Eine Kreuzfahrt in Alaska ist ein fantastisches Erlebnis. Bei einer Tour auf dem Katamaran MS Klondike können die Passagiere den Anblick von 26 Gletschern genießen. Doch im Prince William Sound leben auch Otter, Weißkopfseeadler und andere seltene Tiere, die sich regelmäßig zeigen.
Die Anreise nach Whittier ist skurril: Ein Tunnel mit nur einer Fahrspur, den sich Eisenbahn und Autos teilen. Doch das ist noch nichts gegen den Ort selber. Whittier liegt an einem Fjord in Alaska – inmitten von Regenwald und Wasserfällen. Doch die Bewohner, rund 220 an der Zahl, leben alle gemeinsam in einem einzigen Haus. Einem schmucklosen Wohnblock.
Kreuzfahrt in Alaska: 26 Gletscher
Für die Passagiere von Kreuzfahrtschiffen muss es ein merkwürdiges Gefühl sein, hier anzulegen, um in die Alaska Railway umzusteigen. Doch das soll heute nicht meine Sorge sein, schließlich sind wir hier, um die weitläufigen Gewässer zu erkunden und dabei nicht weniger als 26 Gletscher in Augenschein zu nehmen.
Unser Schiff heißt Klondike Express. Kernige Abenteurer mögen mit dem Namen Frontier-Romantik verbinden. Doch der Katamaran besitzt nicht den Hauch einer archaischen Aura. Viel mehr handelt es sich um ein modernes Schiff, das mit erstaunlichen 40 Meilen pro Stunde durch die Gewässer bürstet.
An Bord der MS Klondike
Nach dem unvermeidlichen Sicherheitsvideo (hallo Amerika!) wird erst mal Lunch serviert: Leckerer Heilbutt mit dem Dunkelbier Alaska Amber.
Dieser solide Auftakt zu der Fünfstundentour ist möglich, weil die Landschaft ihre Reize zunächst eher verhalten offenbart. Bald aber öffnet sich der Passage Canal zu einem weiten Gewässer, das der britische Entdecker George Vancouver auf den Namen Port Wells getauft hat.
Erstes Highlight: Esther Passage
Die vielen unbewohnten Inseln erinnern eher an die Südsee, denn an den hohen Norden. Zumindest heute, an diesem milden Sonnentag, an dem viele Locals ihre Boote ausführen.
Als sich die Klondike mit Höchstgeschwindigkeit ihren Weg zur Esther Passage bahnt, halten es trotz Ganzkörpferfunktionskleidungsuniform nur Hartgesottene an Deck aus. Das ändert sich, als mit der engen Schneise der erste dramaturgische Höhepunkt erreicht ist.
Von nun geht es Schlag auf Schlag: Als das Gewässer sich wieder weitet, dauert es nicht lange, ehe an den Ufern des College Fjord ein Gletscher neben dem anderen auftaucht. Ewiges Eis auf Höhe des Meeresspiegels. Erste kleine Eisschollen treiben an uns vorbei. Manche sind von Seevögeln bevölkert, auf einer thront gar eine kleine Robbe.
Neugierige Otter im Prince William Sound
Den majestätischen Harvard-Gletscher am Ostende des Fjords meiden wir – angeblich, weil es »langweilig« dort ist.
Stattdessen begutachten wir eine Kolonie neugieriger Otter, die mit viel Sinn für gelungene Posen im eisigen Wasser abhängen. In der freien Wildbahn habe ich vorher noch nie einen gesehen. Hier in Alaska hingegen scheint es fast so etwas wie eine Otterplage zu geben.
Kreuzfahrt in Alaska: Auf zum Barry-Gletscher
Gemächlich nähern wir uns dem Highlight der Tour: Der Barry-Gletscher reicht bis ins Meerwasser. Immer wieder brechen Stücke ab, so viele, dass die Oberfläche fast komplett mit Eis bedeckt ist.
