Das Teylers Museum in Haarlem

Das Teylers Museum in Haarlem hat 1784 seine Pforten geöffnet. Damit ist es das älteste Museum der Niederlande. Doch das Ausstellunghaus ist alles andere als angestaubt.

Der Fluss Spaarne in Haarlem bei Sonnenschein mit Giebelbauten und Brücke

Immer wieder schön: Der Fluss Spaarne in Haarlem bei Sonnenschein. Foto: Ralf Johnen

Ist das nun ein Wissenschaftsmuseum? Oder ein Kunsthaus? Ein Labor? Oder doch eher ein Atelier? Das Teylers Museum in Haarlem will sich gar nicht entscheiden. Lieber bezeichnet es sich als Museum der Verwunderung – und bezaubert junge und ältere Besucher gleichermaßen.

Das Teylers Museum vom Fluss Spaarne aus gesehen. Foto: Ralf Johnen

Erst mal den Mund zu machen!

Wer durch das pompöse Portal des Ausstellungshauses am Fluss Spaarne geschritten ist und ein Ticket gelöst hat, gerät im Ovalen Saal mit Kuppel und Balustrade ins Staunen. Der Bau ist ein Schmuckstück der Architektur des 18. Jahrhundert. Die Kulturstätte ist seit 1784 für die Öffentlichkeit geöffnet.

Skelett eines Dinosauriers. Foto: Ralf Johnen

Schon damals galt das Bestreben, dass das Erfahrungsschatz der Besucher durch die hier ausgestellten Exponate bereichert werden und sie klüger wieder nach Hause gehen.

Das Teylers Museum: Im Sinne der Aufklärung

Der Wunsch geht auf den Seidenhersteller und Bankier Pieter Teyler van der Hulst (1702-1778) zurück. Der wohlhabende Haarlemer interessierte sich sehr für Kunst und Wissenschaft und begann früh, Sammlungen in beiden Bereichen anzulegen. Da er kinderlos verstarb, verfügte er, dass die von ihn zusammengetragenen Objekte im Sinne der Aufklärung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten.

Globus im Teylers Museum in Haarlem auf dem Australien als Hollandia Nova ausgewiesen ist

Sagt viel über die Machtverhältnisse von einst: Globus im Teylers Museum auf dem Australien als Hollandia Nova ausgewiesen ist. Foto: Ralf Johnen

So begründete er mit seinem Erbe das erste niederländische Museum, in dem Kunst- und Wissenschaftsobjekte vereint werden.

Besuch von Napoleon Bonaparte und Albert Einstein

Ununterbrochen seit 1784 begeistert die gewagte Mixtur die Besucher. Zur Sammlung gehören Fossilien und Mineralien ebenso wie technische Instrumente. Von Sirenen über Magnesiumlampen, Luftpumpen und Mikroskope ist bis hin zu altertümlichen Telefonapparaten alles dabei. Auch Saurierskelette, Atlanten und Münzen haben ihren Platz unter dem Dach des Teylers Museum.

Das Monster von Fayum mit zwei Hörnern im Teylers Mnuseum in Haarlem

Erstaunlich: Das Skelett des Monsters von Fayum mit seinen zwei Hörnern. Foto: Frida van Dongen

Architektenoscher Blickfang ist der Ovale Saal, für den sich schon viele einflussreiche Personen interessiert haben. Am 24. Oktober 1811 etwa demonstrierte Napoleon Bonaparte seine Zuneigung zur Wissenschaft, indem er das Saal, der seinerzeit eher als Labor diente, einen Besuch abstattete. Doch auch König Willem I., Zar Alexander I., Giuseppe Verdi und Albert Einstein haben den Weg auf sich genommen.

Die große Elektrisierungsmaschine

Einen Spitzenplatz unter den Ausstellungsstücken im Teylers Museum in Haarlem nimmt die große Elektrosierungsmaschine ein. Dabei handelt es sich um ein erstaulich großformatiges Gerät zur Erforschung von Elektrizität. Der Apparat funktioniert bis heute, wobei er eine Spannung von bis zu 300 000 Volt und bis zu 60 Zentimeter lange Funken erzeugen kann. Sie stammt aus derselben Epoche, als Eise Eisinga in Franeker das älteste noch funktionierende Planetarium konstruierte.

Die Elektrisierungsmaschine erzeugt bis zu 60 Zentimeter lange Funken

Erzeugt bis zu 60 Zentimeter lange Funken: Die Elektrisierungsmaschine in Haarlem. Foto: Ralf Johnen

Außerordentlich ist auch ein Abguss des Schädels eines Wesens, das über zwei Hörner verfügt. Anders als beim Nashorn handelt es sich dabei nicht um Horn, sondern um Teile des Skeletts. Das sogenannte Monster von Fayum war einst in Ägypten beheimatet.

Ein Exemplar von Audubons »Birds of America«

Sehr beeindruckend ist außerdem das Exemplar von James Audubons Book of American Birds. Das opulent illustrierte Standardwerk aus dem 18. Jahrhundert ist auf fünf für heutige Verhältnisse irrsinnig große Bände verteilt. Der Anblick der Geschöpfe ist eine Wonne.

Physiognomisch mittelglücklich: Ein Fasan aus dem Buch Birds of America von Audubon. Foto: Ralf Johnen

Als wäre all dies noch nicht genug, wird die aberwitzige Sammlung durch hochkarätige Kunst angereichert. Zu den Exponaten gehören Werke von Michelangelo über ein Textbuch von van Gogh bis hin zum zeitgenössischen Maler Raymond Pettibon. Wechselausstellungen und wissenschaftliche Experimente runden das Angebot des ungewöhnlichen Ausstellungshauses ab.

Der Braukessel der Jopen Brauerein in Haarlem steht in einer ehemaligen Kirche. Foto: Ralf Johnen

Nach dem Museum in die Kirche

Nach dem Museumsbesuch solltet ihr unbedingt eine Kirche aufsuchen. Allerdings nicht zum Beten, sondern auf ein Bier. Mit der Jopen-Brauerei hat sich der größte Produzent von Craft Beer der Niederlande in einem ehemaligen Gotteshaus niedergelassen. Auch ein Erlebnis der besonderen Art. Davon abgesehen ist Haarlem eine der attraktivsten Städte der Niederlande. Kleiner als Amsterdam oder Rotterdam, steht die Stadt Leiden, Delft oder Groningen nichts nach.