In der Nebensaison sind die dalmatischen Inseln ruhig und beschaulich. Sie warten fast darauf, wachgeküsst zu werden – am besten während eines Segeltörns mit Freunden. Wir haben einen Katameran von The Moorings getestet.
»Möchtet ihr einen Schnaps?«, fragt Ivor Deličia, nachdem er uns bereits von seinem handgeschnittenen Landschinken hat kosten lassen. »Grundsätzlich wäre ich nicht abgeneigt«, sage ich vorsichtig. »Aber wir haben noch nicht gefrühstückt«. Das quittiert der freundliche Feinkosthändler mit einem Lächeln. »Ihr Deutschen«, erwidert er, »seid außergewöhnlich diszipliniert«. Es ist schließlich bereits 9.45 Uhr. Höchste Zeit, sich ein Gläschen selbstgebrannten Trester zu gönnen.
Mit einem knappen Pfund vakuumverpacktem Schinken und zwei Flaschen Mali Plavac trete ich zurück auf die Straßen von Hvar. Eine dieser langgezogenen Insel vor der Küste Dalmatiens. Ich lächele in mich hinein: Es ist wahrhaftig das erste Mal, dass ich nein gesagt habe zu einem kulinarischen Angebot, seit wir in dem Ort mit dem adäquaten Namen Marina unseren Katamaran bezogen haben.
Segeltörn mit Skipper
Auf Zickzackkurs von Insel zu Insel sollte es gehen. Mit ein paar Freunden, die sich auf drei Kabinen verteilen, und mit einem Skipper. Schließlich besitzt keiner der Passagiere einen Segelschein für das offene Meer. Im Verlauf einer knappen Woche wollten wir uns ordentlich durchpusten lassen. Wertvolle Zeit miteinander verbringen und dabei kritisch unter die Lupe nehmen, ob sich die kroatische Küche mit anderen Mittelmeerregionen messen kann. Und gegebenenfalls sogar das Segeln (klicke hier, um zur Geschichte über den Segeltörn auf den British Virgin Islands zu gelangen) lernen.
Es ist ein sonniger Nachmittag Anfang Oktober, als uns Skipper Domagoy Miletić in die Vorzüge des Boots einweist. Er, den alle nur Domo nennen, werde uns Schritt für Schritt in die üblichen Arbeitsabläufe einweisen, solange wir an Bord sind. Dabei sei es ihm egal, ob wir wirkliche Segel-Action wollen oder ob wir uns lieber auf der Matte wälzen, die zwischen den Bugspitzen aufgespannt ist. Nur manchmal sei er wirklich auf unsere Mithilfe angewiesen.
Erster Zwischenstopp in Trogir
Für die ersten zehn Seemeilen gilt das heute jedoch nicht. Es ist windstill und wir nutzen den Bordmotor, um nach Trogir zu gelangen, eine Stadt die vor mehr als 2200 Jahren gegründet wurde. Nicht mehr als einen Steinwurf vom Festland entfernt, breitet sich die ehrwürdige Altstadt auf einer Insel aus. Diese mag von der Fläche her überschaubar sein mag. Doch die engen Gassen verlangen dem Orientierungssinn einiges ab.
Erst waren es die Griechen, die in Trogir sichtbare Spuren hinterlassen haben. Später folgten die Römer und die Venezianer. Auch wegen dieser ungewöhnlichen Zivilisationsgeschichte wurde die stolze Stadt vor 25 Jahren zum Weltkulturerbe der Unesco erklärt. Die Zahl eher überflüssiger Souvenirläden ist seitdem gestiegen, ebenso der Zuspruch von Besuchern aus Übersee.
An diesem lauen Abend im frühen Herbst aber wirkt Trogir seltsam leer. Erst auf dem Platz vor dem Rathaus entdecken wir südländische Lebensfreude. Ein verliebtes Paar feiert in der Dämmerung seine Hochzeit. Mit Feuerwerk, ekstatischem Tanz und vielen kroatischen Flaggen.