Die Crew der Klondike nutzt dies, um Nachschub für ein recht exklusiven Getränk an Bord zu holen: Gletschereis-Margarita, die seltene Kombination von 10 000 Jahre altem Wasser und einer Cocktailmischung, bei der noch einiges an Raum nach oben offen ist.
Tropisch anmutender Regenwald
Die trutzige Eiswand aber ist nicht der einzige Blickfang in der Bucht. Wer sich um 90 Grad nach links dreht, sieht eine tropisch anmutende Regenwaldapplikation mit Wasserfällen. Eine weitere Vierteldrehung gestattet den Blick auf Otter, die im Eis treiben.
Es ist schwer zu fassen, dass sich dies alles mit großer Selbstverständlichkeit auf engem Raum abspielt. Zumal ich bei ähnlichen Ausflügen in anderen Teilen des Planeten nur selten das Gefühl gehabt habe, nicht irgendeinem Touristennepp aufgesessen gewesen zu sein.
Tümmler begleiten die MS Klondike
Nach unzähligen »Ahhs« und »« nimmt der Katamaran Kurs auf den nahen Harriman Fjord. Nach dem opulenten Regenwald von eben gibt dieser sich rau und spröde. An den Hängen, erklärt die Bordbiologin, hat sich das Gletschereis erst kürzlich zurückgezogen. Eine Vegetation konnte sich noch nicht ausprägen.
Der Weg zurück nach Whittier hält noch einige Pointen parat: Tümmler begleiten den Katamaran für ein Weilchen, auf den Flanken der Berge paradieren mächtige Bergziegen.
Hungrige Weißkopfseeadler
Schließlich, kurz bevor wir den Hafen erreichen, werden wir Zeugen eines kleinen Dramas: Tausende Möwen schwirren hektisch durch die Lüfte, um einen hungrigen Weißkopfseeadler zu verwirren. Erfolglos, denn schon bald richtet das Wappentier der USA ein Massaker an. Federn fliegen durch die Luft.
Eine kleine Erinnerung daran, dass Alaska kein Themenpark ist. Auch wenn diese gelungene Minikreuzfahrt in den Sommermonaten den Eindruck erwecken kann, dass der Mensch auch die »last frontier« inzwischen ziemlich gut im Griff hat.
Informationen zur Kreuzfahrt in Alaska
Die 26-Gletscher-Kreuzfahrt wird vom Phillips Cruises angeboten. Die Klondike legt vom 8. Mai bis zum 30. September täglich um 12.30 Uhr ab, so es die Witterung erlaubt. Die fünfstündige Fahrt kostet 179 US-Dollar, außerdem sind Kombinationen mit der Alaska Railway ab Anchorage buchbar (262 $).
Ich persönlich bin der Meinung, dass es sich vor allem bei gutem Wetter um ein unvergessliches Nord-Erlebnis handelt. Das Preis-Leistungsverhältnis ist angemessen.
Text & Bilder: Ralf Johnen, zuletzt aktualisiert im Juni 2022. Der Autor war auf Einladung von Visit Anchorage in Alaska.
7 Comments
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haach, was für ein schöner Bericht und was für tolle Fotos. Alaska steht bei meinen Traumreisen ganz oben auf der Liste.
Viele Grüße
Martina
Danke, Martina! Der Aufwand lohnt. Alaska, the beautiful.
Wow! Das muß ein tolles Erlebnis gewesen sein. Manche andere Destination würde sich so eine Otter- oder Weißkopfseeadlerplage wünschen…..
Ja, the true north. Warte mal auf die Bärengeschichten, Sabine!
Wunderschöne Fotos!! Alaska steht auch noch auf meiner Bucket List. Grüße von der herrlich warmen Insel Ischia!
Lohnst sich auf jeden Fall, Cornelia. Nur musst Du den Hut gut festbinden! Viele Grüße