Das Big Texan Steakhouse in Amarillo gehört zu den bekanntesten Restaurants der Welt. Die Portionen riesig. Auch Reisende auf der Route 66 müssen die Rechnung nicht bezahlen, wenn sie das Zweikilosteak mit Beilagen vertilgen (Episode 37/66).

Es geht auch klein: Steak mit Gemüse im Steakhaus The Big Texan in Amarillo
Seit ein paar Jahren keimt bei Vegetariern Hoffnung auf wie ein zartes Pflänzchen: Auch im Land der Hamburger ist es möglich, auf Fleisch zu verzichten. Sogar in Oklahoma City – mit ihren Stockyards eine Hauptstadt der Karnivoren – serviert man in Restaurants ordentliche vegetarische Gerichte.
Das heißt allerdings nicht, dass sich die amerikanische Küche auf dem Lande maßgeblich geändert hätte. Man muss sich entlang der Route 66, vor allem außerhalb der größeren Städte, doch noch recht viel Mühe geben, um mehr als ein grünes Alibi-Salatblättchen auf dem Teller zu finden.

Wie auf der Titanic: Vor dem Untergang wegen Überfütterung spielt eine Band
The Big Texan Steakhouse in Amarillo: Ende des vegetarischen Experiments
Das kulinarische Experiment, sich auf dem Weg nach Westen vegetarisch zu ernähren, findet ganz bestimmt im Big Texan Steakhouse in Amarillo ein jähes Ende. Aber das berühmte Restaurant, das im Jahre seiner Gründung 1960 direkt an der Route 66 lag, sollten selbst Freunde pflanzlicher Speisen zumindest als Fotostopp in auf die Agenda setzen. Auch wenn ein überdimensionaler Bulle vor dem im Saloon-Stil gestalteten Haus keinen Zweifel darüber aufkommen lässt, welche fleischlichen Freuden hier zu erwarten sind.
Die Western-Atmosphäre setzt sich drinnen fort. Vorbei geht es an einer Bar mit Schießstand. Die Serviererin, die selbstverständlich Cowboyhut trägt und breitestes Texanisch spricht, geleitet die Gäste an ihren Tisch. Bevor diese sich dem umfangreichen Steakmenu widmen, können sie sich ein Bier aus der hauseigenen Brauerei bestellen und in Ruhe umblicken.

Reklamebotschaft auf dem Rücken einer Kuh vor dem Steakhaus The Big Texan
Western-Atmosphäre am Rand von Amarillo
Der holzgetäfelte und mit Jagdtrophäen ausstaffierte Saloon mit einer Empore hat trotz seiner Größe etwas Gemütliches. Er ist an jedem Tag gut besucht. Für wohlige Western-Atmosphäre sorgt zudem eine Altherrenband, die durch die Reihen zieht und Country-Musik spielt.
Besonders unauffällig verrenken sich die meisten Gäste den Hals, um einen schlaksigen jungen Mann zu beobachten, der auf einem Podest in der Mitte des Saals sitzt. Vor ihm ein reich gedeckter Tisch, über ihm in roten Leuchtziffern eine Uhr, die rückwärts zählt – noch 27 Minuten. 27 Minuten hat der Bursche noch Zeit, um das zu verdrücken, was vor ihm steht.
Mensch gegen Teller an der Route 66 in Texas
Das da wäre: ein Krabben-Cocktail, eine Backofen-Kartoffel, ein Salat mit Brötchen und Butter. Plus ein zwei Kilogramm schweres Steak. Wenn er es schafft, geht die Rechnung aufs Haus. Muss er passen, zahlt er 72 Dollar für das Vergnügen. Ohne die Spannung rausnehmen zu wollen: der Kandidat wird schon lange vor Ablauf der Zeit aufgeben, trotz vieler aufmunternder Worte, die andere Gäste ihm an seiner einsamen Tafel zuflüstern.

