Amsterdam ist eine der schönsten Städte der Welt. Die meisten Besucher reisen wegen der historischen City in die niederländische Kapitale, wo sich fast alle Attraktionen befinden. Doch das Amsterdam jenseits des Grachtengürtels verdient ebenso Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt wegen des Vanmoof-Flagship-Store.
Grachten, Giebelhäuser und »gezelligheid« sind prächtig – aber eben nicht alles. Gerade für Amsterdam-Fans, die schon oft in der Stadt waren, sind die vielen Touristen eher eine Last. Ebenso wie die Einwohner suchen sie lieber das Amsterdam jenseits des Grachtengürtels auf.
Meine kleine Liste mit Attraktionen in Amsterdam, die außerhalb der Innenstadt liegen, nimmt im Osten ihren Lauf. Von hier aus bewegen wir uns in Richtung Süden, ehe es im Westen weitergeht. Den Abschluss bildet das hippe Amsterdam Noord. Hier aber beschränke ich mich auf zwei Attraktionen außerhalb des Grachtengürtels, über die ich nicht schon in meinem gesonderten Text schreibe.
OBA: Der beste Panoramablick auf die Altstadt Amsterdams
Erst nachdem Ingenieure den Fluss IJ vom offenen Meer abgetrennt haben und seine Ufer nicht mehr den Gezeiten ausgesetzt waren, konnte 1832 die Oosterdok-Insel entstehen. Östlich des Hauptbahnhofs gelegen, ist das schmale Areal zwischen Bahngleisen und Gewässern in den vergangenen Jahren zu einer Spielwiese für Architekten geworden.
Sichtbarstes Zeichen ist die Zentralbibliothek (Openbare Bibliotheek Amsterdam, Oosterdokskade 143, www.oba.nl, tgl. 10–22 Uhr). Seit 2007 fungiert der Bau auf zehn Stockwerken als zuverlässiges Gedächtnis der Menschheit. Das skulpturale Gebäude ist architektonisch interessant. Die wahre Attraktion für Touristen aber ist die Aussichtsplattform im siebten Stock, die einen seltenen Blick auf die Stadt aus der Vogelperspektive erlaubt. Der Besuch ist kostenlos. Im Selbstbedienungsrestaurant gibt’s dazu Snacks und guten Kaffee.
Experimentelle Architektur im Nieuwe Havengebied
Östlich von Centraal Station (also dem Hauptbahnhof) sind in einstigen Hafendocks wie Java oder Borneo schicke Townhouses entstanden. Zum Teil besitzen diese sogar ihren eigenen Bootsanleger.
Kühne Konstruktionen wie die Python-Brücke verbinden die Inseln mit dem Festland.
Das macht das gesamte Areal für Architektur-Fans und Fotografen zu einem perfekten Gebiet für einen ausführlichen Rundgang. Einfach mit der Straßenbahnlinie 10 zum Rietlandpark oder mit der Linie 7 zum Azartplein fahren und sich treiben lassen.
Die wichtigste Attraktion ist die Bar im Hotel Jakarta auf Java, die einen formidablen Ausblick auf die untergehende Sonne bietet. Auch die Brauerei Krux auf Cruquiuseiland ist bei gutem Wetter eine schöne Adresse.
Brouwerij t’IJ: Biergarten im Schatten einer Windmühle
Einer der absoluten Lieblingsorte der Amsterdamer: In sicherer Distanz zu den Touristenpfaden und mit einem schönen Biergarten ausgestattet, hat vor der Kulisse einer Windmühle die Brouwerij t’IJ (Funenkade 7, tgl. 14–22 Uhr) eröffnet.
Eine würzige Alternative zum faden holländischen Industriebier und einer der beliebtesten Orte im Amsterdam jenseits des Grachtengürtels.
Egal ob India Pale Ale, Bock oder Weizen: der Gerstensaft ist etwas für Genießer. Als Grundlage kommen dazu aus der Küche Abteikäse und Wurst aus Amsterdam.
Trotz des großen Erfolges ist sich die Brauerei treu geblieben und hat die Öffnungszeiten nicht auf den späten Abend erweitert. Am schönsten sitzen Besucher draußen.
Der Oosterpark
Ein guter Ort zum Entspannen, der sich auch zum Joggen oder für Yoga-Übungen eignet. Traurige Berühmtheit erlangte der Park, als hier 2004 der Filmemacher und Kolumnist Theo van Gogh ermordet wurde.
