Wer auf der Suche nach einem Geheimtipp für die Niederlande ist, sollte einen Wochenendtrip nach Zwolle ins Auge fassen. Die Hansestadt in der Provinz Overijssel bringt alles mit.
Die Hansestadt verfügt über ein historisches Stadtbild, eigentümergeführte Geschäfte, exzellente Restaurants und kurze Wege. Aktivitäten unter freiem Himmel setzen dem Wochenendtrip nach Zwolle die Krone auf.
Tag 1, 16 Uhr: Ankunft am Bahnhof von Zwolle
Ein unerwartet großer Empfang: Der Bahnhof von Zwolle ist nach Utrecht der verkehrsreichste der Landes. Nicht schlecht für eine Stadt mit 125 000 Einwohnern – zumal es durch den Stationsweg nur wenige Schritte bis zum Grand Hotel Wientjes sind. Schon beim Check-in haben wir Visionen davon, uns auf der großzügigen Terrasse oder im holzgetäfelten Salon niederzulassen.
17 Uhr: Städtetrip nach Zwolle: Erste Erkundungen
Wir wissen, dass in der Hansestadt aufgeschlagen sind, wenn die Niederländer „borrelen“. Das muss man sich so vorstellen: Wahlweise am späten Nachmittag oder am frühen Abend lässt man mit Freunden oder Familien den Tag mit einem Drink und einem Snack (vorzugsweise Bitterballen oder Käse mit Senf ausklingen). Am Freitag ist dieser Drang besonders ausgeprägt, weshalb wir uns frühzeitig um einen Platz bemüht haben.
17.45 Uhr: High Wine in der Wijnbar Oak
Bei einem Städtetrip nach Zwolle kannst du eine ungewöhnliche Variante des borrelen wählen: einen High Wine für 35 Euro pro Person. Wie der Name schon andeutet, handelt es sich um eine Abwandlung der lobenswerten britischen Tradition des High Tea. Als wir uns auf der Terrasse der Wijnbar Oak niederlassen, erklärt uns Eigentümer Pieter Blaauwhof, was wir erwarten können: Snacks und eine Tapas-Platte mit Weinbegleitung, fachkundigen Erklärungen sowie ein kleines Dessert.
Das Ganze läuft gut an, auch dank der vollmundigen Tropfen vom Winzer Schott aus Wallhausen bei Mainz.
Sicherer Sieger scheint der Sauvignon Blanc, bis Pieter noch mal an den Tisch kommt und sagt: „Die Schotts sind ein bisschen verrückt. Diesen Wein hier haben sie in Heavy-Metal-Optik gestaltet.“ Wir sind gespannt und bald darauf begeistert: der „Black Hills“ ist eine Cuvée aus der obskuren Rebsorte Dunkelfelder und einem Cabernet.
19.30 Uhr: Schwelgerische Stunden in der Altstadt
Nach diesem Auftakt freuen wir uns auf etwas Auslauf. Wir schlendern durch die City, die komplett von einer Gracht umgeben ist. Damit – und mit einer Mauer – haben sich niederländische Städte wie Leiden oder eben auch Zwolle ab dem Mittelalter vor unerwünschtem Besuch zu schützen versucht.
In Zwolle war dies von entscheidender Bedeutung, weil die Stadt an wichtigen Handelsrouten sowie ganz in der Nähe der Ijssel lag und entsprechend wohlhabend war. Das erreichte 1407 mit der Aufnahme in einen Verbund seinen vorläufigen Höhepunkt: Zwolle wurde zu einer der neun niederländischen Hansestädte.
Geblieben ist eine sternförmige Zitadelle mit Bastionen, auf der sich die Innenstadt wie auf einer Insel ausbreitet. Bei unserem Spaziergang entdecken wir Reste von der Stadtmauer, verwinkelte Gassen und weiß getünchte Zugbrücken. Oder kurzum: all das, was Besucher aus Deutschland benötigen, um abschalten zu können.
21.30 Uhr: Absacker auf dem Grote Markt
Wir beschließen dem Einbruch der Dunkelheit auf dem Grote Markt beizuwohnen, um uns schon mal auf den nächsten Tag einzustimmen. Die Lokale laufen über, hauptsächlich vor jungen Besuchern, die sich mit Blick auf die Grote Kerk hier niedergelassen haben. Genießer, die immer mal wieder den Klang eines Carillons hören, das aus der Ferne kommen muss, denn die Grote Kerk scheint keinen Turm zu besitzen.