Die Uhr tickt: das große Fressen auf dem Podium des Big Texan
Der eigenartige kulinarische Wettkampf hat das Big Texan Steakhouse weltweit berühmt gemacht. Es gab sogar eine TV-Show „Man v. Food“, in der die von Amerikanern kultivierte Disziplin des Vielessens zelebriert und das texanische Restaurant als erste Folge vorgestellt wurde.
The Big Texan: Es geht auch normal
Wer sich der Völlerei nicht hingeben möchte, kommt in dem (übrigens immer noch von der Gründerfamilie betriebenen) Restaurant auch ein paar Nummern kleiner aus. Auch das ermöglicht den Genuss qualitativ hochwertigen und perfekt zubereiteten Fleisches zu akzeptablen Preisen.

Keine Sorge: du kannst auch normale Portionen bestellen. Die sind natürlich immer noch vergleichsweise riesig
Anschließend geht es – hallo Amerika! – durch den Gift Shop zum angegliederten Motel. Vielleicht noch sein mitgebrachtes Ross im ebenfalls vorhandenen Pferde-Hotel (!) tätscheln. Und sich dann süßen Träumen darüber hingeben, ein Zwei-Kilo-Steak auf einem Podium zu verdrücken und dafür von den anderen Gästen beklatscht zu werden.
Informationen zu The Big Texan Steakhouse
Lage: The Big Texan Steak House, 7701 Interstate 40 Access Rd, Amarillo. Das Restaurant ist täglich von 8 bis 22.30 Uhr geöffnet. Die Hausspezialität ist das 72 Ounce Steak, was 2,04 Kilo entspricht. Wer es inklusive Beilagen im festgelegten Zeitraum von einer Stunde inklusive Beilagen vertilgt, muss keine Rechnung zahlen. Ansonsten (oder wenn eine der weiteren elf Regeln verletzt wird) kostet die Mahlzeit 72 Dollar. Das Ganze spielt sich vor Publikum ab. Einen Vorgeschmack gibt es auf der Webseite des Steakhouse, das die Orgien genüßlich live überträgt.
Unterkunft: Zum Big Texan Steakhouse gehört auch ein RV Park für Campingmobile, ein Hotel mit Swimmingpool in der Form des Bundesstaates Texas (Zimmer ab 65 Dollar pro Nacht) sowie ein Pferdemotel.
Boarding Completed unterwegs auf der Route 66
Für unsere Sammlung von 66 Stories über die Route 66 haben wir uns nicht nur auf der Mother Road selbst, sondern auch links und rechts des Wegesrandes umgesehen. Die Story über das Big Texan Steakhouse ist Geschichte Nummer 37. Vom Palo Alto Canyon (Geschichte 36), fährst du rund 45 Kilometer bis zum Besucherzentrum des Canyons. Bis zur legendären Cadillac Ranch (wo Geschichte Nummer 38 angesiedelt ist) sind es ziemlich genau 24 Kilometer. Beachte dabei, dass du Spraydosen im Gepäck hast, falls du dich selbst verewigen möchtest.
Die Route 66 in Texas
In Texas hat die Interstate 40 die Mother Road vielerorts rücksichtslos aufgefressen. Vor allem zwischen den Ortschaften sind die Spuren der einst 299 Streckenkilometer kaum noch zu finden. In den Städten und Dörfern, die einst an der Originaltrasse gelegen haben, sind die Relikte der Route 66 jedoch allgegenwärtig. Der ein oder andere Umweg also lohnt sich also.
Text: Frida van Dongen, Bilder: Ralf Johnen, wir haben alle Angaben im April 2025 auf ihre Richtigkeit geprüft.
Comment
..wieder sehr starke Fotos und erhellender Text von Frida ! Danke dafür ! Zum einen eine Bestärkung unserer (klischeehaften) Vorstellung von insbes. Texas, zum anderen aber die Gelegenheit und Aufforderung, sich die Geschichte des Landes v or Augen zu führen und daran zu denken, woher die Viehzucht in die USA gekommen ist. Ich bin wieder sehr beeindruckt. Manni.