Das Museum of Nuclear Science and History in New Mexico gewährt tiefe Einblicke ins amerikanische Selbstverständnis. Direkt an der Route 66 zeigt das Ausstellungshaus vor allem Atomwaffen, Raketen und Flugzeuge. Doch es zeichnet auch wichtige Episoden der Zeitgeschichte nach. Für Fans der amerikanischen Geschichte bedeutet dies: »Prädikat wertvoll«.
Die Offenheit und Freundlichkeit der Amerikaner gegenüber ausländischen Touristen nimmt wohl die meisten Besucher der USA für das Land und seine Leute ein. Allerorts klingt Fremdlingen, die mit auswärtigem Zungenschlag parlieren, ein neugierig-fröhliches »Where are you from?« entgegen. Wer dann erwidert, dass Deutschland seine Heimat ist, kann mit Kommentaren rechnen, die Amerika-Routiniers gut kennen.
Das Gegenüber hatte wahlweise einen deutschstämmigen Großvater oder war im Dienste der US-Armee in Germany stationiert. Manchmal genügt auch schon der Hinweise, dass man einmal mit dem Flugzeug in Frankfurt am Main zwischengelandet sei, als Gesprächeröffnung.
Man trägt Button von »Little Boy« und »Fat Man«
So geht es auch Besuchern des Museum of Nuclear Science and History in Albuquerque. Als wir das weitläufige Ausstellungshaus betreten, kommen wir recht schnell ins Gespräch mit ehrenamtlichen Mitarbeitern. Sie berichten nach ein bisschen Smalltalk bereitwillig über die Exponate und die Hintergründe des Museums.
Dabei offenbart sich beim Blick auf Accessoires, welche die meist älteren Herren am Revers tragen, dass die Auffassungen von Deutschen und Amerikanern über die Nutzung nuklearer Errungenschaften voneinander abweichen können. Buttons in Form der Atombomben »Little Boy« und »Fat Man«, welche die Amerikaner auf Hiroshima und Nagasaki abwarfen und die Hundertausenden den Tod brachten, lassen uns doch etwas schlucken.
Ambivalente Gefühle im Museum of Nuclear Science and History
Es bleibt nicht der einzige ambivalente Eindruck, den wir im Museum of Nuclear Power haben. Die Ausstellungsmacher des 1969 eröffneten Hauses bemühen sich, die ganze Bandbreite der Nuklearenergie abzubilden. Dazu gehört auch die sich wandelnde Haltung der (amerikanischen) Bevölkerung zur Nutzung von Atomkraft.
Chronologisch aufgebaut, führt die Ausstellung die Besucher durch die Frühzeiten der Kernenergie Anfang des 20. Jahrhunderts. Damals war es Atomphysikern gelungen, beispielsweise durch den Einsatz von Röntgenstrahlung in der Medizin den Fortschrittsglauben der Menschen zu beflügeln. Seinerzeit hatte die Atomenergie also ein durchweg positives Image. Dieses ging sogar soweit, dass sich Kunden eines Schuhgeschäftes mit einem eigentümlichen Röntgengerät ihre Füße ausmessen lassen ließen.
Auf den Spuren des Manhattan Project an der Route 66
Der umfangreichste Teil des 1969 eröffneten Museums of Nuclear Science aber widmet sich der Nutzung der Atomenergie für kriegerische Auseinandersetzungen. Im Mittelpunkt: der internationale Wettlauf um die Entwicklung der Atombombe im Zweiten Weltkrieg (Stichwort »Manhattan Project«). Maßgeblich daran beteiligt war der umstrittene deutsche Forscher Wernher von Braun, der in Huntsville, Alabama, mit einem großen Team von Forschern an der Entwicklung zerstörerischer Waffen arbeitet. An deren Ende standen bekanntlich die verheerenden Bombardierungen der japanischen Großstädte Hiroshima und Nagasaki am 6. bzw. 9. August 1945.
Ob die Bombenabwürfe, die Zehntausende Zivilisten auf der Stelle und in späteren Jahren durch die radioaktive Strahlung töteten, gerechtfertigt waren – dies diskutieren Historiker noch immer leidenschaftlich. Und diese Debatte thematisiert auch die Ausstellung, wobei sich mehrere der Museumsguides dahingehend äußern, dass sie persönlich die Bombardements für erforderlich hielten, damit der Zweite Weltkrieg beendet werden konnte.
Albert-Einstein-Puppe mit deutschem Akzent
Beeindruckend ist das Außengelände, das nur einen Steinwurf von der Route 66 entfernt ist. Hier sind Flugzeuge und U-Boote ausgestellt, die entweder mit Atomkraft angetrieben werden oder zum Transport von Atommaterial dienen. Und wer dann noch eine animierte Albert-Einstein-Puppe mit deutschem Akzent über Atomphysik fachsimpeln hört, rundet seinen Eindruck vom Museum ab.
Das Haus möchte der ganzen Bandbreite der Kernenergie gerecht werden – vom heilbringenden Nutzen in der Medizin über den diskutablen Wert als Energiequelle bis hin zur verheerenden Wirkung beim Einsatz als todbringende Waffe.
Informationen zum Museum of Nuclear Science and History in New Mexico
Lage: The National Museum of Nuclear Science & History, 601 Eubank Blvd. SE at Southern Blvd, Albuquerque, NM 87123. Das Museum befindet sich direkt an der historischen Trasse der Route 66 durch Albuquerque.
Öffnungszeiten: täglich geöffnet von 9 bis 17 Uhr. Eintritt für Erwachsene 15 Dollar, Kinder und Jugendliche bis 17 Jahren 11 Dollar, unter 5 Jahren ist der Eintritt frei.
Restaurant: Wem es nach der etwas schweren Kost des Nuklear-Museums nach einer weiteren deftigen Stärkung gelüstet, für den haben wir einen Tipp. Fahrt zum traditionsreichen und stets gut besuchten, seit Generationen familiengeführten mexikanischen Restaurant Sadie’s of New Mexico (6230 Fourth St. N.W., Los Ranchos de Albuquerque, NM 87107). Die Spezialität sind Enchiladas, die feurigen Chilisaucen hausgemacht. Da die Portionen gigantisch sind, reicht den meisten Gästen auch ein Hauptgericht für zwei Personen.
Reiseblog über die Route 66
Wir schreiben an dieser Stelle 66 Geschichten über die Route 66 und ihre Umgebung. Wenn du alle Geschichten lesen möchtest, klicke hier. Dies hier ist Episode 43, zu Episode 41, die sich ebenfalls mit Albuquerque befasst, geht es hier. Auch Nummer 42 thematisiert Albuquerque, wobei die Stadt als Drehort der Serie »Breaking Bad« im Mittelpunkt steht.
Text und Bilder zur Geschichte über Albuquerque, die Stadt aus Breaking Bad: Ralf Johnen, zuletzt aktualisiert im Februar 2022. Die Recherche vor Ort hat das Tourismusbüro von Visit Albuquerque teilweise unterstützt.
Comment
..in den sechziger Jahren habe ich in meiner Eifelheimat GIs kennengelernt : ausnahmslos nette Jungs, die gerne Ihren Militärdienst in Germany leisteten. Mit ihnen haben wir auch oft über Krieg und seine Instrumente gesprochen, die Antworten gleichen denen von heutzutage. Durch den Krieg in der Ukraine verschieben sich altgewohnte Erfahrungen und Meinungen. Der sehr sorgfältige, beeindruckende Bildbericht hilft in jedem Fall, ander Nationen und Menschen zumindest ein kleines bisschen zu verstehen, weiter so ! Manni.