Zweiter Tag des Wochenendtrip nach Zwolle, 10 Uhr: Panorama Hanze
In diesem Jahr feiert Zwolle das Hansejahr. Damit erinnert die Stadt an ihre erste große Blütezeit, die sie der Hanse als Vorläufer internationaler Handelsverbunde unserer Zeit verdankt. Großer Publikumsmagnet ist das Panorama Hanze in der Grote Kerk oder auch St.-Michaëlskerk, die an den Marktplatz grenzt. Wie unser Guide Bert erklärt, nimmt der Sakralbau einen besonderen Platz in der niederländischen Geschichte ein. Ihr Turm war mit 115 Metern der höchste des Landes, ehe er 1682 einem Blitzeinschlag zum Opfer fiel.
Die Kirche allerdings dient schon lange nicht mehr als Gotteshaus. Viel mehr befindet sich darin heute das Academiehuis, eine typisch niederländische und noch dazu besucherfreundliche Lösung zur Bewahrung des pflegeintensiven Baus. Es handelt sich um ein Kulturzentrum mit Ausstellungsflächen, Café und Buchhandlung. In diesem Jahr kommt das Panorama Hanze hinzu.
11 Uhr: Besteigung der Grote Kerk
Den Auftakt zum Erlebnis Panorama Hanse bildet eine Multimediashow in einem Seitentrakt der Kirche. Sie vermittelt ebenso bildgewaltige wie kinderfreundliche Eindrücke von der Geschichte Zwolles.
Anschließend geht es über ein Gerüst aufs Dach des Gotteshauses. Erster Zwischenstopp ist eine weitere Lichtinstallation, die das Innenleben des früher mehr als nur einmal von Blitz und Donner getroffenen Dachstuhls abbildet.
Memorables Highlight ist der Aufstieg auf eine Plattform, die einen atemberaubenden Rundumblick über Zwolle erlaubt. Wer mag, kann hier in luftiger Höhe noch bis Ende Mai 2024 ein Selfie mit der Statue des Erzengels Michael machen.
12 Uhr: Bootstour durch Zwolle
Nach dem luftigen Abenteuer setzen wir unseren Wochenendtrip nach Zwolle auf dem Wasser fort. Zum Kennenlernen bietet sich eine Bootstour auf einer 8-förmigen Runde durch die ehrwürdige Hansestadt an. Wir mieten ein Elektroboot bei Hiawatha (Potgietersingel, hiawatha-actief.nl, SUP 12,50/1,5 Std., Kanu 17,50/1,5 Std., Flüsterboot bis 8 Personen 35/Std.) auf der Wiese vor dem auffälligsten Gebäude der Stadt, dem Museum Fundatie, einem ehemaligen Justizpalast, auf dem ein Ufo gelandet zu sein scheint.
In Richtung Osten folgen wir dem ehemaligen Stadtgraben (Stadsgracht), dessen Bastionen mit schöner Regelmäßigkeit Landvorsprünge bilden. Stattliche Villen und üppiges Grün machen die Strecke zu einer Augenweide. Nach knapp einem Kilometer geht es nach links aufs Zwarte Water, wo zahlreiche alte Schiffe vor Anker liegen.
Darunter auch ein Pannekoekenboot (Pfannkuchenboot), wo sich die Passagiere vorbeifahrender Boote durch ein Fenster mit Essen und Trinken versorgen lassen können. Wieder auf der Stadsgracht angekommen, setzen wir den Kurs fort, bis der Ausgangspunkt wieder erreicht ist.
15 Uhr: Shopping-Tour durch Zwolle
In der Hansestadt gibt es ein Geschäft, das weit über die Stadtgrenzen bekannt ist: die Buchhandlung Van der Velde (achter de Broeren 1-3), die ebenso wie das Academiehuis in einer ehemaligen Kirche untergebracht ist.
Allein das macht sie zu einer Attraktion – doch das Sortiment (auch auf Englisch und Deutsch) kann mit der Lokalität mithalten.
Weitere Stationen sind der Vintage-Laden Heavy Stuff (Oude Vismarkt 28a-30, heavystuff.nl), der großartige Neonleuchten im Sortiment hat, sowie die Schallplattenfachgeschäfte Plato (Klokkensteeg 14) und Variaworld (Klokkensteeg 6). In Kombination mit dem Markt (freitags und samstags) sowie betriebsamen Einkaufsstraßen wie der Diezemstraat ist das mehr, als manche Möchtegernmetropole anzubieten hat.
16.50 Uhr: Besteigung des Peperbus
Unser Guide Bert hat uns während unseres Spaziergangs durch Zwolle erzählt, dass er sich ehrenamtlich als Koordinator der Glöckner betätigt. Ja, er und seine Gehilfen sind tatsächlich für den Sound verantwortlich, der am Vorabend zu uns gedrungen ist.