Konoba: Ein Muss beim Segeltörn zu den kroatischen Inseln
Wenig später sitzen wir in unserem ersten Konoba. So heißen die traditionellen Restaurants an der Adriaküste, von denen wir in den kommenden Tagen mehrere testen möchten. Übersetzt bedeutet das Wort schlicht »Keller«. In der Praxis aber handelt es sich um einen Sammelbegriff für meist einfache Lokale mit rustikalem Interieur. Auf den Teller kommen traditionelle Speisen jenseits aller kulinarischen Moden.
Am nächsten Morgen bin ich zunächst etwas verwirrt ob des ungewohnten Vokabulars an Bord. Domo redet von Spinnakern und Fendern, von Tampen und Pantry. Von der auch nicht zugänglichen Knotenlehre haben wir da noch gar nicht gesprochen. Lediglich der Fachterminus Flaute kommt mir bekannt vor – und so wundere ich mich nicht, dass wir auf dem Weg zur Insel Brač die Segel nicht setzen. Dafür verspricht Domo mit Hilfe des Motors einen Flecken anzusteuern, der uns gefallen werde.
Schnorcheln in einer abgelegenen Bucht
Es ist eine Bucht im Nordwesten der Insel, die sich fast wie in ein Fjord ins Land hineingräbt. An den Ufern steht nur eine Handvoll Steinhäuser. Menschen sind trotz des herrlichen Wetters nicht zu sehen. Das Wasser schimmert in allen erdenklichen Grüntönen und es ist glasklar. Gute Voraussetzungen zum ersten Schnorchelgang bei unserem Segeltörn zu den dalmatischen Inseln. In der Ferne meine ich zu hören, wie der Rest der Passagiere an Bord über Sternstunden der menschlichen Existenz philosophiert.
Erst am späten Nachmittag machen wir mit dem Katamaran von The Moorings im Hafen von Milna fest. Schon bald taucht die Abendsonne die kleine Stadt in dramatisches Licht. Eine alte, mit einem Treppengiebel verzierte Kirche thront auf einem Sockel. Direkt daneben ragt ein stiller Zeuge der venezianischen Vergangenheit in den Himmel: ein Campanile wie auf dem Markusplatz, nur viel kleiner. Die Stühle in den Cafés der Uferpromenade sind abermals kaum besetzt. Ich bestelle ein Bier und vertiefe mich in das Naturschauspiel.
Freie Hand für den Küchenchef
Die Konoba Dupini allerdings ist auch in der tiefsten Nebensaison ausgebucht. Wir folgen der Landessitte und lassen dem Küchenchef freie Hand, was wir nicht bereuen. Nacheinander gibt es: Lammkoteletts, Zackenbarsch und, als kaum umstrittene Krönung, ein tiefschwarzes Risotto vom Tintenfisch. Dazu erhalten wir einen ausgewogen fruchtigen Wein, den ich mir kurz darauf beim eingangs erwähnten Feinkosthändler kaufen würde. Grund: Weingenetiker haben der Rebsorte eine enge Verwandtschaft zu einem kalifornischen Bekannten attestieren – dem Zinfandel.
Nach einer zweistündigen Überfahrt steht der körperreiche Rotwein am folgenden Tag schon zum Mittagessen auf dem Tisch. Bei unserem Segeltörn zu den dalmatischen Inseln haben wir im Hafen der Insel Paklinski Otoci festgemacht, die unser Skipper uns als »Hölleninsel« ankündigt. Der Name allerdings will nicht wirklich zu dem passen, was wir vor uns haben. Es ist ein sehr grünes Eiland mit der angeblich zweitgrößten Agavenpopulation des Mittelmeerraums. Das Land scheint sich in der Adria zu drehen und zu winden, um dabei mehrere attraktive Buchten zu formen.
Die Geschichte von Toto und Tito
Der wuchtige Wein passt hervorragend zu der operettenhaften Gestalt, die uns im Restaurant Palmižana in Empfang nimmt. Sie hört auf den klangvollen Namen Dagmar Meneghello. Vor 50 Jahren war sie noch unter ihrem Mädchennamen Gebauer auf die große Nachbarinsel Hvar gekommen. Dort hat sie sich in einen gewissen Toto Meneghello verliebt, ihn geheiraten und mit ihm den Traum verwirklicht, auf der Hölleninsel ein Feriendomizil zu etablieren.
