In Kansas und Oklahoma dreht sich die Welt unbeirrt vom Zeitgeist weiter. Der Ranchurlaub in den USA gerät dank der Begegnung mit echten Cowboys zugleich zur Entdeckungsreise in das wahre Amerika.
Erst kommen die Tiere, dann die Gäste. Jody Fisher grinst, als er die Hackordnung auf der Meadowlake Ranch beschreibt. Anschließend legt er seine Gitarre beiseite und zündet sich eine Marlboro an. Wie man das von einem Cowboy erwartet. „Früher“, sagt er, „habe ich in einer Band gespielt“. Immer auf Tour. Viel Alkohol, Frauen und Glücksspiel.
Doch diesem Leben hat er abgeschworen. Jody trägt Jeans, braune Stiefel und ein weißes T-Shirt. Seinen schwarzen Hut hat er tief ins Gesicht gezogen. Wenn Gäste auf der Ranch im Norden Oklahomas einkehren, leistet der Arbeiter ihnen beim Barbecue Gesellschaft. Dann spielt er Songs von Kris Kristoffersen, raucht und plaudert über sein Leben.
Ein Leben, das einfach ist, und das Städter deshalb für romantisch halten. Ja, sie fliegen zum Ranchurlaub in Amerika eigens über den Atlantik.
Im wahren Amerika kann kein Cowboy James heißen
Als Steaks und Maiskolben verzehrt sind, fährt ein Pick-up vor, und es steht ein zweiter Mann mit Hut vor uns: Tanner. Eigentlich hört der 20-Jährige auf einen anderen Namen. „Aber haben Sie schon mal von einem Cowboy gehört, der James heißt?“, fragt Jody lachend. Dann fahren beide davon. Die Heuballen müssen eingefahren werden.
Wer will, kann beim Urlaub auf der Dude Ranch auch selbst mit anpacken. Wer das nicht braucht, bleibt mit Eigentümer Tom Warren am Lagefeuer sitzen. So ist das Leben auf einer Dude Ranch, der amerikanischen Variante von Ferien auf dem Bauernhof.
Wildwest-Romantik beim Ranchurlaub in Amerika
Wildwest-Romantik und strapaziöse Tagesabläufe sind nicht gestellt. Allerdings befinden wir uns nicht fernab der Zivilisation. Viel mehr leuchtet im Tal die Skyline von Tulsa, als die Dämmerung anbricht. Die Stadt ist nur 15 Kilometer entfernt. Sanfte Hügel, eine Seenlandschaft und Präriewiesen prägen das Erscheinungsbild der Meadowlake Ranch. „Zu schön, um alleine hier zu leben“, meint Tom Warren.
Tom duldet es auch, wenn seine Gäste in die nahe Stadt fahren. Die Jahre, in denen Tulsa als Ölhauptstadt der Welt galt, haben bis heute ihre Spuren hinterlassen. Extravagante Art-deco-Bauten zeugen im Zentrum vom Reichtum der 20erJahre. Der Busbahnhof wäre eine Zierde für jedes Road Movie. Das wohl schönste Gebäude aber ist die Boston Avenue Methodist Church aus dem Jahre 1929, die mit ihrem opulent ornamentierten Turm weithin sichtbar ist.
Wegen des angenehmen Klimas, der niedrigen Grundstückspreise und einer lebendigen Bildungslandschaft erlebt die 400.000-Einwohnerstadt zurzeit erneut einen Boom. Hinzu kommt eine kluge Stadtplanung mit Mut zum Risiko. Dazu gehört auch das BOK-Center, eine Multifunktionshalle von Star-Architekt César Pelli. Seit der Eröffnung in 2008 finden auch Welt-Stars wie Paul McCartney dem Weg in die Stadt. Der Beatle und seine Entourage, sagt Tom Warren stolz, haben bei ihm auf der Dude Ranch übernachtet: „Weil sie reiten wollten.“
Ein Leben ohne Netz
Flirts mit dem Showbusiness sind Nancy und Joe Moore fremd. Wo die beiden zuhause sind, gibt es immer noch keine Mobilfunknetze. Die Straßen sind nicht mehr als Schotterwege und die Nachbarn leben in über zehn Kilometern Entfernung. Auch die Moores besitzen eine Ranch. Doch hier in der Nähe von Bucklin im Bundesstaat Kansas ist das Leben noch wirklich ursprünglich. Ein Aufenthalt ist weniger Ranchurlaub in Amerika, als viel mehr aktives Mitmachen auf der Ranch. Und das ist ein hartes Leben.
