Das Dorf Bergen in Nordholland genießt den Ruf eines mondänen Badeortes. Das stimmt, wobei nicht die am Meer gelegene Dependance des Ortes (Bergen aan Zee) den Glamour verbreitet, sondern der landeinwärts gelegene Hauptort (»Bergen binnen«). Beide werden auf schönst mögliche Weise vom Nordholländischen Dünenreservat getrennt. Es ist die vielleicht schönste Küstenlandschaft der Niederlande.
Das Bild, das sich uns in Schoorl bietet, erinnert ein wenig an die Skiorte in den Alpen. Hier, nur wenige Kilometer nördlich von Bergen, endet ein steiler Hang mitten im Dorf. Zu seinen Füßen sitzen Urlauber und Ausflügler in Cafés. Nur ist es hier natürlich kein Skihang, der die Menschen anzieht, sondern eine der höchsten Dünen des Landes. Bis zu 54 Meter hoch türmen sie sich auf zwischen Wijk aan Zee im Süden und Camperduin im Norden.
Lediglich drei Stichstraßen (bei Castricum, Egmont und Bergen) verbinden das Hinterland in dem mehr als 20 km langen Landstrich mit der Küste. Ansonsten ist das Naturschutzgebiet weitgehend so wie in früheren Jahrhunderten. Und das bedeutet: In den Dünenlandschaften können wir ungestört wandern und Rad fahren, auch wenn letzteres kräftezehrend sein kann: Die Steigungen reihen sich in dichter Folge aneinander – und der Wind kommt in Holland bekanntlich immer von vorne.
Ganz davon abgesehen ist das Dünenreservat groß genug, um auch in der Hauptsaison Erholung zu gewährleisten. Wer das Velo für die Ausflüge zum Strand verwendet, findet an den abseits der Autostraßen gelegenen Abschnitte immer einen scönen Flecken. Das aber bedeutet nicht, dass Urlauber in Bergen auf die möglicherweise wichtigste Komponente für dessen Gelingen verzichten müssen: Strandpavillons, in denen wir uns mit Blick auf den Sonnenuntergang an belgischen Bieren und Bitterballen laben.
Das magische Licht von Bergen Nordholland
Doch zurück nach »Bergen binnen«, wie die Niederländer sagen. Jenem Ort also, der sich schon früh als Künstlerdorf feiern lassen konnte, weil sich immer wieder Kreative hier niedergelassen oder wenigstens haben blicken lassen. Dabei war es weniger die bevorzugte Lage in einem wenig besiedelten Küstenlandstrich, von der sich die Maler haben inspirieren lassen, sondern vor allem das unverwechselbare Licht, das schon die Meister des Goldenen Jahrhunderts zu schätzen wussten.
Heute erinnern die Einheimsichen gerne daran, dass sich 1905 sogar Pablo Picasso in Bergen aufgehalten hat, genauer gesagt in der damals noch eigenständigen Gemeinde Schoorl. In den 1920er Jahren hat sich dann rundum den Niederländer Leo Gestel (1881-1941) die sogenannte Bergener Schule formiert, die eine regionale Spielart des Expressionismus etabliert hat. Ihre Werke sind in wechselnden Ausstellungen in Huis Kranenburgh zu sehen, dem örtlichen Kunstmuseum.
Ein paar Galerien versuchen noch heute den Schein aufrecht zu erhalten, Bergen sei noch immer eine bevorzugte Adresse für Kreative. Doch es gehört einiges an Gutgläubigkeit dazu, in den hier gezeigten Bildern Werke von dauerhaftem Wert zu erkennen.
Sehr beeindruckend aber die Hinterlassenschaften einer architektonischen Bewegung, die sich ab 1917 in dem Viertel Park Meerwijk ausleben durfte. Fünf Mitglieder der Amsterdamer Schule haben hier ein einzigartiges Villenviertel geschaffen. Auch anderweitig lebte die Anziehungskraft auf Künstler fort: So ist am 30. Mai 1964 der belgische Chansonier Jacques Brel im »Huis met de Pilaren« aufgetreten.