Das war keine leichte Aufgabe, denn sie und Toto musste sich mit Tito auseinandersetzen. Dem kommunistischen Diktator war jede Form von Privatbesitz ein ideologischer Dorn im Auge. Nur eine von vielen Eskapaden der jüngeren Geschichte, die in Kroatien durch den Zerfall Jugoslawiens und den Balkankrieg deutlich mehr im Alltag verankert sind, als Mitteleuropäer das gegenwärtig gewohnt sind.
Segeltörn mit The Moorings: Eher Karibik als Hölleninsel
Ihre Ideen konnten die Meneghellos dennoch umsetzen. Daher gibt sich die vermeintliche Hölleninsel bei unserem Segeltörn (hier geht es zur Geschichte über den Segeltörn durch die Äolischen Inseln) zu den dalmatischen Inseln als ein Rückzugsort, wie es ihn sonst nur in der Karibik gibt. Inklusive Badebuchten, einem kleinen Hotel und mehreren Alleinstellungsmerkmalen. So hat Dagmar Meneghello jahrzehntelang Kunst gesammelt, die sie rundum das Restaurant ausstellt. Die Gartenanlagen sind ebenso ausgefallen. Totos Vater war Hochschullehrer für Botanik an der Universität von Dubrovnik. Seine Forschungsobjekte gedeihen auf der Adriainsel auch in der Gegenwart noch prächtig.
Eine andere Besonderheit verkündet Dagmar fast beiläufig. Von Ende Oktober bis Ostern ist das Klima auf den dalmatischen Inseln ziemlich rau. Die Boote der Segler sind dann in Hangars eingelagert. Immer dann ist Dagmar die einzige ständige Bewohnerin der Hölleninsel. Momentan allerdings treibt sich auch ihr Sohn hier herum, wovon auch die Gäste profitieren. Denko hat am Tag zuvor einen ausgewachsenen Blauflossen-Thunfisch aus dem Mittelmeer gezogen. Wie sich vor Ort herausstellt, passt dieser in gegrillter Form vorzüglich zum Mali Plavac.
Wetterumschwung beim Segeltörn mit The Moorings
Von den vielen Stunden an der Tafel euphorisiert, bemerken wir den sich anbahnenden Wetterumschwung zunächst kaum. Doch am Nachmittag beginnt es überfallartig zu stürmen. Die Einheimischen beunruhigt das wenig. Sie wissen, dass mit gelblicher Luft gepaarte Wolkentürme nichts Gutes verheißen. Die geplante Fortsetzung unseres Segeltörns zu den dalmatischen Inseln in Richtung Hvar muss daher vorerst ausfallen. Doch für solche Fälle verkehren immer noch Wassertaxis mit furchtlosen Kapitänen zwischen den Inseln. Diese Chance lassen wir uns nicht entgehen.
Die Stadt Hvar ist mit kaum 4000 Einwohnern die größte in der dalmatischen Inselwelt. Kenner sagen ihr einen mondänen Appeal nach. Einige meinen, dies sei auf die russischen Damen zurückzuführen, die mit Klunkern behangen in hochhackigen Schuhen über die weitläufige Kaimauer paradieren. Mir persönlich fällt eher die venezianische Grandezza auf. Wir stehen auf einer fast schon angeberisch großen Piazza, blicken abermals auf einen Campanile und hoch oben auf dem Berg sehen wir sogar ein Castello. Am Markt wartet ein gutmütiger Feinkosthändler, der sich über die Disziplin der Deutschen amüsiert.
Donnergrollen auf dem Sankt Stephansplatz in Hvar
Ein Platzregen mit wütendem Donnergrollen unterbricht meine Gedanken. Aus allen Richtungen – auch aus den umliegenden Gassen – stürzt Wasser auf die ehrwürdige Piazza herab, die sich innerhalb weniger Sekunden in einen knöcheltiefen Sturzbach verwandelt. Wieder eine Übereinstimmung mit Venedig. Die Einheimischen nehmen das Unwetter gelassen zur Kenntnis. Sie wissen, dass die Trg svetog Stjepana (oder Sankt Stephansplatz) bald wieder trocken sein wird. Dabei genießen sie es spürbar, dass in der Nebensaison die Plätze in den Cafés vorwiegend ihnen selbst gehören.
