Die Chiefs haben zwei der letzten vier Superbowls gewonnen. Außerdem stammt mit Ted Lasso der wohl liebenswerteste Amerikaner der Gegenwart aus der Stadt. Höchste Zeit für einen Städtetrip nach Kansas City.
Nein, die Stadt liegt nicht in Kansas, sondern in Missouri. Und ja, der amerikanische Westen beginnt hier und keineswegs irgendwo hinter den Rocky Mountains. Damit wären schon mal zwei Missverständnisse ausgeräumt, mit denen sich Kansas City immer wieder konfrontiert sieht.
Städtetrip nach Kansas City: das hippe Crossroads
Wie zur Bestätigung baut sich in der Ferne auf einem Backsteinhochhaus der Schriftzug von »Western Auto« auf, der am Abend weithin sichtbar leuchtet. Wir befinden uns in Crossrads, dem Inbegriff des hippen Kansas City, wo wir rund um Southwest Boulevard und Main Street in Galerien, Boutiquen und Plattenläden stöbern.
Eine Tram bringt uns kostenlos zum River Market am Missouri River und zurück. Inmitten dieser vitalen Umgebung prangt an der Außenwand eines weiteren Backsteinbaus ein großformatiges Wandgemälde mit der Aufschrift »Chiefs Kingdom«. Ein selbstbewusster Claim des NFL-Teams, der nach den Superbowl-Siegen von 2020 und 2023 eine ganze Stadt mitzureißen scheint.
Die Lieblings-Barbecuesauce von Ted Lasso
Am Abend schlendern wir zu einem ehemaligen Bahnhof ins Restaurant Jack Stack Barbecue. Wir bestellen riesige Margaritas, Rippchen und Burnt Ends, kräftig geröstete Stücke aus der Rinds- oder Kalbsbrust. Auf welche Speise die Wahl fällt, ist hier allerdings von untergeordneter Bedeutung, denn wie die Kenner der Apple-Plus-Serie Ted Lasso wissen, dreht sich in Kansas City alles um die Wahl der richtigen Barbecue-Sauce.
Sie ist dickflüssiger, dunkler und süßer als andernorts. Nicht nur für den gutmütigen American-Football-Coach, der im fernen London als Soccer-Trainer unverhofft zu Ruhm gekommen ist, handelt es sich um ein identifikationsstiftendes kulinarisches Gut. Zu den enormen Portionen stehen bei Jack Stack neben der klassischen Variante auch spicy und hot zur Auswahl.
Der Kansas City Jazz
Weiter geht es zur Green Lady Lounge. Der Bau gleicht von außen einem Schuhkarton, doch das unauffällige Erscheinungsbild trügt. Drinnen ist der Abend in vollem Gange: Auf zwei Etagen hat sich bei schummeriger Beleuchtung ein überraschend junges Publikum auf roten Polstern niedergelassen, um den virtuosen Improvisationen von Jazz-Ensembles zu lauschen.
Auch in dieser Disziplin weist die Stadt ihre Eigenheiten auf: Als Kansas City Ende der 1920er Jahre zu einem prosperierenden Wirtschaftszentrum aufgestiegen war, machten die Orchester von Bennie Moten und Count Basie durch eine auffällig rhythmische Spielart des Jazz auf sich aufmerksam, der stärker als üblich an den Blues angelehnt war. Die Green Lady Lounge hält den Sound an 365 Tagen im Jahr bis 3 Uhr morgens lebendig.
Als der Mob die Stadt fest im Griff hatte
In den Twenties hatte nicht nur der Jazz die Stadt fest im Griff. Viel mehr hat eine Allianz aus korrupten Politikern und der Mafia dafür gesorgt, dass die Prohibition recht ungeniert ausgehebelt wurde.
Kansas City galt als Paris of the Plains. Ein Ruf, der bis heute nachhallt und dessen Erbe weitere Clubs wie The Majestic oder The Phoenix auch in weniger wilden Zeiten sichern.
Städtetrip nach Kansas City: Auf den Spuren von Jesse James
Überhaupt haben Gesetze in Kansas City und Umgebung einen schweren Stand. Das beginnt schon damit, dass der wohl bekanntesten Outlaw der amerikanischen Geschichte nur wenige Meilen nordöstlich das Licht der Welt erblickt hat: Auf einer von grünen Hügeln umgebenen Farm bei Kearney wurde am 5. September 1847 ein gewisser Jesse James geboren.
Kurz nachdem der 18-Jährige schwer verwundet aus dem Bürgerkrieg zurückgekehrt war, hat die von ihm formierte Gang am 13. Februar 1866 im nahen Liberty am helllichten Tag erstmals eine Bank überfallen. Zwar ist umstritten, ob Jesse und sein Bruder Frank an dem Überfall persönlich beteiligt waren, oder ob sie infolge ihrer Kriegsblessuren andere vorgeschickt haben.
Jesse James: Angst und Schrecken in Missouri
Fest steht aber, dass dies der Anfang einer zehn Jahre dauernden Ära war, in der die James-Bande mit ihren Überfällen auf Banken, Züge und Konvois Angst und Schrecken verbreitet hat.
Ihr Territorium waren nicht die mythischen Landschaften in Arizona oder New Mexico, die man heute mit dem Wilden Westen assoziiert, sondern ein Gebiet, das von Minnesota bis nach Kentucky und Louisiana reicht. Mittendrin: Missouri.
