Die NASA betreibt in den USA vier öffentlich zugängliche Raumfahrtstätten. In dreien davon waren wir bereits zu Besuch. Neben Cape Canaveral haben uns auch Houston und Huntington, Alabama, beeindruckt.
Ich bin Astro-Alex. Und zwar seit 1981. Am 12. April jenes Jahres nämlich machte ich meinen Eltern im Urlaub die Hölle heiß, weil ich unbedingt den Start der Raumfähre Columbia live auf dem Röhrenfernseher unseres Feriendomizils in der Eifel verfolgen wollte. Meine Familie zieht mich heute noch damit auf, dass ich beim Anblick des »Schnitzel Hawaii« in einem Eifeler Gasthof in Tränen ausgebrochen bin. Mittlerweile bin ich meinen Traum näher gekommen. Wir waren an verschiedenen Orten zu Besuch bei der NASA in den USA.
Dabei war es nur meine Angst, wegen der Unmengen an Dosenobst auf meinem Teller den Start der Columbia zu verpassen. Um es mit der NASA zu sagen: Failure is not an option – also habe ich brav (und vor allem schnell) aufgegessen. Und dann wie gebannt vor der winzigen Flimmerkiste in einem Eifelkaff gehockt.
Seitdem bewege ich mich in anderen Galaxien, sobald es um Raumfahrt geht. Im Jubiläumsjahr 2019 der Mondlandung nehme ich euch mit zu drei Fixsternen der NASA, die ich seit meinem „Eifeler Hawaii-Schnitzel-versaut-fast-erstes-Astroerlebnis“ besuchen durfte.
Premiere in Texas: Zu Besuch bei der NASA in den USA
Houston, wir haben ein Problem…..nämlich, dass ich normalerweise kein Bimmelbähnchen fahre. Diese ruckelnden Lindwürmer, die sich durch die Touri-Gegenden dieser Welt ziehen. Aber beim NASA Space Center in Houston musste ich eine Ausnahme machen. Denn das komplette Gelände in Houston ist für Besucher nur im Rahmen der „NASA Tram Tour“ zu besichtigen. Bei der man aber glücklicherweise zwischendurch aussteigen und daher seinen eigenen Rhythmus gehen kann.
Es gibt verschiedene Routen. Immer ist der „Rocket Park“ Bestandteil, in dem beeindruckende Flugobjekte präsentiert werden. Dazu gehört auch die kolossale Saturn V Rakete, die von 1967 bis 1973 amerikanische Astronauten ins All und bis zum Mond beförderte. Sie ist bis heute die größte, schwerste und antriebsstärkste Rakete, die jemals in den Himmel schoss. Fast 111 Meter lang, brachte die Lady vor dem Start und voll betankt rund 2,8 Millionen Kilogramm auf die Waage.
Transparente Forschungsstätten der NASA
Die Tram-Tour in Houston beinhaltet aber auch einen Einblick in das legendäre „Apollo Mission Control Center“, von wo aus die NASA die „Gemini“- und „Apollo“-Einsätze steuerte. Inklusive der ersten Mondlandung am 21. Juli 1969. Was mich bei unserem Besuch besonders beeindruckte, ist die Offenheit, mit der die sonst (zumindest in technischen Dingen) doch so zugeknöpften Amerikaner dem Publikum ihre Forschungsstätten präsentieren. Zu bestaunen waren etwa Testlabors, wo Fahrzeuge für künftige Missionen entwickelt werden, sowie Einrichtungen, in denen Astronauten für ihre Einsätze trainieren.
Ich war jedenfalls vom meinem ersten Besuch bei der NASA in den USA so begeistert, dass ich nach der mehrstündigen Rundfahrt fast ins nächste Bimmelbähnchen gestiegen wäre. Dabei hatte ich das umfangreiche Museum selbst noch gar nicht gesehen, wo es u.a. eine Ausstellung zu Raumanzügen und zum Alltag von Astronauten im All zu sehen gibt und wo wir im galaktisch-großen Gift Shop den Küchenmagneten „Failure is not an option“ erwarben – auch als Erinnerung an mein Eifeler Hawaii-Schnitzel.
Station zwei: Cape Canaveral in Florida
Ein großer Schritt für die Menschheit, ein Riesenschritt für mich…
Es sollten erneut ein paar Jahre verstreichen, bevor ich zu meiner zweiten touristischen NASA-Mission aufbrechen durfte. Eine Recherchereise durch Florida für den ADAC-Reiseführer von Ralf führte uns nicht nur nach Palm Beach, wo wir (fast) in eine Million-Dollar-Charity-Party gerauscht wären. Sondern bescherte mir als Steinbock auch das seltene Vergnügen, den Geburtstag bei tropischen Temperaturen und mit einem morgendlichen Bad im Meer verbringen zu können.
