Stadturlaub in Houston scheint auf den ersten Blick eine ungewöhnliche Idee zu sein. Dabei ist der Kraftprotz von Texas ein spannendes Ziel. Die Metropole lockt mit mehr als 5000 eigentümergeführten Restaurants, viel Kultur und angenehmen Temperaturen auch im Winter.

Eigenwilliges Houston: Kalte Dusche für die Bahn. Foto: Ralf Johnen
Scheitern kommt nicht in Frage. Dieses Zitat des Astronauten Gene Kranz ist in Houston zum geflügelten Wort avanciert. Die in Texas gelegene Stadt versteht sich als Kraftprotz, der sich unbeirrt seinen Weg bahnt. Dies merken Besucher auch bei einem Stadturlaub in Houston.

Viel Grün: Downtown Houston. Foto: Ralf Johnen
Stadturlaub in Houston: der viertgrößte Ballungsraum der USA
Angefangen hat der Aufschwung durch den Handel mit Baumwolle und Öl in Texas. Später kamen die Raumfahrt und die bedeutendsten medizinischen Einrichtungen des Kontinents hinzu. In einem ehemaligen Sumpfgebiet unweit des Golfs von Mexiko ist so über die Jahrzehnte hinweg der viertgrößte Ballungsraum der USA entstanden. 5,7 Millionen Menschen leben heute hier. Trotz einer zuweilen erdrückend wirkenden Schwüle, die von Mai bis September über der Stadt liegt.

Gigantisch: Rakete der NASA beim Stadturlaub in Houston. Foto: Ralf Johnen
Erste Adresse für Besucher ist der Südrand der Metropole, wo sich das Space Center der Luft- und Raumfahrtbehörde NASA befindet. In den unscheinbaren Hangars bereiten die Experten laufend Projekte vor, bei denen ein Scheitern nicht eingeplant ist.

Ready for Take-off. Foto: Ralf Johnen
Das Space Center der NASA
Unter anderem eine erneute Mondmission, für die noch kein genauer Zeitplan existiert. Besucher allerdings können die Amphibienfahrzeuge, die dann zur Fortbewegung dienen, schon jetzt auf dem Campus begutachten. Nur durch eine Glaswand getrennt, blicken sie den Forschern bei der Arbeit über die Schultern. Die sonst in den USA so weit verbreitete Angst vor Spionage oder Sabotage scheint hier nicht vorhanden.

Nah dran: Besucher im Space Center der NASA in Houston. Foto: Ralf Johnen
Halb Forschungszentrum, halb Themenpark, hat sich das Space Center auch der ausführlichen Dokumentation der Raumfahrthistorie verschrieben. Kinder und Erwachsene drängen sich gleichermaßen um den Nachbau einer Raumkapsel.

Scheitern ist keine Option. Foto: Frida van Dongen
Superlative beim Stadturlaub in Houston
Neugierig starren sie ein Stück Mond-Gestein an. Und mit offenen Mund staunen sie über die Rakete »Saturn V«, die mit ihren über 100 Metern Länge einen ganzen Hangar ausfüllt. Deren fünf gigantische Triebwerke sind ein passendes Sinnbild für die Energie und Rastlosigkeit, mit der Houston zu ständig neuen Superlativen aufbricht.

Hoch im Kurs: Texanische Antiquitäten. Foto: Ralf Johnen
Die Galleria Mall in Uptown gehört mit 375 Geschäften zu den größten des Kontinents. Auf dem ganzen Stadtgebiet untermauern nicht weniger als 5000 kettenunabhängige Restaurants den Anspruch kulinarischer Eigenständigkeit. Und 150 Golfplätze ziehen vor allem im milden Winter Gäste von Außerhalb.

Viel Patina: Alte Villa im Küstenort Galveston. Foto: Ralf Johnen
An den Golf nach Galveston
Laut Celia Morales kommen die Touristen überwiegend aus den USA – auch wegen der attraktiven Küstenregion. Das Städtchen Galveston auf der gleichnamigen Golf-Insel etwa ist in einer Stunde erreichbar.

Ein Muss im Straßenbild: Vintage Pick-up. Foto: Ralf Johnen
Viktorianische Villen, trutzige Kastelle und tropische Gärten zeugen von einer reichen Vergangenheit als wirtschaftliches Oberzentrum und Seebad. Ihre reizvolle Lage unmittelbar an den weitläufigen Stränden der Golfküste allerdings wird der mit nostalgischen Gefühlen aufgeladenen Hafenstadt immer wieder zum Verhängnis. Zuletzt richtete Hurrikan Ike im September 2008 Verwüstungen an der historischen Bausubstanz an.

Amerikanisches Entertainment: Kemah Boardwalk bei Houston. Foto: Ralf Johnen
Downtown Houston lebt auch am Abend
Die Verwundbarkeit durch die Kräfte der Natur war auch der Grund dafür, dass Galveston seine Führungsrolle ans 70 Kilometer weiter nördlich gelegene Houston abgeben musste.