Tod auf der Leiter
Trotz intensiver Bemühungen konnte Jesse James lange nicht gefasst werden. Erst nachdem eine Belohnung von 10 000 Dollar auf seinen Kopf ausgelobt wurde, erschoss ihn ein Mitglied seiner Bande am 3. April 1882 in seinem Wohnhaus in St. Joseph, Missouri. Um sicher zu gehen, wartete er, bis Jesse unbewaffnet auf einer Leiter stand. Das Einschussloch ist bis heute sichtbar.
Ebenso wie die Bank in Liberty und Jesses Todesort ist seine Geburtsstätte in Kearney heute ein Museum. Auf der dortigen Veranda schaukelt Richard Gooch in einem Stuhl. Er berichtet, dass Jesse und seine Bande trotz ihrer Brutalität in der Bevölkerung sehr populär waren und sind.
Kampf für die Südstaaten
Das sei darauf zurückzuführen, dass Jesse und Frank während des Bürgerkriegs auf der Seite der Südstaaten gekämpft haben. Nach dessen Niederlage seien die beiden mit ihren Verletzungen von den Yankees im Stich gelassen worden – ähnlich wie aus Sicht vieler Menschen die Konföderierten Staaten mit ihren Narben.
Doch zurück nach St. Joseph. Das am Ostufer des Missouri gelegene Städtchen hat seine besten Zeiten hinter sich, aber das Patee House ist immer noch beeindruckend. Der vierstöckige Backsteinbau wurde 1858 als eines der besten Hotels westlich des Mississippi eröffnet und diente bald darauf als Hauptquartier des Pony Express.
Städtetrip nach Kansas City: Begegnung mit Buffalo Bill
Hinter diesem Namen verbirgt sich ein kurzlebiger Kurierdienst, der über den Oregon und California Trail Nachrichten bis ins über 3000 Kilometer entfernte Sacramento befördert hat. Dafür sorgten Reiter, welche die Strecke und all ihre Gefahren allein zu meistern hatten. Zu ihnen gehörte der junge William Frederick Cody, der später als Buffalo Bill in die Geschichte eingehen sollte. Wieder so ein Mythos.
Obwohl er im Hier und Jetzt lebt, fällt auch David Hawley in die Kategorie amerikanischer Pioniere. Ihm ist es gelungen, den Bogen aus der Epoche der Frontier in die Gegenwart zu schlagen: Mitte der 1980er Jahren hat er gemeinsam mit Vater Bob und Bruder Greg Wind davon bekommen, dass im September 1856 auf dem Missouri River ganz in der Nähe von Kansas City die SS Arabia gesunken ist.
Schiffswrack im Missouri
Der Dampfer war bis oben hin mit Schätzen und hochwertigen Gebrauchsgegenständen beladen: Porzellan, Silber, Champagner und Lederschuhe, kurzum mit allem, womit die Neureichen rundum das Paris der Plains protzen konnten.
Am Tag des Unglücks wurde die schwer beladene Arabia unglücklich von einem spitzen Baumstumpf getroffen. Sie schlug leck und versank im Schlick. Weil der Fluss Hochwasser führte, konnte das Wrack nie lokalisiert werden.
Pflicht beim Städtetrip nach Kansas City: das Arabia Steamboat Museum
Es geriet in Vergessenheit – bis die Hawleys es in 500 Metern Entfernung zum heutigen Flussbett aufgespürt und den Besitzer des Landes davon überzeugt haben, der Ausgrabung gegen eine Beteiligung zuzustimmen.
Die Schätze des 19. Jh. füllen heute in Downtown Kansas City ein ganzes Museum. Eine Geschichte, wie sie nur der Wilde Westen schreiben konnte. Und der beginnt bekanntlich in Kansas City.
Informationen
Anreise zurzeit nur mit Umstieg in den USA. Weil Kansas City über einen neuen, 2023 eröffneten Flughafen verfügt und Austragungsorten der Fußball-WM 2026 ist, hofft man bis dahin auf Nonstop-Flüge.
Für die Erkundung von Stadt (510 000 Einwohner, Metropolregion 2,2 Mio.) und Umgebung sollte man 4 bis 5 Tage einplanen. Ein Mietwagen ist für den Trip nach Liberty, Kearney und St. Joseph (135 km eine Strecke) unverzichtbar.
Unterkunft für den Städtetrip nach Kansas City
Das Crossroads Hotel (crossroadshotelkc.com) im Stadtteil Crossroads ist stilvoll, eigenwillig und komfortabel.
Essen & Trinken
Jack Stack BBQ (jackstackbbq.com)
The Town Company (hotelkc.com/dine/the-town-company), großartige neuamerikanische Küche
Affäre (affarekc.com), eines der wenigen Lokale mit neudeutscher Küche in den USA, u.a. in der Saison mit weißem Spargel, eine Rarität in Nordamerika
Clubs in Kansas City
The Phoenix Kansas City (thephoenixkc.com)
The Green Lady Lounge (greenladylounge.com)
Sehenswürdigkeiten in Kansas City
Nelson Atkins Museum in Kansas City (nelson-atkins.org)
Liberty Bank Museum (Infos unter visitkc.com)
Jesse James Museum and Birthplace in Kearney (jessejamesmuseum.org)
Patee House Museum and Jesse James Home in St. Joseph (ponyexpressjessejames.com)
Arabia Steamboat Museum Kansas City
Shopping
Im Country Plaza Club (countryclubplaza.com), City Market (thecitymarketkc.org) sowie in den Boutiquen von Crossroads.
Allgemeine Informationen zum Städtetrip nach Kansas City
Schau auf die Webseite von Kansas City
Text und Bilder: Ralf Johnen, November 2023. Der Autor war auf Einladung des Marketingverbunds Travel South auf Recherche zum Städtetrip nach Kansas City.
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