Und er hat uns eingeladen, das Grüppchen zu begleiten, wenn es am Samstag um 17 Uhr das Markttreiben ausläutet. Als wäre die Zeit in Zwolle stehen geblieben.
Wie wir bereits konstatiert hatten, erklang dieser nicht aus der Grote Kerk, sondern aus dem Turm einer anderen Kirche, die in Zwolle den Spitznamen Peperbus trägt. Das bedeutet so viel wie Pfeffermühle und entspricht mit etwas Fantasie auch ihren Aussehen. Aufstieg und Ausblick sind gemeinhin nicht für die Öffentlichkeit gedacht, weshalb wir uns sehr geehrt fühlen.
19 Uhr: Abendessen im Restaurant Poppe
Auch beim Städtetrip nach Zwolle ist ein Nickerchen unverzichtbar. Anschließend begeben wir uns zurück in die Stadt, wo wir einen Tisch im Restaurant Poppe (Luttekestraat 66, poppezwolle.nl) reserviert haben.
In gemütlichen Räumen kommt ein Viergangmenü (52 Euro) mit moderner niederländischer Küche auf den Tisch. Es ist geschmacklich und optisch gleichermaßen anspruchsvoll und auch von den Portionen ideal nach einem bewegungsintensiven Tag in der Stadt.
21.30 Uhr: Abendspaziergang durch Zwolle
Nach dem üppigen Mahl verspüren wir den Drang, abermals durch die Gassen der Stadt zu schlendern. Wir erinnern uns an Berts Hinweis, dass die Seitenstraßen der Koestraat dem Jordaan in Amsterdam ähneln und daher von Filmern gerne als Kulisse auserkoren wählen. Und wir freuen uns, dass noch ein dritter Tag vor uns liegt.
Tag 3 des Wochenendtrip nach Zwolle, 10 Uhr: Fun im Fahrradtaxi
Auch der aktivste Mensch kann gelegentlich eine Pause gebrauchen. In Zwolle zelebrieren wir das regelrecht, indem wir uns – eine Premiere! – ein Fahrradtaxi (40 Euro für 2 Personen/Stunde, Führungen auf Deutsch möglich) bestellen.
Eigentümer Arjen kutschiert uns persönlich durch die mehr als 750 Jahre alte Hauptstadt der Provinz Overijssel. Dabei entscheiden wir uns für eine Tour durch die weniger bekannten Viertel in unmittelbarer Umgebung der Altstadt. Assendorp erweist sich mit seinen gepflegten Straßen als hübsche Alternative, wo kaum ein Tourist hinfindet.
Unterwegs lauschen wir interessanten Ausführungen zur Geschichte sowie lustige Anekdoten.
12 Uhr: Brasserie Jansen: Früher Lunch beim Ableger von De Librije
Nichts hat international so zur wachsenden Popularität Zwolles beigetragen, wie das Dreisternerestaurant De Librije. Das von Thérèse und Jonnie Boer betriebene Lokal allerdings ist auf Monate ausgebucht – und es sprengt das Budget der allermeisten Städtetrips. Wie praktisch also, dass das erfolgreiche Paar in der Altstadt mit der Brasserie Jansen (Nieuwe Markt 14, brasseriejansen.com) ein unprätentiöses Zweitlokal eröffnet hat.
In entspanntem Ambiente bestelle ich eine Kombination für Champions: die beste Mosterdsoep (Senfsuppe) meines Lebens mit hausgeräuchertem Lachs und anschließend eine Kreation aus den USA, die in Europa sonst eher rar ist: ein Ruben-Sandwich mit Pastrami und Sauerkraut.
14 Uhr: Museum De Fundatie
Zum Abschluss des Wochenendtrips nach Zwolle haben wir uns noch ein Highlight aufbewahrt: Das Museum De Fundatie hat Anfang der 2010er Jahre für Furore gesorgt, als Architekt Hubert-Jan Henket den klassizistischen Bau um eine elliptischen Aufbau ergänzt hat. Ein baulicher Kunstgriff, der seine Wirkung nicht verfehlt hat.
Die Ausstellungen allerdings konnten – bei unserem Besuch – nicht mithalten. Doch immerhin konnten wir uns davon überzeugen, dass uns die Werke der Amsterdamer Fotografin Dana Lixenberg gefallen.
Weitere Informationen zum Wochenendtrip nach Zwolle
Schau außerdem auf die Webseite von Visit Zwolle.
Text und Fotos: Ralf Johnen, August 2023.
Der Wochenendtrip nach Zwolle ist in Kooperation mit Marketing Oost entstanden.
Comment
…wieder ein toller Bildbericht, nach dem eine Reise nach Zwolle unvermeidbar ist, danke, Manni.