Es regnet und ihr seid auf der Suche nach Ideen für spannende Ausflüge? Dann schaut euch diese fünf Vorschläge für Zeeland bei schlechtem Wetter an.
Austern und Muscheln aus Yerseke
Im Hafen von Yerseke herrscht jedes Jahr Anfang Juli geschäftiges Treiben. Männer springen von Kutter zu Kutter, auf denen Berge von Miesmuscheln lagern. Dann eilen sie mit einem Eimer in der Hand in einen großen, nüchternen Flachbau. Es ist das Gebäude der weltweit einzigen Muschelversteigerung.
Hier wird die lebende Ware eingehend von Hand geprüft, bevor sie in die Auktion kommt: Größe, Gewicht, Qualität, sogar der Geschmack wird bewertet. In der Auktionshalle sitzen die Fischer später gespannt hinter den Händlern und verfolgen, was ihre Schiffsladung einbringt. Denn der meistbietende Händler bekommt den Zuschlag für die gesamte Ladung. Wer den Prozess miterlebt, kommt in den Genuss einer der spannendsten Ausflüge in Zeeland.
Touristen können das aufwändige Verfahren rund um die Muschelversteigerung nur einmal im Jahr im August beim »Muscheltag« verfolgen, einem Festwochenende mit Informationen zur Muschelzucht, Bootsfahrten und Verkostungen. Yerseke in Zeeland bietet aber auch jenseits des »Mosseldags« das ganze Jahr über die Möglichkeit, in die Kultur der Miesmuschel- und Austernzucht einzutauchen. Am besten starten Besucher in der »Oesterij«. Das Familienunternehmen ist seit 1906 in der Muschelzucht aktiv und präsentiert sich neuerdings als Informationszentrum rund um die Schalentiere. In der dortigen »Proeverij« gibt es Kostproben der Produkte.
Bootstour zu den Muschelbänken in der Schelde
Auf die einfachen Holztische kommen Austern, Muscheln und Hummer in vielfältiger Zubereitung. Während der Verkostung können die Gäste die Aussicht auf die umliegenden Austernbrunnen genießen, im Sommer auch von der Terrasse aus. Anschließend könnt ihr an einer Führung durch das Unternehmen oder an einer Bootsfahrt zu den Muschelbänken teilnehmen.
Wer sich darüber hinaus für die Geschichte der Muschel- und Austernkultur in den Niederlanden interessiert, sollte das kleine »Oosterschelde Museum« beim Tourismusbüro VVV auf dem Kirchplatz besuchen. Und natürlich zum Abschluss eines Miesmuscheltages in eines der Restaurants gehen, die nicht nur für einen derart kleinen Ort wie Yerseke überraschend zahlreich sind.
Oesterij Havendijk 12, 4401 NS Yerseke, Tel. 0113 76 04 00, Geschäft Mo–So 10–18 Uhr, Proeverij (Verkosterei) Mo–So 10–18 Uhr. Mit dem Auto ist man auch von Rotterdam in etwas mehr als einer Stunde in Yerseke.
Zeeland bei schlechtem Wetter: Die Deltawerke
Wohl an kaum einem anderen Ort wird die Beziehung der Niederlande zum Wasser so deutlich wie in den Deltawerken und dem Park Neeltje Jans. Man bekämpft das Meer und man nutzt es; man bändigt es und spielt mit ihm. Der Bau des technischen Weltwunders war Folge der verheerenden Sturmflut von 1953.
Wer über einem der mächtigen Stahltore steht und hinunter blickt auf das tosende Wasser, den ergreift Ehrfurcht. Mitten in die tobende Nordsee hat man das Sperrwerk gebaut. Mit Toren, die bei Gefahr die Oosterschelde komplett vom Meer abriegeln können, die aber im Normalfall soviel Meereswasser wie möglich durchlassen, um die Zufuhr in die Oosterschelde zu garantieren. Zudem fungiert die auf dem Wehr errichtete Straße als Verbindung zwischen den Inseln Schouwen-Duiveland und Noord-Beveland. Man kann nur staunen über eines der größten Bauprojekte der Welt, das im Herbst 1986 nach acht Jahren Bauzeit und Gesamtkosten von umgerechnet 2,5 Milliarden Euro durch die damalige Königin Beatrix eröffnet wurde.
Erinnerung an die Sturmflut von 1953
Noch heute kommen Fachleute aus aller Welt, um sich das technische Wunderwerk anzusehen. Auch Touristen können die Deltawerke besichtigen. Eine durch historische Filme ergänzte Ausstellung beleuchtet die Beweggründe für den Bau nach der Sturmflut von 1953 mit 1835 Toten allein in den Niederlanden ebenso wie die Planungen und die Umsetzung des geradezu wahnwitzig anmutenden Projektes. Es gibt Führungen in deutscher Sprache, oftmals durch pensionierte Ingenieure.