Auf dem Zenit unserer an Höhepunkten nicht armen Reise war ich natürlich im Kennedy Space Center: hier, vom Weltraumbahnhof der NASA, startete 1981 mit ohrenbetäubendem Lärm die Columbia. Wie auch alle bemannten Raumflüge von Ende 1968 bis 2011 hier abhoben.
Von der Eifel nach Cape Canaveral
Es schloss sich also für mich ein Kreis: von der Eifel bis nach Cape Canaveral in Florida – you’ve come a long way, baby! Dass ich „meine“ Raumfähre hier nicht ausgestellt sehen würde, war mir natürlich schon vorher schmerzlich bewusst: die gesamte Columbia-Mission war geprägt von Rückschlägen und am 1. Februar 2003 (ich saß, wie Millionen andere, wieder vor dem Fernseher), zerbrach sie kurz vor ihrer Landung und verglühte. Alle sieben Besatzungsmitglieder starben.
Die Besonderheit im Kennedy Space Center ist, dass hier die verschiedenen monumentalen Startrampen zu bewundern sind, die man aus so vielen TV-Übertragungen kennt. Eine Bustour führt an einigen der Gebäude vorbei. Mit gehörigem Sicherheitsabstand, denn schließlich sind wir hier nicht in einem Freilichtmuseum, sondern in einem betriebsamen Weltraumbahnhof.
Zu Besuch bei der NASA in den USA: Meet an Astronaut
Die Sternstunde unseres Besuchs war es, einen leibhaftigen Astronauten zu treffen: unter dem Titel „Meet an Astronaut“ können Touristen ein solches Date erleben, inklusive Händeschütteln und Erinnerungsfoto. Marcos Pontes war „unser“ Raumfahrer, 2006 flog er als erster Brasilianer ins All.
Ein charmanter und keineswegs abgehobener Forscher, der unserer Gruppe berichtete, wie er es aus einfachen Verhältnissen und über eine Lehre als Elektriker bei der Eisenbahn auf die internationale Raumstation ISS brachte.
Und sich bei seinem Blick vom Weltraum aus auf die Erde an die blauen Augen seiner Mutter erinnerte, die ihm immer versichert hatte, dass er alles erreichen können – wenn er nur hart genug arbeite und zielstrebig seinen Traum verfolge.
Stippvisite in Huntsville, Alabama, a.k.a. Rocket City
„Es wird Wagen geben, die von keinem Tier gezogen werden…und mit unglaublicher Gewalt daher fahren.“ Was Leonardo da Vinci vor 500 Jahren gemeint haben könnte, sehen wir eindrucksvoll bestätigt, als wir auf dem Highway Richtung Huntsville, Alabama, schnurren.
Nicht nur sitzen wir selbst in einem solchen Vehikel ohne Tierantrieb. Sondern wir steuern auch auf ein gigantisches Flugobjekt zu, das wie ein riesige Nadel ins Firmament sticht. Leo, was hättest du dazu gesagt, dass man einst sogar in den Himmel abheben sollte? Und das auch noch, ohne von Pferden gezogen zu werden?
Sternstunden in Alabama
Der in den Himmel ragende Nachbau der Saturn V-Rakete steht als Landmark für das „US Space & Rocket Center“ und zugleich für Huntsville, Alabama, das seit den 50er-Jahren den Beinamen „Rocket City“ trägt.
Völlig zu Recht, wurden doch in der etwa 185.000 Einwohner zählenden Stadt die Saturn-Raketen und Apolloprogramme für die Mondlandung entwickelt. Seit jenen Glanzzeiten der amerikanischen Raumfahrt hat sich in der Stadt darüber hinaus eine komplette Industrie rund um die Raumfahrt entwickelt, in deren Orbit sich weitere Forschungseinrichtungen angesiedelt haben.
Ab in den Accelerator von Huntsville
Im Besucherzentrum des US Space & Rocket Center kann man getrost einen kompletten Tag verbringen. Als praktische Entscheidungshilfe gibt es einen vorgefertigten Tagesplan. Er deckt vom Besuch des Raketen- und Shuttleparks und des Apollo-Geländes über die Halle für die Saturn V-Rakete bis hin zu einer Ausstellung über Wissenschaft im All alles ab.
