In den Anfangsjahren der Route 66 hat man noch Hut getragen. Ein Handwerkbetrieb hat diese Tradition wieder aufgenommen. Er beansprucht, in Chicago die vielleicht besten Hüte der Welt herzustellen.
Wer auf der Route 66 unterwegs ist, begibt sich unweigerlich auf die Suche nach einer vergangenen Zeit. Eine Epoche, die von Hoffnung und Aufbruchsstimmung geprägt war, aber auch von der Sehnsucht nach Freiheit und Abenteuer, als die Menschen in stromlinienförmigen Straßenkreuzern in Richtung Westen unterwegs waren und dabei Jazz, Bebop und Rock’n’Roll gehört haben. Man könnte auch sagen: es ist die Suche nach einem besseren Amerika, das nicht zuerst an sich selbst gedacht hat.
Das Land der Hutträger
Diese Frühform des viel beschworenen »American Way of Life« ist uns häufig aus Filmen in Erinnerung, die in Hollywood produziert wurden. Und egal, ob diese nun in New York, Dallas oder Los Angeles angesiedelt waren, hatten männliche Helden wie Edward G. Robinson, Humphrey Bogart, Cary Grant oder James Stewart ein verbindendes optisches Erkennungszeichen: sie trugen Kopfbedeckungen.

Hüte und die Route 66 verbinden Los Angeles und Chicago
Auch in Chicago waren Hüte groß. Al Capone und seine Kollegen aus der Unterwelt wären ohne sie undenkbar gewesen. Spätestens in den 60er Jahren aber verschwanden Melonen, Zylinder und ihre Artverwandten zusehends aus der Öffentlichkeit, ehe mit gewissem zeitlichem Abstand der Siegeszug der Baseballmütze begann. Lediglich der Cowboyhut konnte sich dank seines Nutzwertes halten.
Hutmacher in Chicago: Rettung eines edlen Handwerks
Der Niedergang der Kopfbedeckung aber beeindruckte Graham Thompson kaum. Schon als Jugendlicher war der gebürtige Chicagoer fasziniert von der Vergangenheit. »Ich wollte unbedingt einen guten Hut besitzen. Das war mein erster Luxus.« Später, als Thompson in den Jazz- und Blues-Clubs der Stadt unterwegs war und eine stattliche Sammlung an Vinyl-Schallplatten aufbaute, fasste er den Entschluss, das althergebrachte Handwerk des Hutmachers zu erlernen.
Weil die Glanzzeiten der Branche schon seit 70 oder 80 Jahren vorbei waren, musste Thompson lange nach einem Mentor suchen. Nachdem er bei diesem alle wichtigen Details verinnerlicht hat, konnte 1994 seinen ersten Laden aufmachen.
Jahresproduktion von Optimo Hats in Chicago: 3000 Stück
Optimo Hats war gegründet – und damit auch die Maxime, nur auf allerhöchstem Niveau zu arbeiten. »Der Filz«, sagt Thompson, »wird speziell für uns hergestellt und anschließend von Hand weiterverarbeitet«. Auf diese Weise kommen zwar nur geringe Stückzahlen zustande, die der Firmengründer auf rund 3000 pro Jahr beziffert. Gerade diese aber mag dazu beitragen, dass die Ware aus Chicago sehr begehrt ist.
Kunden aus rund 100 Ländern haben bereits bei Optimo bestellt, darunter auch die Filmstars der Gegenwart. Viele meinen, es seien die besten Hüte der Welt. Unter anderem war Johnny Depp in Michael Manns »Public Enemies« mit einem Optimo-Hut als Schwerverbrecher John Dillinger zu sehen. Doch auch Musiker gehören zur Klientel, darunter Jack White (White Stripes), Jeff Tweedy (Wilco) und Jay-Z.

Wo Johnny Depp einkauft: Die Produktionsstätte von Optimo in Chicago
Luftiger Strohhut für den Weg nach Los Angeles
Das Stilbewusstsein, das den Hutträger auszeichnet, verbindet Thompson mit der Pflege regionaler Traditionen. So befindet sich die Werkstatt von Optimo seit 2013 in einer ausgemusterten Feuerwehrwache, deren Interieur der Firmenchef vom Architekturbüro Skidmore, Owings & Merrill hat gestalten lassen. Das Ladenlokal befindet sich unterdessen im Erdgeschoss des 17-geschossigen Monadnock Building von 1891, das als einer der ersten Wolkenkratzer im Chicago Loop gilt.
Das Monadnock übrigens liegt direkt am West Jackson Boulevard – und somit an der Originaltrasse der Route 66. Wer diese in Richtung Los Angeles zu befahren beabsichtigt und dabei eine passende Kopfbedeckung tragen möchte, dem empfiehlt Graham Thompson einen luftigen Strohhut aus seinem Hause. In Frage kommen diverse Modelle. Etwa der »Teardrop Fedora« oder schlicht »The Optimo«.
Informationen über Optimo Hats in Chicago
Die Hüte von Optimo Hats sind handgemacht und dementsprechend kostspielig. Manche Modelle starten bei 650 Dollar, für andere muss man 1000 Dollar hinlegen. Dafür sind die Kopfbedeckungen eine Investition fürs Leben – es sei denn, man ist bei der Cabrio-Fahrt auf der Route 66 unachtsam. Anlässlich des 150. Geburtstages von Frank Lloyd Wright hat Optimo den bevorzugten Hut des Architekten unter dem Namen »The Wright« in einer Auflage von 150 Exemplaren auf den Markt gebracht. Der Hut kostet allerdings stolze 1500 Euro.
Optimo Shop: 51 West Jackson Boulevard, Chicago, das Geschäft ist montags bis samstags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.
Die Werkstatt für die wohl besten Hüte der Welt befindet sich im Stadtteil Beverley (1700 West 95th Street), sie ist allerdings nicht öffentlich zugänglich. Die Architekten Skidmore, Owings & Merrill, die auch für das John Hancock Center verantwortlich zeichnen, beschreiben das Projekt ausführlich auf ihrer Webseite.
Optimo Hats und die Route 66
Das Ladenlokal befindet sich am West Jackson Boulevard. Hier hat auch die erste Trasse der Route 66 Richtung Los Angeles ihren Lauf genommen, ehe sie später an die East Adams Street verlegt wurde. Hier steht heute das offizielle Startschild, das jedoch nicht den akkuraten Ort ausweist.
Die Geschichte über Optimo Hats hat also eine gewisse Bindung zur Route 66. Sie ist denn auch Teil 3 einer Sammlung von 66 Geschichten über die Route 66 und Attraktionen in ihrer Umgebung. Zu Teil 2, Frank Lloyd Wrights Robie House, geht es hier. Teil 4 über die Destille Koval findest du hier.
Text und Bilder: Ralf Johnen, zuletzt aktualisiert im April 2025.
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