Während die Deltawerke den Kampf gegen das Wasser veranschaulichen, zeigt der angrenzende Wasserpark »Neeltje Jans«, wie das nasse Element auch Spaß machen kann. Der Vergnügungspark bietet u.a. einen Wasserspielplatz, wo junge Besucher ihren eigenen Wasserfall kreieren, Schleusen bedienen, Wasser wegpumpen oder einfach nur jauchzend eine lange Wasserrutsche hinuntergleiten können.
Tipp: Im Orkansimulator von Neeltje Jans erfahren Besucher die Kraft der Natur: vom lauen Lüftchen bis zur Windgeschwindigkeit von 133 Stundenkilometern. Einer der stürmischsten Ausflüge in Zeeland.
Deltapark Neeltje Jans, Faelweg 5, 4354 RB Vrouwenpolder, April bis Oktober, tägl. 10–17 Uhr, Hochsaison 10–18 Uhr
Neue Wanderwege in Zeeland: Unterwegs auf der Perlenroute
Wem die kilometerlangen Strände Zeelands zum Wandern nicht genügen, dem seien die Perlenrouten (»Parelroutes«) empfohlen, welche die Provinz kürzlich entwickelt hat. Bei den drei bis fünf Kilometer langen, interaktiven Spaziergängen gilt es diverse Aufgaben zu lösen – ganz wie bei einer »Schnitzeljagd«.
Zum Teil nutzen die Touren das bereits bestehende zeeländische Wanderwegenetz, sie erschließen aber auch neue Wege. Alle Teilabschnitte zusammen ergeben eine lange Route: den »Oesterpad«. Der Austernweg, der daran erinnert, dass Zeeland ein Land im Meer ist und von den Schätzen der See lebt, von Austern, Muscheln und Hummern.
Austernweg und Perlenroute in Zeeland
Die Perlenrouten haben nicht notwendigerweise nur Schalentiere zum Thema. Vielmehr sollen die Touren mit der Geschichte, der Natur und dem Charakter der Provinz vertraut machen. So können Nachwuchsschmuggler rund um Overslag ihr Talent erproben oder in Terneuzen auf den Spuren einer bekannten zeitgeschichtlichen Figur wandeln: Der kleine Ort war der Heimathafen des »Fliegenden Holländers« aus dem 1837 erschienenen Romans »The Phantom Ship« (Das Geisterschiff) des britischen Autors Frederich Marryat. Seitdem lebt die Legende hier fort, und wer auf der 4,5 Kilometer langen Perlenroute in Terneuzen unterwegs ist, passiert unter anderem ein stählernes Geisterschiff auf der Stadtgracht.
Naturliebhaber hingegen folgen der fünf Kilometer langen Perlenroute »Zeepeduinen«, die durch das gleichnamige Dünengebiet bei Burgh-Haamstede führt. Die Zeepeduinen liegen einige Kilometer vom Meer entfernt. Sie sind eines der wenigen landeinwärts gelegenen Dünengebiete, die unbeeinträchtigt von Landwirtschaft, Städtebau oder der Pflanzung von Nadelhölzern geblieben sind. Wanderer finden dort eine abwechslungsreiche Landschaft mit Wald, Grasland, Moosflächen und Sand vor. In dem Dünengebiet grasen 90 Shetlandponys.
Die Karten für die einzelnen Perlenrouten mit Routenbeschreibung kannst du über die Zeeland-App herunterladen. Kurze Filme geben Hinweise zu den jeweiligen Ausflügen in Zeeland mit Wanderschuhen.
Zeeland bei schlechtem Wetter: salziges Meeresgemüse verkosten
Zeeland hat sich als Heimat von Miesmuscheln, Austern und Hummern einen Namen gemacht. Aber kaum jemand weiß: auch für Vegetarier hat die Provinz kulinarische Schmankerln zu bieten. Queller und Strandaster sind Wildpflanzen, die schon bei der Ernte gesalzen sind, weil sie in Meerwasser wachsen.
Eine befreundete Vegetarierin verzog entsetzt das Gesicht, als ich ihr von Lamsoor als zeeländischer Delikatesse vorschwärmte. Erschien ihr doch bei dem niederländischen Begriff für die deutsche Strandaster ein niedliches Lämmerohr vor Augen. Doch die Niederländer bezeichnen mit lamsoor ein garantiert fleischfreies Meeresgemüse, das allerdings der Form nach tatsächlich dem Hörorgan eines Jungschafes gleicht. Ich hatte ebenfalls noch nie von lamsoor gehört, bevor es ein zeeländischer Koch als Beilage zu einem Kabeljau servierte. Und mich damit sofort am Angelhaken hatte.