Für Kinder (auch etwas in die Jahre gekommene) sind sicherlich die Karussell-artigen Attraktionen wie der G-Force Accelerator am spannendsten. Unter anderem kann man in einer sich immer schneller drehende Zentrifuge die auf Astronauten einwirkenden Fliehkräfte erleben.
Für mich allerdings war am aufregendsten das Treffen mit Otha G. Vaughn, einem pensionierten NASA-Wissenschaftler, der mit dem legendären deutschen Wissenschaftler Wernher von Braun in Huntsville u.a. am Apollo-Mondprogramm gearbeitet hatte.
Spritztour im Mondfahrzeug der NASA
Auf typisch-amerikanisch lockere Art plaudert „just-call-me-Otha “, der die 80 bei unserem Treffen deutlich überschritten gehabt haben dürfte, über seine Arbeit und die Zusammenarbeit mit Von Braun. Freimütig erklärt er wie er mithalf, das Mondfahrzeug zu konstruieren, mit dem die Crew von Neil Armstrong über den Mond fuhr. „Als ich später einmal von der Polizei angehalten wurde, habe ich meinen Führerschein für dieses Mondfahrzeug vorgezeigt“, erzählt er grinsend, „das sollte ja wohl auch hier für die Erde reichen.“
Nochmal zu Wernher von Braun: dieser wird in Huntsville wie ein Heiliger verehrt. Gebäude und Straßen sind nach ihm benannt und man spricht mit Ehrfurcht von ihm. Das ist deshalb nicht verwunderlich: von Braun hat maßgeblich das Programm entwickelt und vorangetrieben, mit dem die Amerikaner als erste und vor allem vor den Russen auf dem Erdtrabanten landen konnten.
Amnestie für Wissenschaftler mit SS-Vergangenheit
Der deutsche Wissenschaftler hatte ordentlich Druck gemacht: „Wenn wir in diesem gemächlichen Tempo weitermachen, werden wir den russischen Zoll passieren müssen, wenn wir auf dem Mond landen“, soll er 1959 gesagt haben.
Was uns Deutsche doch etwas schlucken lässt, ist die Tatsache, dass hier ein Landsmann verehrt wird, der einst SS-Mitglied war. Und der in Diensten der Nazis die berüchtigte V2-Rakete konstruierte, die im Zweiten Weltkrieg zerstörerische Wirkung entfaltete. Aber da sind die Amis offenbar pragmatisch: wie Wernher von Braun wurden zahlreiche deutsche Wissenschaftler nach dem Krieg quasi amnestiert, um ihre unzweifelhaften Ingenieurskünste für die eigenen Zwecke einzusetzen.
Der Traum vom Space Camp
Zurück zum Hawaii-Schnitzel…das ich nicht noch einmal auf dem Teller haben muss. Aber Astro-Alex, die möchte ich ja doch einmal wirklich sein! Abheben, den Blick aus dem All auf unsere Erde richten – ein Traum! Ein Traum, der sogar wahrwerden könnte! Denn in Huntsville gibt es das „Space Camp“: Jedes Jahr können Hobby-Astronauten dort in einem sechstägigen Programm einen Flug zum Mond, zum Mars oder zur Raumstation ISS unter (relativ) echten Bedingungen simulieren. Steht seitdem auf meiner Wunschliste. Failure is not an option!
Zu Besuch bei der NASA in den USA: Informationen
NASA Space Center Houston 1601 NASA Pkwy, Houston, Texas. Die Öffnungszeiten variieren saisonal, Erwachsene $ 29,95, Kinder (4-11) $ 24,95.
Kennedy Space Center Visitor Complex, Merritt Island, Florida. Die Öffnungszeiten variieren zwischen 9 und 18/19/20 Uhr, Tickets 57/47 $.
U.S. Space & Rocket Center One Tranquility Base, Huntsville, Alabama 35805, täglich geöffnet von 9 bis 17 Uhr, Tickets 25/17 .
Text: Alexandra Johnen, Bilder: Ralf Johnen, August 2019, wir waren – in mehreren Etappen – auf Einladung der Tourismusbüros von Texas, Visit Florida und Visit Alabama zu Besuch bei der NASA in den USA. Meine Begeisterung kam von alleine. Um Missverständnissen vorzubeugen: mit dem „richtigen“ Astro-Alex, alias Alexander Gerst, habe ich höchstens einen Teil meines Vornamens und meine Leidenschaft für das Weltall gemeinsam.
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