Das romantische Rovinj gehört allein schon wegen seines Campanile zu den poetischsten Reisezielen an der Adria. Die größten Trüffel der Welt, köstliches Olivenöl aus Kroatien und ein frischer Wein sind weitere Argumente für einen Besuch.

Das schwarze Gold aus dem Hause Zigante. Foto: Ralf Johnen
Die größten Trüffel der Welt
Vor rund zehn Jahren machte ein Kroate auf sich aufmerksam, dessen Name kaum italienischer klingen könnte: Giankarlo Zigante. Mit Hilfe seiner Hündin Diana, so geht die Legende, hatte der Gastronom eine Weißtrüffel gefunden. Diese gilt mit einem Gewicht von 1310 Gramm bis heute als größte ihrer Art. Vor seinem Restaurant im nordkroatischen Istrien erinnert eine Bronze an den stattlichen Edelpilz, der es als „Milleniumtrüffel“ ins Guinness-Buch der Rekorde gebracht.

Staunende Blicke im Restaurant Zigante: Aus diesem Grund gelten sie als die größten Trüffel der Welt. Foto: Ralf Johnen
Dies wäre wohl nicht viel mehr als eine kleine Episode aus dem Gourmet-Universum, wenn nicht schon seit Langem gemunkelt würde, dass die istrischen Trüffeln in großen Mengen nach Norditalien geschmuggelt werden, von wo aus sie als kostbare Alba-Trüffel ihren Weg auf die Weltmärkte finden. Nur allzu gut scheinen die Pilzgewächse rund um Livade zu gedeihen, wo ihnen Eichenwälder und sumpfige Böden ideale Wachstumsbedingungen bieten.

Blick auf Istrien aus dem Heißluftballon kurz vor der Landung. Foto: Ralf Johnen
Manufaktur für Slowfood-Zubehör
Der geschäftstüchtige Zigante hat mit Export und Etikettenschwindel gebrochen. Im Örtchen Livade etwa 50 Kilometer nordöstlich von Rovinj hat er stattdesse aus seinem Fund Kapital geschlagen. Er hat viel Liebe in sein Restaurant gesteckt, bis es 2005 zum Besten des ganzen Landes gekürt wurde. In unweiter Entfernung hat er eine kleine Manufaktur eröffnet, wo er aus Trüffeln Saucen und Pasten produziert. Und diese wiederum sind im Geschenkshop des Restaurants gemeinsam mit allerlei Slowfood-Zubehör erhältlich.

Bunte Häuserfasseden im romantischen Rovinj. Foto: Ralf Johnen
Trüffeln aber sind nicht das einziges Aushängeschild des neuen kulinarischen Selbstbewusstseins Kroatiens – auch wenn den anderen Hauptdarstellern das Glück weniger offensichtlich in den Schoß gefallen ist als Zigante. In Vodnjan, eine halbe Stunde südöstlich von Rovinj hoch über der Adria gelegen, lädt Chiavalon Sandi zur Ölverkostung.
Olivenöl aus Kroatien
Der schüchterne 40-Jährige hat um die Jahrtausendwende als Hobby mit Anbau und Kultivierung von Ölbäumen begonnen. Mittlerweile besitzt er 1100 eigene Bäume, die auf den Anhöhen vorzüglich gedeihen. Außerdem kauft er die Erträge von 4500 Bäumen hinzu. Nach einigen Experimenten hat er aus sechs verschiedenen Olivensorten eine Cuvée kreiert, die nicht nur seinen persönlichen Ansprüchen genügt. Die italienische Olivenöl-Bibel „L’Extravirgine“ würdigt seine Anstrengungen mit der Vergabe von 94 von 100 Punkten.

Der Olivenölbaron Chiavalon Sandi. Foto: Ralf Johnen
In der Degustations-Lounge reicht der Autodidakt seine Produkte in sorgsam ausgesuchten Schwenkern. „Die Öle“, erläutert er, „müssen leicht kratzen, wenn sie im Rachen kreisen. Dann sind die am besten“. Nur von ein paar Bissen Brot neutralisiert, reicht Sandi verschiedene Erzeugnisse. Sie alle eint das Aroma von frisch gemähtem Heu.

Enge Gassen in der Altstadt von Rovinj. Foto: Ralf Johnen
Ein Spitzenwein namens »Alba«
Auch der Weinbau genießt auf der Halbinsel nahe der Stadt Triest in Italien Tradition. Während des Kommunismus beschränkten sich die Weinbauern auf unspektakuläre Massenware. Gut zwei Jahrzehnte nach dem Zerfall Jugoslawiens haben sich die Winzer von der mittelmäßigen Vergangenheit emanzipiert. Gute Ergebnisse erzielen sie vor allem mit der heimischen Rebsorte Malvazija.

Winzer Matosevic ist in Istrien ein ziemlicher Star. Foto: Ralf Johnen
Auch Ivica Matosevic setzt auf die weiße Traube. Der Endvierziger hat gleichfalls als Hobby mit der Weinproduktion begonnen. In Kruncici am Ende des Lim-Fords, der sich bei Rovinj auf sehenswerte Weise ins Hinterland gräbt, besitzt Matosevic eine Kellerei. Nicht ohne Sinn für Ironie hat er seinen Trinkwein „Alba“ betitelt. Die italienische Stadt ist schließlich für seine Trüffel bekannt. Der Tropfen überzeugt mit mineralischen Tönen, ausgewogener Säure und angenehmen Limonenaromen. Ein schöner Sommerwein. Die zum Teil in Akazienfässern ausgebauten Spitzenweine des Hauses allerdings sind gewöhnungsbedürftig. Doch Irrwege gehören nun einmal zum kulinarischen Selbstfindungsprozess.

