Die im Indischen Ozean gelegene Insel La Réunion gehört zu Frankreich und ist von atemberaubender Schönheit. Ein Roadtrip führt von einer Mondlandschaft in die Tropen.

Farbenfrohes Piktogramm mit ernstem Hintergrund. Foto: Ralf Johnen
Wir stehen vor einem merkwürdigen Schild. Es zeigt einen Kegel, auf dem eine Art Geweih thront. Die rote Signalfarbe hebt sich vom Grau der Umgebung spürbar ab. Zu Beginn unserer Rundreise durch La Réunion ahnen wir im Nebel stehend, dass wir uns dem Krater des Vulkans nähern. Auf rund 2000 Metern Höhe schließlich verlassen wir unser Fahrzeug.

Knorrige Akazien. Foto: Ralf Johnen
Über versteinerte Lava zum Abgrund
Doch dieser Vormittag mag seine Geheimnisse einfach nicht preisgeben. Unverdrossen bahnen wir uns dennoch unseren Weg durch die grauen Schwaden, bis wir vor einem Abgrund stehen. Bei anhaltend schlechter Sicht steuern wir auf eine Treppe zu, die hinunter führt. Wohin, können wir nicht sehen.

Immer wieder schön: eine Wanderung im Nebel mit Open End. Foto: Ralf Johnen
Nach rund 20 Minuten ist ein Ende in Sicht. Wir laufen nun über versteinerte Lava, aus deren verspielten Formationen karges Gestrüpp emporragt. Ein weiteres Schild hatte die Dauer der Wanderung bis zum 2631 Meter hohen Piton de la Fournaise auf rund drei Stunden bemessen. Also folgen wir den weißen Markierungen, die sich auf dem Gestein befinden.

Perspektivische Verzerrung bei der Rundreise durch La Réunion. Foto: Ralf Johnen
Rundreise durch La Réunion: Krater allerorten
Noch mit gesenkten Köpfen merken wir, wie es plötzlich hell wird. Innerhalb von Sekunden öffnet sich vor unseren Augen eine Landschaft. Eine Mondlandschaft, um genau zu sein. Und in deren Mitte erhebt sich ein überraschend kleiner Krater. Leicht irritiert machen wir uns mit der Umgebung vertraut. Drei Stunden können wir doch noch nicht gelaufen sein?

Foto: Ralf Johnen
Erst als wir uns umsehen, schwant uns, dass dies hier nicht die einzige Öffnung ist, durch die das Erdinnere nach Außen gedrungen ist. In unweiter Ferne erhebt sich ein weiteres Rund. Und ganz hinten am Horizont, ja das muss das Ziel der Wanderung sein. Obwohl wir wissen, dass die gesamte Insel La Réunion vulkanischen Ursprungs ist, sind wir ob der Vielzahl der Krater überrascht.

Kleiner Vulkan auf großem Vulkan. Foto: Ralf Johnen
Vulkane ruhen auf La Réunion nur selten
Nach der Exkursion in die Mondlandschaft schlagen wir einen anderen Weg ein. Wie uns Sylvette erklärt, wandern wir über einen Grat zu jener Stelle, die auch die Einheimischen aufsuchen, wenn »Le Volcan« mal wieder aktiv ist. Das passiert im Schnitt zwei Mal pro Jahr. »Dann«, sagt Sylvette, die vor langen Jahren aus Frankreich in das Überseedepartement gekommen ist, »fließt die Lava manchmal hinunter bis zum Meer«. Das war in Anwesenheit zahlreicher Schaulustiger zuletzt am 10. August 2023 der Fall.

Serpentinen ebnen den Weg in den Krater. Foto: Ralf Johnen
Am nächsten Tag besuchen wir Patrick Fontaine, der bei Saint Philippe einen Garten der Düfte und Gewürze unterhält. »Keine zehn Kilometer von hier«, sagt er, »hat die Lava vor gut 15 Jahren einen ganzen Landstrich verwüstet«. Sein im Südosten des Eilands gelegenes Kleinod aber blieb verschont. Und so kann er wie eh und je Besucher durch den 14 Hektar großen Garten führen.

Viel wächst nicht im der Lava. Foto: Ralf Johnen
Es ist schwülwarm im Garten der Gewürze
Schon am Vormittag ist es schwülwarm hier – die Basis für eine üppige Vegetation. Fontaine begleitet uns über einen Parcours, der an Pfeffer-, Nelken und Zimtbäumen vorbeiführt. Bald sehen wir Mangos, Vanille und Litschi.

Schaut her, was alles gedeiht auf La Réunion. Foto: Ralf Johnen
Dann tropische Blumenmeere. Und schließlich nimmt ein mächtiger Würgebaum unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. »Früher«, sagt Fontaine, »sahen weite Teile der Küsten auf Réunion so aus«. Damit das zumindest hier auch in Zukunft so bleibt, lehnt er alle noch so verlockenden Kaufangebote für sein Anwesen ab.

Köstlich duftet die Vanille. Foto: Ralf Johnen
Schwarzer Strand bei der Rundreise durch La Réunion
Nach so viel Farbenreichtum, können sich die Augen am Strand von Saint Paul erholen. Der nämlich ist schwarz – der Lava sei Dank. Damit steht er in schrillem Kontrast zum Markt auf der angrenzenden Promenade, wo sich rote Chilischoten, Koriandergrün und saftige Früchte auftürmen.

Ein Meer aus Blumen. Foto: Ralf Johnen
Ein guter Ort auch, um das kreolische Fastfood zu verkosten: Samosas, mit Fisch oder Gemüsecurry gefüllte Teigtaschen.

