Oklahoma ist der Inbegriff des Mittleren Westens schlechthin. Doch auch hier gibt es mehr als nur Cowboys und Klischees. Bricktown in Oklahoma City etwa ist ein Garant für lebendiges Nachtleben an der Route 66.
Mit dem Folksänger Woody Guthrie und dem Country-Barden Garth Brooks stammen sehr erfolgreiche Künstler aus dem Land der Cowboys und Ölpumpen. Doch als Hochburg der Subkultur gilt Oklahoma nicht unbedingt. Doch die Zeiten ändern sich: So gehört mittlerweile auch eine musikalische Avantgarde zu Oklahoma, die rein gar nichts mit den Klischees vergangener Zeiten zu tun hat. Dementpsrechend können sich die Kicks auf der Route 66 von heute sehr anders anhören, als das noch zu Zeiten von Steppenwolf und Konsorten der Fall gewesen ist. Tatsächlich kommen mit den Flaming Lips aus Oklahoma City und St. Vincent aus Tulsa zwei der schillerndsten Bands respektive Künstler der USA aus dem Bundesstaat. Erstgenannter Band ist in Bricktown in Oklahoma City eine erstaunliche Ehre zuteil geworden. Nach ihr wurde eine Straße im Ausgehviertel Bricktown benannt, die Flaming Lips Alley.
St. Vincent: Eine Kunstfigur, die verunsichert
In Tulsa erblickte Anne Erin Clark 1982 das Licht der Welt, die es als St. Vincent zu einiger Berühmtheit gebracht hat. Clark komponiert recht konventionelle Pop-Songs mit Elektro-Einschlag, die ziemlich eingängig, aber dabei nicht zu eigenwillig sind. Das ist als musikalisches Produkt recht erfolgreich. Richtig interessant aber sind die Rollenbilder, mit denen Clark als Popstar und Person des öffentlichen Lebens spielt.
Sie lässt sich nicht als sexy Sternchen instrumentalisieren, sondern inszeniert sich lieber selbst als enigmatische Kunstfigur. Ihre übertriebene Körperbetontheit ruft bei den meisten Betrachtern eher Unbehagen oder Verunsicherung hervor.
Die Flaming Lips: Das Beste, das Oklahoma zu bieten hat
Clark lässt sich nicht auf eindeutige Botschaften festlegen. Lieber schafft sie ein Image, das die Denkmuster der Zuhörer in Frage stellt. Das hat ordentlich Wirbel verursacht: Ihr viertes Album »St. Vincent« wurde vom britischen Guardian zur Platte des Jahres gewählt. Auch hat Clark mit David Byrne (Talking Heads) zusammengearbeitet und bei einer Nirvana-Reunion die Vocals übernommen.
Noch skurriler als St. Vincent sind aber die Flaming Lips aus Oklahoma City. Die Band um Sänger und Mastermind Wayne Coyne hat schon 1984 ihr erstes Album veröffentlicht. Es sollte neun Jahre dauern, ehe die Formation mit »She don’t use Jelly« einen Collegeradio-Hit feiern konnte.
Der kurzzeitige Besuch in den Charts aber war eher irreführend, denn die Band sollte es in den kommenden Jahren Extravaganzen jeder Art den Vorzug geben. Ihr mutmaßlich besten Album lieferten Coyne und Konsorten 1999 mit »The Soft Bulletin« ab. Auch der Nachfolger »Yoshimi Battles the Pink Robots« enthält einige Klassiker.
Oklahoma City: Nachtleben an der Route 66
Weltweite Furore allerdings machten die Flaming Lips als Live-Band, die deren Auftritte standardmäßig mit dem Aufmarsch in Tierkostümen beginnen. Nur Wayne Coyne lässt sich zum Auftakt der Show stets akkurat in einem hellen Anzug gekleidet in einer durchsichtigen Gummikugel über die Köpfe des Publikums hinwegtragen. Im Laufe des Sets folgt der pointierte Einsatz von Konfettikanonen, Kunstblut, Handpuppen und Videoeinspielungen. Es ist ein einziges Fest für die Sinne, für das treue Anhänger zuvor weite Reisen in Kauf nehmen.
In der Heimat ist der Erfolg der Band nicht unbemerkt geblieben. Anders als Annie Clark, die inzwischen in New York City residiert, leben Wayne Coyne und Kollegen noch immer in Oklahoma City. Seit der Bandgründung hat die Stadt einen erstaunlichen Wandel hingelegt. Das Provinznest ist mittlerweile zumindest am Wochenende eine Partymetropole.
Willkommen in der Flaming Lips Alley
Einen erheblichen Anteil daran hat die Metamorphose des ehemaligen Warenhausbezirks Bricktown zu einem attraktiven Ausgehviertel. Ebendort ist der Band eine Ehre zuteil geworden, die normalerweise den ganz Großen vorbehalten ist, denn es wurde eine Straße nach ihnen benannt – die Flaming Lips Alley.
Wer also auf dem langen Trip von Chicago nach Los Angeles Lust auf ein wenig Nachtleben an der Route 66 bekannt, ist in Bricktown gut aufgehoben.
Informationen zu Bricktown in Oklahoma City
Lust auf Nachtleben an der Route 66? Auf nach Bricktown, das sich östlich des Central Business District an die Innenstadt anschließt. An Wochenenden laufen die Bars und Restaurants über, es kann recht laut werden. Sehr beliebt sind Spaziergänge oder Bootstouren auf dem Bricktown Canal.
Attraktionen
American Banjo Museum Das Banjo gilt auch als »America’s Instrument«. Für Musikfans unerlässlich, 9 East Sheridan Avenue, Oklahoma City, OK 73014, Tel. (405) 604 2793, Di–Sa 11–18, So 11–17 Uhr.
Restaurant
Bricktown Brewery Enorm erfolgreiche Brauerei mit Pub-Food. Interessant für Rheinländer: das hauseigene »Old King Kölsch«, 1 North Oklahoma Avenue, Oklahoma City, OK 73104, Mo–Do 11–23, Fr, Sa 11–1 Uhr.
Übernachtung
Colcord Hotel In Bricktown und Umgebung sind nur die gängigen amerikanischen Ketten vertreten. Wer etwas Besonderes sucht, kann aber in diesem historischen Hotel buchen, das sich in Fußdistanz auf der Seite des Central Business District befindet. 15 North Robinson Avenue, Oklahoma City, OK 73102, Tel. (405) 601 4300.
Allgemeine Informationen über Oklahoma City und die Bands aus Oklahoma
Die Flaming Lips und St. Vincent fallen unter anderem durch ziemlich coole Webseiten auf. Mehr über das Nachtleben an der Route 66 findest du auf der Homepage von Bricktown.
Text und Bilder zur Geschichte über das Nachtleben an der Route 66: Ralf Johnen, Oktober 2021. Ich schreibe an dieser Stelle 66 Geschichten über die Route 66, inzwischen bin ich bei Geschichte Nummer 30. Die kürzlich veröffentlichte Geschichte Nummer 29 findest du hier.
Comment
..Bericht und Fotos bringen mir viele Fakten dieses Wunderbaren Landes immer näher…ich komme später darauzf zurück…