An ihn erinnert ein viereinhalb Meter hohes Denkmal mit dem Titel »De Schreeuw« (der Schrei).
Im Sommer ist der Park Austragungsort diverser Festivals, sonntags reden sich die Leute wie im Londoner Hyde Park am »Speakers Stone« den Alltagsfrust vom Leibe. Zwischen Linnaeusstraat und Oosterpark
E-Bikes aus Amsterdam: Vanmoof-Flagship-Store
Die Amsterdamer Brüder Taco und Ties Carlier haben Industriedesign studiert. Die gängigen Fahrräder hielten sie im Stadtverkehr für ungeeignet. Also haben sie sich darangemacht, ein neues City-Bike mit elektrischem Antrieb zu entwickeln.
Die Fahrräder von Vanmoof sind robust und leicht zu fahren. Das Schloss lässt sich im Rahmen versenken. Und Diebe haben kaum eine Chance, denn die Räder sind mit einem Sender ausgestattet, weshalb sie über eine App schnell wiedergefunden werden können.
Allerdings dürftest du in Amsterdam aus anderen Gründen Probleme haben, dein Fahrrad zu finden, denn so ziemlich jeder fährt hier ein Vanmoof. So ist denn auch ihr Laden (Mauritskade 55, www.vanmoof.com, Sa–Mi 10–17.30, Do, Fr bis 19 Uhr) eine der Attraktionen Amsterdams außerhalb der Innenstadt.
Der Dappermarkt: Amsterdams ursprünglichster Wochenmarkt
Den Albert-Cuyp-Markt in De Pijp, den Noordermarkt im Historischen Zentrum oder den jüngst wiederbelebten Flohmarkt auf dem Waterlooplein kennt jeder Amsterdam-Besucher. Dem außerhalb des Grachtengürtels gelegenen Dappermarkt (Dapperstraat, www.dappermarkt.nl, Mo–Sa 9–17 Uhr) hingegen ist es bislang erfolgreich gelungen, unter dem Radar zu bleiben. So dürfen die Bertreiber zwar behaupten, dass sich der Viertelmarkt mittlerweile zum Weltmarkt gemausert hat. Zugleich aber ist hier vieles noch so, wie es schon immer war.
Das bedeutet konkret: es gibt die typisch holländische Mischung aus 250 Ständen mit Fisch, Fleisch, Blumen, Gemüse, Gewürzen, Käse, Lakritz, Kleidung und Gegenständen für den Alltagsgebrauch. Touristenkitsch hingegen wirst du auf dem Dappermarkt kaum finden. Auf hungrige Besucher wartet die laut »Algemeen Dagblad« beste Frittenbude der Stadt (Vita de Vendt mit extradicken, handgeschnittenen Pommes) und ein traditioneller Poffertjes-Stand im Einmannbetrieb.
Die Javastraat: Die Hauptschlagader von Amsterdam Oost
Egal in welcher Stadt du bist, suchst du immer nach jener Straße, die kurz davorsteht, das neue große Ding zu werden? Dann ab in die Javastraat in Amsterdam-Oost. Hier mischen sich hippe Cafés und Pop-up-Stores unter die asiatischen Tokos (simple Restaurants), preiswerten Gemüsehandlungen, Waschsalons und alteingesessenen Geschäfte. Ein weiterer Pluspunkt: Nur gut vorbereitete Touristen finden den Weg hierhin. Die Amsterdamer also sind weitgehend unter sich, was bei mehr als 180 Nationalitäten eine immer noch ausreichend vielfältige Angelegenheit ist.
An der Kreuzung mit der Molukkenstraat lockt in einer ehemaligen Badeanstalt eine Filiale der Oedipus-Brauerei, die mit Recht zu den hipsten Craft-Beer-Lokalen der Niederlande zählt (oedipus.com, Javaplein 21, Do 16–0, Fr 16-1, Sa 14–1 Uhr). Nebenan überzeugt das Restaurant Wilde Zwijnen (Javaplein 23, www.wildezwijnen.com, Mo–Sa ab 18-22, So 12 bis 0 Uhr) mit einer Karte, die sich auf niederländische Wurzeln und regionale Produkte beruft. Abgesehen davon ist das Drei-Gänge-Menü ein Schnäppchen.