Eine wildromantische Ruine
Das Café-Restaurant mit dem neoklassizistischen Säulenportal ist heute ein eher glanzloser Ort. Allerdings beobachten wir mit Freude die vorbeiparadierenden Urlauber. Direkt dahinter erheben sich die Relikte einer Kirche aus dem 15. Jh., die seit 1574 als Ruine mitten im Ort steht und diesem vor allem bei Mondschein eine wildromantische Note verleiht. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass die umliegenden gastronomischen Betriebe eine deutlich erhabenere Aura als andernorts besitzen.
So charmant und sehenswert Bergen selbst sein mag, so sehr lohnt es auch, ein Fahrrad zu mieten und den Tag auf holländische Weise an der frischen Luft zu verbringen. Der Weg nach Bergen aan Zee ist bereits eine hübsche Kostprobe für das Terrain, denn ehe die Küste erreicht ist, gilt es einen stattlichen Anstieg zu überwinden. Wer sich stärken möchte, kann am Meer aus einer Handvoll Strandpavillons auswählen. »Joep« ist der modernste.
Weiter nördlich am Verspijckweg führt ein schmaler Weg in die Dünen – nun stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, sich seinen Weg nach Camperduin zu bahnen. Hier, am Nordende des Reservats, wird die Dünenlandschaft seit einigen Jahren künstlich erweitert. Ein sehr niederländisches Kräftemessen mit der Natur, das an einem anfälligen Küstenstreifen im Zuge des steigenden Meeresspiegels zur zusätzlichen Befestigung erforderlich ist.
Die Düne von Schoorl
Durch heideartige Flächen, dichten Nadelwald (der von Menschenhand angelegt wurde) und über abermals mehr als 50 Meter hohe Erhebungen führen zwei Wege zurück bis nach Schoorl. Einer über die Dünen, der andere an ihnen vorbei. Egal, für welchen man sich entscheidet: Es ist nicht nur für Kinder ein großer Spaß, sich übermütig einen Weg von der schmalen Kuppe der Riesendüne bis ins Dorf zu bahnen.
Eine ernsthaftere Auseinandersetzung mit der Materie ermöglicht das Besucherzentrum der staatlichen Forsthörde, dem Staatsbosbeheer. Hier werden die Besonderheiten des Lebensraums plastisch dargestellt, von der bunten Vogelwelt bis zu den 800 verschiedenen Pilzarten, die im Herbst aus dem Boden sprießen.
Nach einem letzten Abstecher in die Dünenlandschaft scheint sich auf der Fahrt ins Tal eine Fata Morgana aufzutun: Während der Sandhang im Zentrum von Schoorl nur den Anschein erweckt, nach einem Skihang modelliert zu sein, ist am Zwarte Weg tatsächlich der älteste Ski-Club der Niederlande beheimatet. Acht Monate im Jahr werden bei »Il Primo« nordische und alpine Kurse angeboten – auf Matten, die auf dem Sand der Dünen liegen. Bis zu 2000 Menschen machen pro Woche von dem Angebot gebrauch.
Attraktionen in Bergen Nordholland
Skulpturale Prachtbauten: 1917 hat der Amsterdamer Ziegelfabrikant Arnold Heystee fünf Architekten ein großes Areal in Bergen zur Verfügung gestellt, um hier eine Villensiedlung zu errichten. Entstanden sind 17 fantastische Gebäude, die im Nachhinein zum Manifest der Amsterdamer Schule erhoben wurden. Halb Wohnhäuser, halb Bauskulpturen, stehen viele der Bauten entlang der schönsten Straße des Ortes, dem Meerwijklaan. Diese mag den Anschein einer Privatstraße wecken, ist aber öffentlich zugänglich.
