Die Muffler Men an der Route 66 sind legendär. Die überdimensionalen Statuen sollten die Aufmerksamkeit der Autofahrer auf sich ziehen. In Wilmington steht einer der bekanntesten. Das dazugehörige Fast-Food-Restaurant bietet auch gesunde Gerichte an.
Knapp 90 Kilometer nach dem Startschuss wird es höchste Zeit für erste Ikonen der Route 66. Diesen Status genießen die Muffler Men unumstritten. Die überdimensionalen Puppen kamen in den frühen 1960er Jahren auf, nachdem ein neuer Werkstoff erhältlich war: Glasfaserverstärkter Kunststoff ist witterungsresistent und formbar, weshalb er sich für die individuelle Gestaltung von sechs bis acht Meter hohen Figuren zu Werbezwecken geradezu aufdrängte.
Die erste Figur war dem fiktiven Holzfäller Paul Bunyan nachempfunden, der 1962 die Aufmerksamkeit der Autofahrer auf das gleichnamige Café in Flagstaff, Arizona, lenken sollte. Das Beispiel macht schnell Schule, wobei es zunächst vor allem Kfz-Werkstätten waren, die die Idee aufgegriffen haben. Die Werbeträger wurden mit Reifen und vergleichbaren Utensilien ausgestattet – oder eben mit Auspuffen (»mufflers«).
Star unter den Muffler Men an der Route 66: Der Gemini Giant
Auch entlang der Route 66 sollten die Figuren schon bald zum Inventar gehören, wobei sich die lange Reise auch dafür anbot, auf Nahrungsmittel aufmerksam zu machen. Andere wiederum verzichteten auf allzu plakative Kaufaufforderungen, um stattdessen mit abstrakten oder lustigen Botschaften zu punkten.
In diese Kategorie fällt auch jenes Exemplar, das die Autofahrer am Ortseingang von Wilmington, Illinois, begrüßt. Hier, wo Illinois immer grüner wird, steht der berühmte Gemini Giant. Der in einen giftgrünen Raumfahrtanzug gehüllte und mit einem silbernen Helm ausstaffierte Riese hält eine Rakete im Arm, so wie ein junger Vater ein Kind. Auf dem Körper ist der Name des benachbarten Restaurants vermerkt: The Launching Pad.
Legende an der Route 66 seit 1956
Das Lokal wurde 1956 vom Ehepaar Korlic zunächst als Verkaufsstand für Hot Dogs und Eis ins Leben gerufen, um sich zu einem populären Stopp auf der Route 66 zu mausern. Zur weiteren Ankurbelung des Umsatzes haben die Besitzer die Anfertigung des auffälligen Astronauten in Auftrag gegeben, der nach dem Project Gemini benannt ist, das die NASA zwischen 1961 und 1966 unterhalten hat. Ziel war der Sieg über die Sowjetunion im Wettstreit um den Erstflug zum Mond. Ein stets willkommener Gedanke in Amerika.
Mit dem schleichenden Niedergang der Route 66, der 1984 in Arizona mit der Schließung der letzten Baulücke im Interstate formell sein Ende gefunden hat, sind schwere Zeiten für die Restaurants, Motels und Tankstellen entlang der alten Trasse angebrochen. Die Abschussrampe für den Gemini Giant war zwar bis 2012 unter derselben Leitung in Betrieb, musste aber 2012 nach 47 Jahren seine Pforten schließen.
Leichte Küche an der Route 66
Das Ende schien besiegelt, bis Holly Barker und Tully Garrett dem völlig heruntergekommenen Lokal im Oktober 2017 zu einem unverhofften zweiten Leben verholfen haben. Das Paar war bereits gut in der Weltgeschichte herumgekommen und sehnte sich nach einer neuen, einfacheren Existenz. Diese schien ihnen in Wilmington in sicherem Abstand zu Chicago möglich, wobei sie sich über die historische Bedeutung des Ortes als zunächst gar nicht bewusst waren. Das änderte sich erst, als nach der Eröffnung immer mehr Route-66-Fans zum Essen anhielten.
Diesen serviert das Paar eine erfreulich moderne Küche. Zwar gibt es deutliche Anleihen beim traditionellen amerikanischen Fast Food, doch Holly Barker legt Wert auf eine gesündere Auslegung von Burger und Cole Slaw mit weniger Kalorien und weniger Fett. So ist The Launching Pad schon in einem frühen Stadium der Strecke der Beweis dafür, dass die Mother Road lebt.
Informationen über Wilmington und Umgebung
Restaurant The Launching Pad: Die Küche des Lokals ist um gesunde Zutaten aus der Region bemüht. Eine bewusste Ausnahme ist der Milkshake, in den ein komplettes Stück Blaubeerkuchen gemixt wird. Wahrlich eine »once in lifetime experience«. Im Restaurant befindet sich ein Gift Shop, wo der Gemini Giant auch als Winzling verkauft wird. South East Street, Wilmington, Tel. (815) 476 65 35, tgl. 11–20 Uhr
Ambler-Becker Gas Station: Die nächste klassische Sehenswürdigkeit steht 40 km südöstlich in der kleinen Ortschaft Dwight. Die Texaco-Tankstelle von Ambler-Becker ist ein hübsch restauriertes Fotomotiv. 1933 eröffnet, diente das Bauwerk 66 Jahre lang seinem ursprünglichen Zweck. Nach der Restaurierung 2007 wurde hier ein Besucherzentrum eingerichtet. 417 West Waupansie Street, Dwight
Weitere Muffler Men an der Route 66
Der nächste Muffler Man wartet in dem kleinen Örtchen Atlanta, Illinois, 165 km weiter im Südosten.
Die Reise wurde teilweise unterstützt vom Tourismusbüro des Staates Illinois.
Sehr hilfreich ist beispielsweise auch die Webseite der örtlichen Route-66-Society Illinois Route 66
Text und Bilder zu den Muffler Men an der Route 66: Ralf Johnen
3 Comments
..und sie ist sicher eine Reise wert !!!
..dann zu vielen Erlebnissen guten Appetit, und ich freue mich auf die nächsten Fotos und Berichte aus dem – in vieler Hinsicht – Sehnsuchtsland USA, mit offensichtlich sehr freien und kreativen Menschen. Manni.
Die Route 66 ist trotz aller gängigen Klischees immer wieder für kleine und große Sensationen gut!