Micropia: Das weltweit einzige Museum für Mikroorganismen
Das weltweit erste Museum für Mikroorganismen (Plantage Kerklaan 38-40, www.micropia.nl, So–Mi 9–18, Do–Sa 9–20 Uhr, 14 €, erm. 12 €) dürfte zugleich einer der wenigen Zoos sein, die keine Kritik von Tierschützern auf sich ziehen. Mithilfe von Speziallinsen können Neugierige hier einen Blick auf ein Bärtierchen werfen, das wie ein tapsiges Ungeheuer anmutet, in Wahrheit aber keinen Millimeter groß ist.
Das Geschöpf kann erstaunliche zehn Jahre ohne Wasser auskommen. Auf unterhaltsame und pädagogisch wertvolle Art erfahren die Besucher etliches über Mikroben, Viren und deren Lebensumfeld. Eine Lektion, die auch Kinder fasziniert.
Amsterdam jenseits des Grachtengürtels: De Pijp
Das ehemalige Arbeiterviertel im Süden von Amsterdam überrascht mit innovativer Architektur und einem ausgeprägten Nachtleben. De Pijp entstand, als in der zweiten Hälfte des 19. Jh. die Bevölkerung der niederländischen Kapitale so rasant wuchs, dass eine Stadterweiterung unumgänglich war.
Südlich der Singelgracht (nicht zu verwechseln mit dem viel älteren Singel) war zwischen Amstel im Osten und dem Gewässer Boerenwetering noch Platz. Hier sind es nicht Villen und Patrizierpaläste, die das Stadtbild prägen, sondern große Wohnblöcke. Diese strahlen im Norden von De Pijp eine ungewohnte Nüchternheit aus, ohne dabei annähernd so hässlich zu sein, wie die Plattenbauten in Berlin.
Im später entwickelten Süden jedoch steigt die Anzahl bemerkenswerter Bauten wieder an, weil es den Baumeistern der sogenannten Amsterdamer Schule mittlerweile gelungen war, einen Architekturstil zu formulieren, der die neuen Herausforderungen eleganter angenommen hat.
De Pijp: das angesagteste Viertel im Amsterdam jenseits des Grchtengürtels
Heute gehört De Pijp zu den angesagtesten Vierteln der Stadt, entsprechend sind die Amsterdamer auch hier nicht mehr unter sich. Im Vergleich zur City ist die Anzahl der Touristen noch recht überschaubar. Hauptschlagader ist die Ferdinand Bolstraat, die von kleinen Geschäften sowie von Cafés und Restaurants flankiert wird, die mal hip und dann wieder volkstümlich sind. Das Herz von De Pijp aber ist mit dem Albert-Cuyp-Markt ein Handelsplatz, wie es ihn nur in den Niederlanden gibt. Die grüne Lunge schließlich ist der elegante Sarphatipark.
Die schönste Straße in De Pijp aber ist meiner Meinung nach die Frans Halsstraat, die sich vorbei an alten Bäumen und begehrenswerten Häusern einmal durch De Pijp zieht. Ich besuche hier mitunter gerne die Weinbar La Dilettante, wo es ausschließlich Naturwein gibt. Die Crew hat Ahnung von Wein und praktiziert einen tiefenentspannten Service.
Formidabel essen gehen könnt ihr im Café Caron (Frans Halsstraat 28, cafecaron.nl). Wer gerne Hähnchen mag, kann sich auf das Kettenrestaurant Van’t Spit freuen (Frans Halsstraat 42), das sich auf die Zubereitung über dem Grill spezialisiert hat.
Stadtwald mit Open-Air-Bühe: Amsterdamse Bos
Einen über Jahrtausende gewachsenen Wald wirst du in Amsterdam vergeblich suchen. Dafür sind Grund und Boden zu weich, sandig – und kostbar. Gleichwohl lockt im Südwesten der künstlich angelegte Amsterdamse Bos. Er ist zwischen 1934 und 1970 entstanden, auch als Schutzmaßnahme vor einer potenziellen nächsten Stadterweiterung.
Der Wald ist mit 935 Hektar das größte Naherholungsgebiet Amsterdams. Obwohl ich in meiner Freizeit lieber mit dem Zug nach Castricum fahre, weil es dort Wald, Dünen, Strand und Meer gibt, besuche ich den Amsterdamse Bos auch hin und wieder. Neben einer Ruderstrecke, einem Badesee und jede Menge Wegen für Jogger, Wanderer und Mountainbiker, verbirgt sich in dem Wald die schönste Openair-Bühne von Amsterdam.
Das Amsterdams Bostheater ist klein und intim, eine Kombination die selbst Stars von internationalem Rang wie Rufus Wainwright dorthin lockt.