Laramie hadert deswegen nicht selten mit seinem Schicksal. Der 17-Jährige ist das jüngste dreier Kinder, von denen nur noch er bei den Eltern wohnt. Mutter Nancy, die einst das College besucht hat, unterrichtet den kräftigen Burschen zuhause. Die Tatsache, dass Laramie gerade die Koketterie mit dem Cowboy-Dasein entdeckt hat, bleibt weitgehend unbemerkt. Der Junge soll die Ranch in Kansas eines Tages übernehmen. An diesem Tag aber beschwert es sich, dass er nicht mit seinen Kumpels ins Schwimmbad gehen kann.
Widerwillig begleitet Laramie Vater Joe zum Stall. Beide überlegen, welchen Tieren sie die wenig behänden Reiter zumuten könnten. Dann rufen sie ihnen die wichtigsten Regeln in Erinnerung – und los geht es. Bald hat sich Stute Mare an den Passagier gewöhnt. Nach wenigen Minuten gelangen wir in die Nähe der ersten Texas Longhorns. Rund 300 Exemplare dieser Rinderspezies halten Nancy und Joe auf ihrem fast 2400 Hektar großen Anwesen.
Mit ihren Hörnern, die eine Spannweite von bis zu 2,50 Metern erreichen, sind die Tiere ein erhabener Anblick. Doch Joe macht an diesem heißen Julivormittag einen besorgten Eindruck: Er hat schon zwei Tiere gesehen, die unter einer Augenkrankheit leiden.
Jagd auf Coyoten in Kansas
Es ist ein ursprüngliches Leben, das die Moores fernab der Zivilisation führen. Entsprechend verzichten sie auf Massentierhaltung und Viehfutter. „Unsere Rinder“, sagt Joe, „ernähren sich ausschließlich von saftigem Gras“. Zur Beschreibung dieses Grundsatzes verzichtet er auf Modewörter wie „bio“. Er arbeitet so, weil er es schon immer so getan hat. Und weil er eine gesunde Portion Skepsis gegenüber der amerikanischen Landwirtschaftsindustrie mitbringt.
„Hier in Kansas“, sagt er, „geht das noch“. Die Einkünfte, die der Familie dadurch entgehen, gleicht sie aus, indem sie ihr Leben mit Besuchern teilt. Die Gäste – es sind nie mehr als sechs – wohnen während ihres Ranchurlaubs in Amerika in spartanischen Sperrholzhütten. Als Entschädigung für den entgangenen Luxus werden sie mit Longhorn-Beef bekocht. Sie können nachts einen Sternenhimmel genießen, der durch keinerlei Kunstlicht beeinträchtigt ist. Und sie nehmen eine authentische Erfahrung mit nach Hause. Nichts auf der Moore Ranch ist stilisiert oder idealisiert. Es ist eine „Working Ranch“. Allerdings gilt auch hier: Erst die Tiere, dann die Gäste.
Informationen über den Ranchurlaub in Amerika
Die „Dude Ranches“ und „Working Ranches“ können über die Flughäfen von Oklahoma City, Tulsa (beide Oklahoma) oder Wichita (Kansas) erreicht werden. Die beste Reisezeit sind die Monate April und Mai sowie September und Oktober. Die Zeit von Juni bis August kann mit Temperaturen von bis zu 40 Grad Celsius extrem heiß sein, die Wintermonate variieren von mild bis frostig.
Hinweis: Die Moore Ranch musste zwischenzeitlich aufgeben.
Organisierte Reisen inklusive Flug und Mietwagen sind über die Anbieter „America Unlimited“ und „Argus Reisen buchbar“. Flüge mit United gehen ab Frankfurt am Main über Chicago oder Denver nach Wichita.
Ein Ranchurlaub in Amerika lässt sich gut mit einem anderen amerikanischen Klassiker verbinden: durch Oklahoma führen fast 700 Kilometer der legendären Route 66, durch Kansas immerhin 21.
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