großartige Privatsammlung klassischer Limousinen, Straßenkreuzer und Rennwagen, präsentiert von echten Texanern. 5309 South Washington Street, Amarillo, Mo–Sa 10–16 Uhr, Eintritt 10 $.
Reiseblog über die Route 66
Wir schreiben an dieser Stelle 66 Geschichten über die Route 66 und ihre Umgebung. Dies hier ist Episode 38. Zu Episode 37 über den Historic Sixth Street District in Amarillo findest du hier. 36 über das Big Texan Steak House in Amarillo geht es hier.
Text und Bilder über den Weg nach Amarillo: Ralf Johnen, Dezember 2021.
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