Lamsoor aus Zeeland: Wiederentdeckung in der Sterne-Küche
Denn das an Feldsalat oder Spinat erinnernde, von Natur aus salzige und somit vorgewürzte Meeresgemüse brachte die Wonnen der See auf den Teller. Strandastern gedeihen im Marschland der Küste, wo der Boden salzhaltig ist. Die Saison läuft nur kurz, von April bis Juli. Während sie früher als Arme-Leute-Essen galten, sind die grünen Blätter heute eine Delikatesse, die längst von den (Sterne-)Köchen Zeelands wiederentdeckt worden ist. Als Beilage zu Fisch sind die lamsoren ebenso schmackhaft wie als Salat oder in einer herzhaften Quiche.
Bekannter als die Strandaster ist auch in Deutschland inzwischen der Queller. Das Meeresgemüse erinnert an eine Art Kaktus, allerdings ohne Stacheln. Queller gedeiht auf salzhaltigen Böden der Küste, was ihm seinen typischen Geschmack verleiht. Die Saison läuft von Mitte Mai bis Mitte September, dann bekommt man das Meeresgemüse in Fischgeschäften und auf den Märkten Zeelands; in den Restaurants serviert man Queller als Beilage.
Tipp: Beim Landwirtschaftsbetrieb Heerlijkheid Wolphaartsdijk kann man im Hofladen Meeresgemüse kaufen und auch campen.
Fischgeschäft Proef Zeeland, Faelweg 1 (in der Nähe des Deltaparks), Vrouwenpolder Mo–Sa 9–17 Uhr.
De kleine Schorre: Richtig guter Wein aus Zeeland
Wein aus Zeeland? Da mag mancher Connaisseur die Mundwinkel verziehen. Doch in einem Weingarten auf Schouwen-Duiveland bauen Winzer erfolgreich Wein an – der in Nobelrestaurants ausgeschenkt wird und es sogar in die Business-Class der niederländischen Fluggesellschaft KLM geschafft hat.
Wie so oft bei guten Ideen begann alles in geselliger Runde – bei einem Schnaps. Kartoffelbauer Johan van der Velde saß mit Freunden zusammen und man klagte über die schlechten Geschäfte der Landwirte. »Bau doch Wein an«, riet einer aus dem Klübchen. Und Johan ließ die Idee nicht mehr los. Er ging in die Lehre beim renommierten luxemburgischen Winzer Cep d’Or, und 2001 gründete er mit fünf anderen Unternehmern das Weingut »De Kleine Schorre«.
Da es in den Niederlanden bekanntlich an Bergen mangelt, nannte er es einen Weingarten. Die Auswahl der Rebsorten folgte der Devise, dass die Trauben optimal zu den »Zeeuwse Zilte Zaligheden« (herzhafte Köstlichkeiten Zeelands) passen sollten. Genau genommen also zu Muscheln, Hummern, Austern, Fischen und Meeresgemüse wie Strandaster oder Queller. Man wählte daher die Sorten Pinot Gris, Pinot Blanc, Rivaner und Auxerrois.
In der Business Class der KLM
Der Weingarten ist mittlerweile auf zehn Hektar angewachsen und damit einer der größten seiner Art in den Niederlanden. Die Qualität hat sich rumgesprochen, spätestens seit der Tropfen in der Business Class der niederländischen Fluggesellschaft KLM ausgeschenkt wurde. Bei der Lese helfen Freiwillige aus der Umgebung. Und auch sonst ist die Struktur des florierenden Unternehmens eine Besondere. Neben den fünf Teilhabern sind 25 Zertifikat-Besitzer am Weingut beteiligt, die für eine gewisse Laufzeit Weinstöcke leasen.
Besucher des Weingartens können an Verkostungen in der Scheune aus dem Jahr 1735 teilnehmen oder im Sommer ein Mittagessen auf der Terrasse genießen. Es gibt außerdem einen Hofladen mit zeeländischen Spezialitäten. Und wer nach ein paar Gläschen Wein nicht mehr fahren möchte, kann sein Zelt auf dem zum Weingut gehörenden Campingplatz aufschlagen.
Wijnhoeve De Kleine Schorre, Zuiddijk 4, 4315 PA Dreischor, Tel. 0111 40 15 50, Probierlokal Mo–Sa 9–17.30 Uhr.
Text und Fotos zur Geschichte über Zeeland bei schlechtem Wetter: Alexandra & Ralf Johnen, zuletzt aktualisiert im Februar 2023.
Mehr Geschichten dieser Art findet ihr in unserem Buch über die niederländische Nordseeküste, das bei Bruckmann erschienen ist.
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Zeeland – Traumland, -provinz ! Der sehr plastische, nachfühlbare Bericht und die wie immer tollen Fotos rufen zahlreiche Erinnerungen an Reisne durch, besonders aber auch nach Zeeland wach – mein Dank dafür ! Manni.