Bis die Sonne wieder durchkommt, nehmen wir im Nonica Platz, das als bestes Café der Inselwelt gilt. Besitzerin Marie Šurlin stellt die Selbstbeherrschung der Besucher hier mit Backwaren auf die Probe, die sie nach alten Traditionsrezepten herstellt. Als Bordproviant für den weiteren Verlauf unseres Segeltörns in der dalmatischen Inselwelt kaufe ich Feigenbrot mit Pistazien, Rosmarinkekse und eine köstliche Marmelade aus der Schale von Bitterorangen.
Zickzackkurs beim Segeltörn zu den dalmatischen Inseln
Am vierten Tag des Segeltörns mit The Moorings ist Skipper Domo euphorisiert. »Endlich«, sagt er, nachdem er die verschiedenen Navigationsapparaturen studiert, »können wir richtig segeln«. Wir als seine noch wenig geübte Crew folgen mit einiger Nervosität seinen Anweisungen. Als er den Motor abschaltet, geraten wir in einen tranceartigen Zustand: Wir bewegen uns ohne Zivilisationsgeräusche über das Meer. Es weht ein frischer Wind, die Luft ist klar und salzig. Außerdem genießen wir eine immer noch halbwegs kraftvolle Sonne und sehr intensive Farben. Es sind wohl solche Segelmomente, die süchtig machen. Sie führen dazu, dass die Bucht von Split auch in der Nebensaison nicht nur von Fähren frequentiert wird.
Wir cruisen den ganzen Tag auf einem Zickzack-Kurs, den ich mir eingangs ausgemalt habe. Schließlich haben wir keine Eile. Doch wie Domo mit einem verständnisvollen Lächeln erklärt, hat die Navigation auch einen anderen Grund: der Katamaran bewegt sich nur auf diese Weise effektiv fort. Den Hafen von Maslanica auf der Insel Šolta erreichen wir entsprechend spät.
Trotz des Hochgefühls auf dem Wasser erkunden wir am nächsten Tag die Insel. Unter anderen haben wir eine Weinprobe in der Kapja i bokun geplant, nachdem wir bereits vom Mali Plavac angefixt sind. Der Weg führt ins Dorf Gornje Selo, quer über eine Insel, das recht karg und im Vergleich zu den völlig überfüllten Balearen fast entvölkert scheint. Ich verstehe mehr und mehr, dass es hier noch andere Phänomene zu entdecken gibt als nur ein vorzügliches Segelrevier. Eine schöne Erkenntnis vor dem finalen Besuch in einem Konoba.
Anreise zum Segeltörn zu den dalmatischen Inseln
Die kroatische Region Dalmatien ist am besten über den Flughafen von Split erreichbar. Im Sommerflugplan bedienen diversen Airlines den Flughafen, darunter Eurowings und Croatian. Der Flug dauert zwischen 90 Minuten und 2 Stunden.
Boote für den Segeltörn durch die dalmatischen Inselwelten
The Moorings bieten auf ihrer Webseite mehrere Bootstypen zur Miete an. Ab der Marina Agana kostet die Woche für ein Boot mir Skipper aktuell ab 1600 Euro pro Woche. Es handelt sich um einen Katamaran mit 3 Kabinen.
Ein Skipper kostet zusätzlich 185 € pro Tag. Die einzelnen Kabinen verfügen in beiden Bootstypen über jeweils eine kleine Nasszelle. Die Marinas in Dalmatien sind exzellent ausgestattet. Alternativ zum Konoba-Besuch kann man natürlich auch einkaufen gehen.
Weitere Informationen auf der Webseite der Kroatischen Zentrale für Tourismus.
Restaurants, die du beim Segeltörn durch Dalmatien nicht verpassen darfst
Konoba Dupini Prima Restaurant am Hafen, Milna bb, 21000 Milna, Tel.: +385 21 636 295.
Restaurant Meneghello Buntes Inselparadies mit frischem Seefood und sehr angenehmer Atmosphäre. Palmižana 12, Tel: +385 (0) 21 717 270.
Nonica Exzellente Bäckerei mit nettem Café. Kroz Burak 23, 21450 Hvar.
Text und Fotos zur Geschichte über The Moorings: Ralf Johnen, Dezember 2021. Der Autor hat das Urlaubserlebnis auf Einladung von The Moorings getestet.
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