Little Havana ist noch immer die Heimat kubanischer Einwanderer der ersten Generation. Von ihrer Lebensart haben die Migranten einiges in die neue Heimat importiert. Die Zigarren als wichtigstes Lebenselixier stellen sie sogar vor Ort her. Bei den Rohstoffen aber müssen sie improvisieren.
Das Verhältnis zwischen den USA und Kuba ist anhaltend schwierig. Mal dürfen Amerikaner aus politischen Gründen nicht in den Karibikstaat reisen, dann wieder ist es ihnen wohl erlaubt. In umgekehrte Richtung standen Kubanern die Türen lange offen, weil man den kommunistischen Systemfeind auf diese Weise zu schwächen glaubte.
Allein in den 15 Jahren nach der Revolution 1953 fanden rund 500 000 Kubaner Unterschlupf in Miami. Die meisten von Ihnen Geschäftsleute und qualifizierte Berufstätige. Ihnen verdanken wir die Zigarren aus Little Havana (hier geht es zu meiner Geschichte über die abenteuerliche Rettung der größten Sammlung kubanischer Gegenwartskunst).
Little Havana: Ein unscheinbares Viertel im Westen von Miami
Viele von ihnen ließen sich in einem unscheinbaren Viertel westlich der Innenstadt nieder, das rasch den Namen Little Havana erhielt. Während die meisten Familie und Besitz auf der Insel zurücklassen mussten, nahmen sie ihre kulturellen und kulinarischen Vorlieben mit. Davon profitiert das Viertel heute mehr denn je. Zwar machen weite Teile von Little Havana immer noch einen recht zersiedelten Eindruck, der von wenig charakteristischen Flachbauten bestimmt wird. Doch die Calle Ocho hat es zu einiger Berühmtheit gebracht.
Dahinter verbirgt sich die spanische Übersetzung für die Southwest 8th Street, die wiederum fast 70 Kilometer schnurgerade bis in die Everglades führt, weil sie Teil des ursprünglichen Tamiami Trail ist, der ersten Verbindungsstraße von Tampa nach Miami. Das Geschehen konzentriert sich vor allem auf den bedauerlicherweise immer noch nicht verkehrsberuhigten Abschnitt zwischen der 12. und der 19. Straße.
Zigarren aus Little Havana und ein kubanischer Kaffee
Dennoch geht es hier für Fußgänger Schlag auf Schlag: Bei La Colada wird ebenso starker wie süßer kubanischer Kaffee ausgeschenkt. El Pub serviert üppig mit Fleisch belegte Cuban Sandwiches. Der Galerist Agustin Gainza kredenzt in seiner Taverna Calle 8 ein Gläschen aus seiner gut sortierten Bar. Und in den Schaufenstern der Modeboutiquen hängen Hemden, die auch aus dem Kleiderschrank von Fernseh-Mafioso Tony Soprano stammen könnten.
Der bemerkenswerteste Laden allerdings wird nicht selten bewacht – und zwar von einem älteren kubanischen Herrn. Der Mann wird ehrfurchtsvoll Don Pedro Bello genannt und er ist nicht nur Gründer und Eigentümer der Cuba Tobacco Cigar Company, sondern auch sein bester Kunde.
Ein guter Exilkubaner raucht zehn Zigarren am Tag
Nach eigenem Bekunden raucht er um die zehn Zigarren pro Tag, meist während er auf einem Stuhl vor seinem eigenen Laden ruht. Bello ist 1970 aus Kuba geflohen, als sein Vater schon lange von den Kommunisten im Gefängnis eingesperrt war. Bereits damals konnte die Familie auf 74 Jahre in der Herstellung der Rauchwaren zurückblicken.
Als sich Bello in Little Havana niedergelassen hat, konnte noch niemand ahnen, dass das unprätentiöse Viertel sich irgendwann zu einer Touristenattraktion aufschwingen würde.
Reiner Tabak ohne Zusatzstoffe
Umso mehr freuen er und seine Mitarbeiter sich über den regen Besuch von Menschen aus aller Welt, die im Laden nicht nur unterschiedliche Zigarrenkompositionen erwerben, sondern vor Ort in Miami auch bei deren Herstellung zusehen können.
Gesundheitliche Bedenken übrigens hat hier kaum einer der Raucher, da es sich um reinen Tabak ohne künstliche Zusatzstoffe handelt. Bei der Verwendung der Rohstoffe allerdings muss die Zigarrendynastie improvisieren, denn kubanische Produkte dürfen wegen des Handelsembargos nicht in die USA importiert werden. Also bezieht Don Pedro seinen Tabak aus der Dominikanischen Republik, Mexiko, Honduras und Nicaragua. Dem Interesse der Kunden aus Miami schadet das nicht.
Informationen über Zigarren aus Little Havana
Cuba Tobacco Cigar Company 1528 SW 8th Street, Little Havana, Miami, Tel. 305 649 27 17. Öffnungszeiten: tgl. 10–17 Uhr
Lage: 14 km westlich von South Beach Miami. Anfahrt: Über A1A und I-95 bis zur Kreuzung mit US-41, dort in Richtung Westen bis Little Havana.
Sonstige Aktivitäten in Little Havana
Miami Culinary Tours Wenn du dich für die kubanische Küche interessiert, solltest du an einer Food & Culinary Tour teilnehmen. Die Führung ist gesellig und die Portionen sind enorm, mehrmals täglich, 69/59 USD.
Essen und Trinken
El Pub: ebenso einfaches wie ursprüngliches Restaurant, 1548 SW 8th Street, Tel. 786 204 15 97, aber kein Internet.
La Colada: authentisches Café mit eigenen Röstungen. 1518 SW 8th Street, Little Havana, Miami, Tel. 305 873 40 07, kein Internet.
Ball & Chain Legedäre Dancehall in Little Havana, wo schon am Mittag Mojitos gemixt werden. 1513 S.W. 8th Street, Little Havana, Miami.
Unterkünfte: Das Life House ist das erste Boutique-Hotel in Little Havana, 528 Southwest 9th Street, Little Havana, Miami, www.lifehousehotels.com.
Text und Bilder: Ralf Johnen, zuletzt aktualisiert im Februar 2022.
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