Die Silhouette der Altstadt von Rovinj kurz vor Sonnenuntergang. Foto: Ralf Johnen
Romantisches Rovinj: Neobarocke Experimente
Experimentierfreudig präsentiert sich neuerdings auch die heimische Hotellerie. Unweit des venezianisch geprägten Rovinj etwa wurde im Frühjahr 2009 das erste Fünfsternehotel Istriens eröffnet. Die Einrichtung der Zimmer im „Monte Mulini“ ist neobarock angehaucht. Der Blick hinaus geht auf eine bewaldete Halbinsel und das opalfarben schimmernde Meer. Abgesehen von dem Hotel ist die Region rund um Rovinj auch eine exzellente Adresse für luxuriöse Ferienhäuser.

Drachenfolklore in Istrien. Foto: Ralf Johnen
Das Flaggschiff der kleinen einheimischen Kette „Maistra“ gibt sich ebenfalls kulinarisch ambitioniert. Der Küchenchef Gretic bürgt dafür, dass Kroatien die Zubereitung avancierter Gaumenfreuden nicht mehr kampflos den Italienern überlässt. Der Mann mit der kräftigen Statur, mittellangen Locken und Kinnbärtchen sieht aus wie der Gitarrist einer Metal-Band. Im Restaurant „Wine Vault“ aber zeugen sein Sepia-Rissotto oder der Petersfisch mit gerösteter Petersilie und Schaum vom Spinat von viel Feingefühl. Ein Warnruf an die Gastronomen auf der anderen Seite der Adria.

Ruderer in einem Batanaboot in Istrien. Foto: Ralf Johnen
Romantisches Rovinj: An Bord eines Batana-Bootes
Später am Abend schaukeln im Hafen von Rovinj unter Vollmond die ortstypischen Batana-Boote im Wasser. Die Altstadt, in deren Mitte ein venezianischer Campanile in den Himmel ragt, befindet sich auf einer Halbinsel, die dem Festland vorgelagert ist. Trotz horrender Immobilienpreise aber ist hier alles noch weitgehend so wie vor Jahrhunderten. Enge Gassen, schiefe Häuser und Fischrestaurants traditioneller Ausprägung.

Traditionelle Batana-Boote stehen unter Schutz. Foto: Ralf Johnen
Eines davon ist das „Konoba Lampo“, das nur von einem Mäuerchen getrennt direkt am Wasser liegt. Nach einigen neugierigen Fragen über den Auftrieb, der in Istrien allerorten zu verspüren ist, kommt hier das Gespräch abermals auf Giankarlo Zigante. Bei einem Pelinkovac, einem Kräuterschnaps aus einfachem Wein, erinnert sich Graziella Radic an den umtriebigen Trüffelgastronom.

Autor Ralf Johnen in einem Boot und entsprechend guter Laune. Foto: Ralf Johnen
Es sei ein offenes Geheimnis, sagt sie, dass dieser die Milleniumstrüffel keineswegs selber gefunden habe. Zigante habe nur am schnellsten geschaltet und dem Finder einen gehörigen Betrag für die knorrige Knolle geboten. Doch böse sei ihm niemand wegen des Kunstgriffs, den Zigante natürlich abstreitet. Schließlich hat er den Beweis erbracht, dass sich auch in Istrien Existenzen auf lukullischen Freuden aufbauen lassen.

Eine monströse Yacht im Hafen von Rovinj. Foto: Ralf Johnen
Weitere Informationen über Rovinj und die größten Trüffel der Welt
Istrien ist in der Saison von Anfang April bis Ende Oktober per Flugzeug über die kleinen Flughäfen von Pula oder Rijaka erreichbar. Das ganze Jahr über bildet der Flughafen Triest eine Alternative. In diesem Fall gilt es auch einen schmaler Streifen Sloweniens zu durchqueren. Am schönsten sind die Monate Mai und Juni sowie September und Oktober.

Das romantische Rovinj von Bord eines Batanabootes Foto: Ralf Johnen
Der weiße Alba-Trüffel wird von September bis Dezember gesucht. Er gilt als teuerste Sorte. Der schwarze Sommertrüffel gedeiht von Mai bis September und ist aufgrund des milderen Aromas weniger kostbar.
Restaurant Zigante, Livade 7, Livade, Kroatien
Hotel Monte Mulini, 52210 Rovinj.
Weinbauer Matosevic, HR 52448 Sv. Lovrec.
Olivenöldegustation: Chiavalon Sandi, Vodnjan
Weitere Informationen zu Trüffeln und Olivenöl aus Kroatien auf der Internetseite des Tourismusbüros
Text und Bilder: Ralf Johnen. Die Reise wurde vom Hotel Monte Mulini unterstützt. Zuletzt aktualisiert im Juli 2021.
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