Das vielleicht schönste Haus stammt von Jan Frederik Staal (1879–1940), weist erkennbar nautische Formen auf und trägt den passenden Namen »De Bark«. Wie alle anderen Villen auch, hat Staal den Sockel aus Backstein errichtet, das erste Stockwerk mit Holz verkleidet und das Dach mit fotogenem Riet ausgelegt. Einzige Bedingung des Geldgebers war die großzügige Verwendung von Heystee-Ziegeln im Innern. Der VVV hat eine kleine Broschüre aufgelegt, in der die Bauten kommentiert sind.
Schlafen wie der kleine Hobbit
Wer Ferien wie der kleine Hobbit machen möchte, sollte weit im voraus buchen: Auf dem Campingplatz Geversduin gibt es eine höhlenartige Behausung, die im Stile der Tolkien-Verfilmungen gehalten ist. Die in einen Hügel implantierte Unterkunft ist so populär, dass die Wartezeiten lang sind.
Dafür können Besucher mitten im Dünenreservat auch aus einer Reihe anderer attraktiver Behausungen auswählen: Gemüsehäuser etwa, die durch Bepflanzung sowohl im Innern als auch an der Außenseite als eine Art Mini-Farm durchgehen. Aber natürlich können Urlauber auch ganz konventionell zelten in der riesigen, aber naturorientierten Anlage. Einziger Wermutstropfen: Je nach Windrichtung sind die Geräuschemissionen des Flughafens Schiphol hörbar.
Camping Geversduin Beverwijkerstraatweg 205, Castricum, 0251/66 10 95
Nordholländisches Dünenreservat
Für das nordholländische Dünenreservat benötigen Besucher eine gültige Eintrittskarte. Diese ist bei Hotels und Zeltplätzen normalerweise im Preis für Übernachtungen inbegriffen, um vor Ort ausgehändigt zu werden.
Tagesbesucher können die Tickets vorab über die Webseite (www.pwn.nl), beim VVV, im Besucherzentrum in Castricum sowie in vielen Geschäften erwerben. Die Tageskarte kommt auf 2 €, die Jahreskarte kostet 13,50 €. Wer kein Ticket hat, muss im Falle von Kontrollen mit einem Bußgeld rechnen.
Buitencentrum Schoorlse Duinen
Recht aufwendig gemachtes Dokumentationszentrum über die Dünenlandschaften Nordhollands. Tgl. 10–17 Uhr, Oorsprongweg 1, Schoorl, 072/509 33 52. www.staatsbosheer.nl.
Essen und Trinken
Restaurant Merlet: Sehr ambitionierte Küche auf Sterneniveau mit viel Sinn für Kreationen, die auch optisch reizvoll sind. Di–So ab 18 Uhr, Duinweg 15, Schoorl, 072/509 36 44.
Strandpaviljoen Bruintje aan Zee: Gemütlicher Pavillon auch für längere Aufenthalte. Van der Wijckplein 14 B, Bergen aan Zee.
Übernachten in Bergen Nordholland
Boschlust. Familiengeführtes Hotel am Ortsrand. Behagliches Ambiente, zweckmäßige Zimmer. Kruisweg 60, 072/581#20#60, www.boschlustbergen.nl.
Hotel Restaurant Marijke. Markisen in Königsblau und Weiß künden schon von weitem von gutem Geschmack. Die Einrichtung der auf fünf Gebäude verteilten Zimmer variiert. Dorpsstraat 23-25, Bergen, 072/581#23#81, www.hotelmarijke.nl
Aktivitäten
Fahrradverleih. Busker Fietsen. Gute Räder, nicht immer freundliches Personal. Tgl. 8–12 Uhr und 13–18Uhr, So nur 9–13 und 17–18 Uhr, Kerkstraat 1, Bergen Nordholland, 072/589#51#96, www.buskerfietsen.nl.
Weitere Informationen zu Bergen Nordholland
Das Tourismusmarketing von Bergen Noordholland läuft über die Nachbarstadt alkmaarprachtstad.nl
Leave A Reply