Im Niemandsland zwischen der Grenze New Mexicos und Flagstaff ist die Mother Road im Interstate 40 aufgegangen. Doch am Wegesrand verbergen sich einige Relikte, die nur kleine Abstecher erfordern. Allein voran eine Geistersiedlung an der Route 66.
An der Westseite des Petrified Forest führt der Interstate effizient an Holbrook vorbei. Wieder so ein Städtchen, dessen scheinbar einzige Existenzberechtigung einst darin bestand, die Reisenden auf ihrem Weg nach Westen zu bewirten. Für den Status einer Geistersiedlung an der Route 66 reicht es nocht nicht ganz. Doch ein Abstecher vom Interstate ist Pflicht. Weniger wegen der ultrabreiten Straßen, die dem Verkehr einer jeden südamerikanischen Metropole gewachsen wären, als wegen des Wigwam Motels.
Wie der Name schon andeutet, befinden sich die Unterkünfte in stilisierten Zelten, wie sie die amerikanischen Ureinwohner bewohnt haben, bevor die europäischen Siedler dem Kontinent ihren Stempel aufgedrückt haben.
Wo Albert Einstein und Amelia Earhart wohnten
Das Spielchen wiederholt sich gut 33 Meilen weiter westlich in Winslow. Auch hier ist die alte Route 66 unverhältnismäßig breit, von den meisten Fassaden blättert die Farbe ab und gelegentlich versucht jemand, mit dem Logo der Mother Road ein paar Dollar zu verdienen. Auffälligstes Bauwerk ist das zwischen den Gleisen der Santa Fe Railway und der Route 66 gelegene Posada Hotel, das im Zeitalter der Frontier die Bahnreisenden beherbergt hat und das nach aufwändiger Renovierung einen zweiten Frühling erlebt.
Skurril: Irgendjemand muss hier die Idee gehabt haben, dem Ortskern durch die Dauerberieselung mit Musik zusätzliches Leben einzuhauchen, und so erschallt aus einer gehörigen Anzahl von Lautsprechern sehnsuchtsvolle Melodien, die an Filmmelodramen wie Peter Bogdanovichs The Last Picture Show erinnern. Viel mehr Western-Flair geht nicht.
Die Twin Arrows: Geistersiedlung an der Route 66
Zurück auf dem I-40 rückt die Zivilisation in Gestalt von Flagstaff in greifbare Nähe. Vorher jedoch wartet noch ein gefallenes Glanzstück aus der Blütezeit der Route 66: Die Twin Arrows, oder vielmehr das, was noch davon übrig ist.
Einer von einst zwei etwa sechs Meter langen Holzpfeilen, die hier in einem Winkel von schätzungsweise 60 Grad in den trockenen Wüstenboden eingelassen wurden, als hätten Ureinwohner der USA ihr Waffenarsenal erneuert, um ihr verlorenes Territorium zurückzugewinnen.
Klapperschlangen im Pool
Einer der beiden ursprünglich 1949 als Erkennungszeichen des Canyon Padre Trading Post errichteten Pfeile hat 2022 der Schwerkraft nachgegeben. Noch ist unklar, ob sich der in der Nähe lebenden Stamm der Hopi mit Unterstützung von Route-66-Fanatikern erneut dazu durchringen kann, die Landmarke zu erneuern, wie es in der Vergangenheit schon einmal der Fall gewesen ist.
So oder so bleibt ein Zwischenstopp ein Muss, denn die Überbleibsel der Tankstelle haben ein sehenswertes Eigenleben entwickelt. Die Außenwände der Bauten sind ebenso wie der Pool zu Projektionsflächen für Graffitis geworden, die für menschliche Besucher und Klapperschlangen gleichermaßen attraktiv scheinen. Wer hier herumstreunt, sei gewarnt.
Infos zu der Geistersiedlung an der Route 66
Die Überbleibsel der Pfeile sind jederzeit zu besichtigen.
Lage: etwa 93 Meilen westl. des Eingangs zum Petrified Forest National Park
Die Route 66 in Arizona ist in Teilen sehr gut erhalten. Das betrifft vor allem die weiter westlich gelegenen Abschnitte bei Seligman.
Attraktionen und Unterkünfte am Wegesrand
Wigwam Motel: Dieser Klassiker der Mother Road hat dem Pixar-Film „Cars“ (2006) als Vorlage gedient. Museale Straßenkreuzer verleihen dem Besuch zusätzlichen Reiz. Wer mag, kann hier auch in einem modernen Appartement nächtigen, die sich im modernen Neubau befinden. 811 West Hopi Drive, Holbrook, AZ, Tel. 928 524 3048, sleepinawigwam.com, Zimmer ab 99 $
Posada Hotel: In den 1920er Jahren hat der Pionier Fred Harvey das Hotel für damals zwei Millionen Dollar errichten lassen (heute gut 40 Mio.). Die erste Version des Luxushotels war von 1930 bis 1957 geöffnet, damals nächtigsten hier unter anderem Albert Einstein, Flugpionierin Amelia Earhart und Franklin D. Roosevelt. 303 East 2nd Street (Route 66), Winslow, AZ 86047, Tel. 928 289 43 66, laposada.org, Zimmer ab 159 $.
Text und Bilder: Ralf Johnen. Dies ist Teil 47 einer Serie von 66 Geschichten über die Route 66. Die vorige Geschichte spielt noch in New Mexico.
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