Wolken strömen über den Piton des Neiges auf La Réunion und scheinen ins Tal zu stürzen. Foto: Ralf Johnen
432 Kurven: Abstecher in den Cirque de Cilaos
Nach diesem Abstecher in den Nordwesten nehmen wir Kurs auf die Route National 5. Diese schlängelt sich über 35 Kilometer in den Cirque de Cilaos, einem von drei Talkesseln auf der Insel. Nach 432 Kurven und manch atemberaubender Aussicht ist das gleichnamige Bergdorf erreicht. Es ist der perfekte Ausgangspunkt für die Erkundung der schroffen Bergwelten, die im Gegensatz zum Picon de la Fornaise mit einer üppigen Vegetation gesegnet sind.

Erinnerung an den ausgestorbenen Dodo. Foto: Ralf Johnen
Das abgelegene Dorf mit seinen knapp 6000 Einwohnern aber hat sich auch seine kreolischen Ursprünge bewahrt, die Einflüsse aus Arabien, Indien, Afrika und Frankreich miteinander vereint.

Unwirkliche Verschmelzung von Berg und Wolken. Foto: Ralf Johnen
Rundflug im Ultraleichtflugzeug
Zum Abschluss unseres Aufenthalts fahren wir zurück nach Saint Paul, wo wir uns einen Luxus gönnen: Mit dem Sonnenaufgang finden wir uns auf einem kleinen Flugplatz ein, wo wir Serge Farci treffen. Der Pilot wird uns die Insel von oben zeigen – an Bord eines Ultraleichtflugzeugs.

Vom Krater zur Bergkante scheinbar ohne Übergang. Foto: Ralf Johnen
Die Witterung gestattet den Start und schon bald befinden wir uns erneut über dem Talkessel von Cilaos. Nun steuert Serge mit dem winzigen Fluggerät direkt auf eine Felswand zu, über deren Rand wie eine zähe Melasse die Wolken hinwegziehen. Erst im letzten Moment gewinnen wir an Höhe.

Wolkenteppich über La Réunion. Foto: Ralf Johnen
Extreme auf engem Raum
Nach einigen Minuten dann kommt »Le Volcan« in Sicht. Aus dieser Perspektive ist die diesmal wolkenlose Mondlandschaft noch überwältigender. Der kleine Krater, den wir dort unten erklommen haben, wirkt im Vergleich zur gewaltigen Erdöffnung an der Bergspitze nur mehr wie ein Krümel. So wie die ganze Insel aus der Vogelperspektive den Eindruck erweckt, als wäre sie bei einer Art Bleigießen entstanden.

Über dem Vulkankegel. Foto: Ralf Johnen
Dabei scheint sich ein ganzer Kontinent formiert zu haben – auf nur wenigen Kilometern. Mit Bergen, Schluchten, Talkesseln und Hochebenen, mit Lagunen und Stränden, die keineswegs alle schwarz sind, und mit einem stattlichen Vulkan. Da ist es nur passend, dass auf La Réunion so viele Kulturen hier zusammenleben.

Kulisse für Autowerbung. Foto: Ralf Johnen
Weitere Informationen zu einer Rundreise durch La Réunion
La Réunion hat den Status eines französischen Überseedepartements, Personalausweis genügt, als Währung fungiert der Euro. Die Insel hat einen Durchmesser von 50 bis 70 Kilometern, ist in etwa so groß wie das Saarland und hat rund 850 000 Einwohner.

Tosende Brandung. Foto: Ralf Johnen
Anreise: Mit Air Austral (der Flugline von La Réunion) über Paris Charles Gaulle, Zubringer ab Deutschland mit Lufthansa, etwa 1100 Euro, Flugzeit ab Paris rund 13 Stunden.

Strand muss nicht hell sein. Foto: Ralf Johnen
Reisezeit: La Réunion ist ein ganzjähriges Reiseziel, das Klima ist sanft tropisch, Wanderer bevorzugen die Monate von Juni bis August, wenn die Niederschlagsmengen geringer sind und die Temperaturen an der Küste zwischen 22 und 24 Grad liegen. Am Flughafen Roland Garros sind alle internationalen Autovermietungen vertreten.

Schwarzer Strand mit grünen Gewächsen auf La Réunion. Foto: Ralf Johnen
Übernachtung Die Insel ist kein ausgesprochenes Strandurlaubsziel, gebadet werden sollte nur in den Lagunen, da in den Gewässern verstärkt Haie unterwegs sind. Die Zahl der Luxusresorts ist daher gering.
Cilaos: Hotel Le Tsilaosa (tsilaosa.com) charmante Herberge im Kolonialstil mitten im Ort, ab 180 Euro pro Doppelzimmer.
La Saline-les-Bains: Le Nautile Strandhotel (nautile.re) mit Blick aufs Meer, 175 bis 225 Euro pro Doppelzimmer.

Glanz der Vergangenheit. Foto: Ralf Johnen
Petite-Ile: Palm Hotel (palm.re) luxuriöses Hotel hoch über dem Meer, etwa 300 Euro pro Übernachtung im Doppelzimmer mit Frühstück.
Restaurants
La Marmite in Saint-Giles-les-Bains, kreolische Gerichte aus landestypisch großen Töpfen, die über dem offenen Feuer stehen (keine Internetadresse).
Gite du Volcan, einfaches Lokal mit spektakulärem Ausblick und guter regionaler Küche.

Foto: Ralf Johnen
Text und Bilder: Ralf Johnen, zuletzt aktualisiert im Februar 2025. Die Reise wurde vom Tourismusbüro der Insel La Réunion unterstützt.
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La Reunion ist einfach ein TRAUM!!!!