Der Sloterplas in Amsterdam West: Stadtsee mit der besten Joggingstrecke
Ein stattlicher See nicht weit weg von der Amsterdamer Innenstadt? Ja, auch damit kann die niederländische Kapitale dienen. Der Sloterplas breitet sich etwa fünfeinhalb Kilometer südwestlich der City aus. Zum Baden eignet sich der See nur bedingt, weil er immer mal wieder von Blaualgen befallen wird.
Vor allem bei warmen Temperaturen aber scheint das kaum jemanden zu kümmern. Die Niederländer sind eben hart im Nehmen.
Der Sloterplas hat an der Nordwestseite einen Sandstrand. Auf der Südostseite gibt es im Boothuis einen Bootsverleih sowie einen schönen Biergarten mit gutem Essen. Darüber hinaus ist der 5,9 Kilometer lange Rundkurs die vielleicht beste Jogging-Strecke der Stadt. Ein Geheimtipp unter den Attraktionen in Amsterdam außerhalb der Innenstadt.
Die Spaarndamer Buurt: Architektur der Amsterdamer Schule
Zwischen der Bahnlinie nach Haarlem, dem Hafen und dem Fluss IJ breitet sich ein Viertel aus, das lange wenig Beachtung gefunden hat. De facto war die Spaarndammer Buurt sogar ziemlich verrufen.
Das hat sich inzwischen gründlich gewandelt: Überall poppen Cafés, Bio-Bäckereien und vegetarische Restaurants auf.
Der beste Indikator für die Verhipsterung eines Viertels außerhalb der Innenstadt. Auch eine veritable Sehenswürdigkeit gibt es dort, sie trägt den Namen Het Schip.
Dabei handelt es sich um einen höchst fantasievollen Gebäudekomplex, den der Architekt Michel de Klerk zwischen 1914 und 1921 entworfen hat. Charakteristisch sind der rote Backstein und die skulpturalen Formen. Der Entwurf begeistert von außen und innen gleichermaßen. Zum gleichnamigen Museum gehört auch eine Musterwohnung.
Das Street Art Museum Straat in Noord
Auf der Rückseite von Centraal befindet sich Amsterdam Noord. Das Viertel war lange vernachlässigt und bis heute weht hier ein deutlich rauerer Wind.
Doch in Noord wurde in der jüngeren Vergangenheit enorm viel gebaut, wodurch sich ein ebenso spannender wie rasanter Wandel vollzieht.
Neueste Attraktion außerhalb der Innenstadt ist das Street Art Museum Straat (straatmuseum.com), das sich übrigens in einer ehemaligen Werft befindet.
Inwiefern sich Street Art fürs Museum eignet, ist eine Frage für sich. Doch sowohl die Kunstwerke vor Ort als auch die Hängung überzeugen, wobei die Location ohnehin eine Wucht ist.
Schellingwoude: Altholländisches Dorf hinter dem Deich
Bliebe noch der Traum von einem altholländischen Dorf direkt hinter dem Deich. Auch dieser erfüllt sich noch innerhalb der Stadtgrenzen. Zwar ist Schellingwoude eine immer noch recht unbekannte Attraktion jenseits des Amsterdamer Grachtengürtels. Das ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass Schellingwoude nicht an das Tram- oder U-Bahnnetz angeschlossen ist.
Mit dem Rad kommst du unterdessen recht einfach dorthin: Einfach mit der Fähre nach Noord übersetzen und immer weiter in Richtung Osten fahren. Nach gut einer halben Stunde erreichst du winzige Fischerhäuser, die zum Beispiel mit grünem Holz verkleidet sind. Mittendrin steht eine winzige, weiß getünchte Kirche, die auch auf einer Postkarte aus New England zu sehen sein könnte.
Was das Dorf noch sympathischer macht: Touristenattraktionen wirst du hier vergeblich suchen. Wohl aber befindet sich hier Amsterdams vielleicht bester Supermarkt: Der Landmarkt. Hier gibt es vor allem regionale Produkte und Bio-Ware. Und ein kleines Restaurant findest du hier auch.
Weitere Informationen über das Amsterdam jenseits des Grachtengürtels
Schau auf die Homepage des Tourismusbüros. Neben allgemeinen Dingen findest du dort nebenbei einiges über Sehenswürdigkeiten in Amsterdam außerhalb der Innenstadt.
Text und Bilder: Ralf Johnen, zuletzt aktualisiert im September 2022.
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