Downtonw lebt: Pubs und Clubs in der Innenstadt. Foto: Ralf Johnen
Dort prägen Fortschrittsglaube und Dynamik das Erscheinungsbild der Innenstadt. Die Vertikalität der Skyline steht für Stärke und Macht der texanischen Wirtschaft. Doch anders als in vielen US-Städten mutieren die Wolkenkratzer in den Abendstunden nicht zur Fassade eines potemkinschen Dorfes. »Downtown« lebt: Vor den Clubs und Restaurants der Main Street bilden sich an Wochenenden lange Schlangen. In unweiter Entfernung befinden sich der Theaterdistrikt und die »Houston Pavillons«, die zum Shopping unter freiem Himmel laden.
Zu Fuß durch Montrose
Jenseits der unübersehbaren Urbanität aber betont Houston auch seine weniger amerikanischen Seiten. Eine Bahnlinie verbindet die City mit dem Museumsdistrikt und den Wohnvierteln von Midtown, wodurch ein Leben ohne Auto zumindest theoretisch möglich ist.

Virginia-Eiche im Stadtteil Montrose. Foto: Ralf Johnen
Die In-Viertel Heights und Montrose überraschen unterdessen mit ehrwürdigem Südstaatencharme: Pastellfarbene Villen und riesige Ulmen, die ihre ausladenden Äste auf den Straßen ablegen, sorgen für einen eigenen Charakter.

Denkmalgeschütze Villa. Foto: Ralf Johnen
Rothko Chapel: ein Ruhepol
Mitten in Montrose befindet sich auch Rothko Chapel, eine von Philipp Johnson erbaute Kapelle, die der überkonfessionellen Kontemplation dient. Die Wände sind mit 14 Gemälden des abstrakten Expressionisten Mark Rothko verziert. Im Innern herrscht absolute Stille. Die Grau-, Braun- und Schwarztöne der Bilder aber changieren permanent, sobald die Sonne durch das Oberlicht einfällt.

Ein Muss bei jedem Stadturlaub in Houston: Rothko Chapel von Philip Johnson. Foto: Ralf Johnen
Ein erhabenes Schauspiel. Und ein Ruhepol in einer energiegeladenen Stadt, die zwar nie so viele Touristen wie New York oder San Francisco anlocken wird. Durch seine Vitalität und Ehrlichkeit aber gibt das liberale Houston ein repräsentatives Bild vom Amerika im Jahre 2022 ab, das sich von der desaströsen Nachrichtenlage abhebt.
Reisetipps für den Stadturlaub in Houston
Houston ist ein interessantes Ziel vor allem für Reisende, die schon einiges von den USA gesehen haben. Besonders eignen sich die milden Wintermonate oder auch die Vorweihnachtszeit zum Christmas-Shopping. Auch bietet sich die Metropole als Ausgangspunkt für eine Rundreise durch Texas oder einen Urlaub an der endlosen texanischen Küste an.

Nächtliches Street Food: Eiswagen in Montrose. Foto: Ralf Johnen
Lufthansa und United Airlines unterhalten tägliche Nonstop-Verbindungen von Frankfurt nach Houston (Preise in der Nebensaison ab circa 600 Euro). George Bush International Airport liegt eine 45 Minuten nördlich der Innenstadt. Taxifahrten kosten etwa 60 US-Dollar.
Der öffentliche Nahverkehr (»Metro«) ist zwar vergleichsweise gut ausgebaut, aufgrund der enormen Distanzen aber ist ein Mietwagen oder ein ordentliches Uber-Budget empfehlenswert.

Volle Konzentration im NASA Space Center. Foto: Ralf Johnen
Das Space Center in Houston
Das Space Center befindet sich etwa 30 Kilometer südöstlich von der Innenstadt. Tickets kosten um die 30 Dollar. Geöffnet ist täglich, die Öffnungszeiten allerdings sind variabel (vorher im Internet nachsehen). Der Ausflug kann kombiniert werden mit dem Besuch von »Kemah Boardwalk«, einem kinderfreundlichen Vergnügungspark an der Galveston Bay (weitere 20 Kilometer südöstlich).

Russisch-amerikanische Kooperation: Raumfahrzeug in Houston. Foto: Ralf Johnen
Der Houston City Pass beinhaltet neben den Eintrittskarten zum Space Center auch Tickets zu sieben weiteren Attraktionen. Er kostet 64 Dollar und berechtigt zum Eintritt bei vier Attraktionen.
Rothko Chapel liegt etwas versteckt im Viertel Montrose (1409 Sul Ross, geöffnet: täglich von 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei).

Flanieren unter alten Bäumen: Houstons In-Viertel Montrose. Foto: Ralf Johnen
Houstons Neighborhoods
Uptown Houston heißt ein westlich der Innenstadt gelegenes Viertel. Rundum die Galleria Mall wächst hier ein zweites Zentrum heran. Midtown Houston hingegen befindet sich südwestlich der City. Restaurants und Bars eignen sich für einen abendlichen Aufenthalt. Montrose und Heights sind Viertel aus den Anfangstagen der Stadt.

Run for the money: Neugieriges Rennpferd in Texas. Foto: Ralf Johnen
Montrose ist auch die Heimat der »Menil Collection«, einer Privatsammlung mit mehr als 17.000 überwiegend modernen bis zeitgenössischen Kunstwerken. Das Museum wurde von Renzo Piano entworfen. Die Eigentümer der Sammlung, Dominique und John de Menil, haben auch Rothko Chapel erbauen lassen.

Texanische Ikonen. Foto: Ralf Johnen
Die Reise wurde teilweise von Visit Houston und Travel Texas unterstützt.
Text und Bilder: Ralf Johnen, zuletzt aktualisiert im August 2022.

Aufsteigende Linie: Besucher und Astronauten unlängst im NASA Space Center. Foto: Ralf Johnen
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